Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.VIII. Bahnhofrestaurants -- Fürsprecher -- Strapazen -- Comfort. Die eifrigsten Fürsprecher hat das Reisen unter den -- Gewiß, versetzte ich, haben Sie Recht und Mr. Rogers -- Sein Sie außer Sorge. Was wir unsren Schülern führt, oder daß Begünstigungen aus Privatrücksichten vorkommen. Die Kritik der
Reisehandbücher sollte sich auch hierauf erstrecken. VIII. Bahnhofreſtaurants — Fürſprecher — Strapazen — Comfort. Die eifrigſten Fürſprecher hat das Reiſen unter den — Gewiß, verſetzte ich, haben Sie Recht und Mr. Rogers — Sein Sie außer Sorge. Was wir unſren Schülern führt, oder daß Begünſtigungen aus Privatrückſichten vorkommen. Die Kritik der
Reiſehandbücher ſollte ſich auch hierauf erſtrecken. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0261" n="247"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">VIII.</hi> Bahnhofreſtaurants — Fürſprecher — Strapazen — Comfort.</fw><lb/> <p>Die eifrigſten Fürſprecher hat das Reiſen unter den<lb/> Engländern gefunden. Eines ihrer Sprüchwörter mahnt<lb/> zwar daran, daß „ein rollender Stein kein Moos anſetze“,<lb/> hiermit ſcheint aber entweder nur vor Raſtloſigkeit gewarnt<lb/> oder vielleicht auch auf den reinigenden und abſchleifenden<lb/> Einfluß der Bewegung hingewieſen zu ſein. <persName ref="nognd">Rogers</persName> ſagt:<lb/> „Keiner braucht ſich zu entſchuldigen, wenn er reiſt. Iſt er<lb/> reich, ſo geht er, um zu genießen, iſt er arm, um zu ſparen,<lb/> iſt er krank, um zu geneſen, iſt er wißbegierig, um zu lernen,<lb/> iſt er gelehrt, um ſich von ſeinen Studien auszuruhen. Was<lb/> er aber auch ſage und glaube, die Meiſten gehen in derſelben<lb/> Abſicht und wer darüber nachdenkt, wird ſie für keine eitle<lb/> halten. Im Reiſen vervollkommnen wir uns, nicht blos<lb/> unſer Geiſt gewinnt, auch unſer Herz. Vorurtheile laſſen<lb/> wir fallen, Meere und Gebirge ſind uns nicht länger Gren-<lb/> zen, wir lernen jenſeits derſelben lieben, achten, bewundern.<lb/> Der Genuß des Reiſens muß indeſſen wie jeder andere<lb/> erkauft werden, und weſſen gute Laune durch kleine Wider-<lb/> wärtigkeiten geſtört wird, thäte beſſer, zu Hauſe zu bleiben.“<lb/> — Wie? Sollte ein Solcher nicht um ſo mehr Urſache haben,<lb/> eine Schule aufzuſuchen, in welcher er Selbſtbeherrſchung<lb/> lernen kann, um den Reſt ſeines Lebens von dieſer wichtigen<lb/> Erwerbung zu zehren? Was meint Ihr Herren?</p><lb/> <p>— Gewiß, verſetzte ich, haben Sie Recht und Mr. <persName ref="nognd">Rogers</persName><lb/> hat wohl ſeinen letzten Satz nicht ernſthaft gemeint. Mir<lb/> wird indeſſen bange für unſer Buch. Dieſes beſchäftigt ſich<lb/> ja ſo emſig u. A. damit, für den <hi rendition="#g">Comfort</hi> der Reiſe zu<lb/> ſorgen, wir handeln alſo wie gewiſſenloſe Hauslehrer, die<lb/> ihren Zöglingen die Schulexercitien machen helfen: ſchreiben<lb/> anſtatt einer Reiſeſchule eine Schule der Weichlichkeit und<lb/> Trägheit.</p><lb/> <p>— Sein Sie außer Sorge. Was wir unſren Schülern<lb/><note xml:id="fn2f" prev="#fn2i" place="foot" n="*)">führt, oder daß Begünſtigungen aus Privatrückſichten vorkommen. Die Kritik der<lb/> Reiſehandbücher ſollte ſich auch hierauf erſtrecken.</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [247/0261]
VIII. Bahnhofreſtaurants — Fürſprecher — Strapazen — Comfort.
Die eifrigſten Fürſprecher hat das Reiſen unter den
Engländern gefunden. Eines ihrer Sprüchwörter mahnt
zwar daran, daß „ein rollender Stein kein Moos anſetze“,
hiermit ſcheint aber entweder nur vor Raſtloſigkeit gewarnt
oder vielleicht auch auf den reinigenden und abſchleifenden
Einfluß der Bewegung hingewieſen zu ſein. Rogers ſagt:
„Keiner braucht ſich zu entſchuldigen, wenn er reiſt. Iſt er
reich, ſo geht er, um zu genießen, iſt er arm, um zu ſparen,
iſt er krank, um zu geneſen, iſt er wißbegierig, um zu lernen,
iſt er gelehrt, um ſich von ſeinen Studien auszuruhen. Was
er aber auch ſage und glaube, die Meiſten gehen in derſelben
Abſicht und wer darüber nachdenkt, wird ſie für keine eitle
halten. Im Reiſen vervollkommnen wir uns, nicht blos
unſer Geiſt gewinnt, auch unſer Herz. Vorurtheile laſſen
wir fallen, Meere und Gebirge ſind uns nicht länger Gren-
zen, wir lernen jenſeits derſelben lieben, achten, bewundern.
Der Genuß des Reiſens muß indeſſen wie jeder andere
erkauft werden, und weſſen gute Laune durch kleine Wider-
wärtigkeiten geſtört wird, thäte beſſer, zu Hauſe zu bleiben.“
— Wie? Sollte ein Solcher nicht um ſo mehr Urſache haben,
eine Schule aufzuſuchen, in welcher er Selbſtbeherrſchung
lernen kann, um den Reſt ſeines Lebens von dieſer wichtigen
Erwerbung zu zehren? Was meint Ihr Herren?
— Gewiß, verſetzte ich, haben Sie Recht und Mr. Rogers
hat wohl ſeinen letzten Satz nicht ernſthaft gemeint. Mir
wird indeſſen bange für unſer Buch. Dieſes beſchäftigt ſich
ja ſo emſig u. A. damit, für den Comfort der Reiſe zu
ſorgen, wir handeln alſo wie gewiſſenloſe Hauslehrer, die
ihren Zöglingen die Schulexercitien machen helfen: ſchreiben
anſtatt einer Reiſeſchule eine Schule der Weichlichkeit und
Trägheit.
— Sein Sie außer Sorge. Was wir unſren Schülern
*)
*) führt, oder daß Begünſtigungen aus Privatrückſichten vorkommen. Die Kritik der
Reiſehandbücher ſollte ſich auch hierauf erſtrecken.
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