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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

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VII. Frauen -- Neglige -- Ehemänner.
nicht theilen und dieser darum für Sie selbst nur ein halber
sei, machen Sie allenfalls, wenn Gelegenheit ist, mit dem einen
oder anderen Freunde eine kürzere, vorher bestimmt verab-
redete Tour, hüten Sie sich aber, einen zum Gefährten für
eine größere Reise zu erkiesen. Nur besondere Fälle nehme
ich aus, z. B. wenn der Freund sich auch in dieser Eigenschaft
schon bewährt hätte, daß Ihre Freundschaft vielleicht gerade
auf der Reise zur Welt gekommen wäre.

-- Da müßten Sie ja aber, wandte ich ein, folgerichtiger
Weise noch mehr warnen, die eigene Frau mit auf die Reise
zu nehmen, denn deren Freundschaft ist jedem Manne doch
die wichtigste von allen.

-- Und dennoch ist hier die Gefahr geringer, erwiederte
er. Eine Reise, die jedes Paar macht, das irgend kann, die
Hochzeitsreise, würde längst abgeschafft sein, wenn sie dem
Eheglück sich nachtheilig erwiese. Aber auch von dieser be-
sondern Art abgesehen: das eheliche Band, welches über-
haupt diesen Namen verdient, ist aus festerem Stoffe, als
das der Freundschaft. Einer der Gatten, hoffentlich die Frau,
hat bereits Uebung im Sichfügen, beide sind gewohnt, viel
zusammen zu sein, sich auch in geistigem Neglige zu sehen.
Gemeiniglich verlangt es aber die Damen gar nicht so sehr
nach Reisen, und in der That ist ihnen in diesem Stücke
kein Mangel an Logik vorzuwerfen. -- Begleiten wir, sagen
sie, unsre Männer, so verursacht das dreifache Kosten, Un-
bequemlichkeit, Mühsal, manche Unternehmung muß unsret-
halben wegfallen, Alles geht langsamer, schwerfälliger, abge-
kürzter, auszüglicher vor sich. Die Bestimmung des Weibes
ist das Haus, nicht die Welt. Die Eine oder Andere denkt
vielleicht auch: schadet meinem lieben Manne gar nicht, wenn
er einmal wieder an die Vorzüge des heimischen Herdes und
des Familienlebens erinnert wird, und daß es auch andren
Leuten als seiner kleinen Frau passiren kann, daß ein Hemd-
knöpfchen fehlt oder die Milch anbrennt. Mir ist ein Fall

VII. Frauen — Négligé — Ehemänner.
nicht theilen und dieſer darum für Sie ſelbſt nur ein halber
ſei, machen Sie allenfalls, wenn Gelegenheit iſt, mit dem einen
oder anderen Freunde eine kürzere, vorher beſtimmt verab-
redete Tour, hüten Sie ſich aber, einen zum Gefährten für
eine größere Reiſe zu erkieſen. Nur beſondere Fälle nehme
ich aus, z. B. wenn der Freund ſich auch in dieſer Eigenſchaft
ſchon bewährt hätte, daß Ihre Freundſchaft vielleicht gerade
auf der Reiſe zur Welt gekommen wäre.

— Da müßten Sie ja aber, wandte ich ein, folgerichtiger
Weiſe noch mehr warnen, die eigene Frau mit auf die Reiſe
zu nehmen, denn deren Freundſchaft iſt jedem Manne doch
die wichtigſte von allen.

— Und dennoch iſt hier die Gefahr geringer, erwiederte
er. Eine Reiſe, die jedes Paar macht, das irgend kann, die
Hochzeitsreiſe, würde längſt abgeſchafft ſein, wenn ſie dem
Eheglück ſich nachtheilig erwieſe. Aber auch von dieſer be-
ſondern Art abgeſehen: das eheliche Band, welches über-
haupt dieſen Namen verdient, iſt aus feſterem Stoffe, als
das der Freundſchaft. Einer der Gatten, hoffentlich die Frau,
hat bereits Uebung im Sichfügen, beide ſind gewohnt, viel
zuſammen zu ſein, ſich auch in geiſtigem Négligé zu ſehen.
Gemeiniglich verlangt es aber die Damen gar nicht ſo ſehr
nach Reiſen, und in der That iſt ihnen in dieſem Stücke
kein Mangel an Logik vorzuwerfen. — Begleiten wir, ſagen
ſie, unſre Männer, ſo verurſacht das dreifache Koſten, Un-
bequemlichkeit, Mühſal, manche Unternehmung muß unſret-
halben wegfallen, Alles geht langſamer, ſchwerfälliger, abge-
kürzter, auszüglicher vor ſich. Die Beſtimmung des Weibes
iſt das Haus, nicht die Welt. Die Eine oder Andere denkt
vielleicht auch: ſchadet meinem lieben Manne gar nicht, wenn
er einmal wieder an die Vorzüge des heimiſchen Herdes und
des Familienlebens erinnert wird, und daß es auch andren
Leuten als ſeiner kleinen Frau paſſiren kann, daß ein Hemd-
knöpfchen fehlt oder die Milch anbrennt. Mir iſt ein Fall

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[233/0247] VII. Frauen — Négligé — Ehemänner. nicht theilen und dieſer darum für Sie ſelbſt nur ein halber ſei, machen Sie allenfalls, wenn Gelegenheit iſt, mit dem einen oder anderen Freunde eine kürzere, vorher beſtimmt verab- redete Tour, hüten Sie ſich aber, einen zum Gefährten für eine größere Reiſe zu erkieſen. Nur beſondere Fälle nehme ich aus, z. B. wenn der Freund ſich auch in dieſer Eigenſchaft ſchon bewährt hätte, daß Ihre Freundſchaft vielleicht gerade auf der Reiſe zur Welt gekommen wäre. — Da müßten Sie ja aber, wandte ich ein, folgerichtiger Weiſe noch mehr warnen, die eigene Frau mit auf die Reiſe zu nehmen, denn deren Freundſchaft iſt jedem Manne doch die wichtigſte von allen. — Und dennoch iſt hier die Gefahr geringer, erwiederte er. Eine Reiſe, die jedes Paar macht, das irgend kann, die Hochzeitsreiſe, würde längſt abgeſchafft ſein, wenn ſie dem Eheglück ſich nachtheilig erwieſe. Aber auch von dieſer be- ſondern Art abgeſehen: das eheliche Band, welches über- haupt dieſen Namen verdient, iſt aus feſterem Stoffe, als das der Freundſchaft. Einer der Gatten, hoffentlich die Frau, hat bereits Uebung im Sichfügen, beide ſind gewohnt, viel zuſammen zu ſein, ſich auch in geiſtigem Négligé zu ſehen. Gemeiniglich verlangt es aber die Damen gar nicht ſo ſehr nach Reiſen, und in der That iſt ihnen in dieſem Stücke kein Mangel an Logik vorzuwerfen. — Begleiten wir, ſagen ſie, unſre Männer, ſo verurſacht das dreifache Koſten, Un- bequemlichkeit, Mühſal, manche Unternehmung muß unſret- halben wegfallen, Alles geht langſamer, ſchwerfälliger, abge- kürzter, auszüglicher vor ſich. Die Beſtimmung des Weibes iſt das Haus, nicht die Welt. Die Eine oder Andere denkt vielleicht auch: ſchadet meinem lieben Manne gar nicht, wenn er einmal wieder an die Vorzüge des heimiſchen Herdes und des Familienlebens erinnert wird, und daß es auch andren Leuten als ſeiner kleinen Frau paſſiren kann, daß ein Hemd- knöpfchen fehlt oder die Milch anbrennt. Mir iſt ein Fall

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Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/247>, abgerufen am 22.11.2024.