Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.V. Bei knapper Zeit -- böses Wetter. Je knapper die aufzuwendende Zeit ist, je vorsichtiger Der Mann von Methode erkiest also bei beschränkter 8*
V. Bei knapper Zeit — böſes Wetter. Je knapper die aufzuwendende Zeit iſt, je vorſichtiger Der Mann von Methode erkieſt alſo bei beſchränkter 8*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0129" n="115"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">V.</hi> Bei knapper Zeit — böſes Wetter.</fw><lb/> <p>Je knapper die aufzuwendende <hi rendition="#g">Zeit</hi> iſt, je vorſichtiger<lb/> wähle man den Aufenthalt und ſuche ohne Nothwendigkeit<lb/> nicht Oertlichkeiten auf, die allzuſehr von Gunſt und Ungunſt<lb/> des <hi rendition="#g">Wetters</hi> abhängig ſind. In einzelnen Krankheitsfällen<lb/> mag eine beſtimmte Quelle „angezeigt“ und dieſe durch keine<lb/> andere zu erſetzen ſein, dem Hilfeſuchenden bleibt dann, wenn<lb/> der Ruf dem Orte ſehr viel böſes Wetter zuſchreibt, nur<lb/> übrig, ſich mit Lectüre, warmen Kleidern, Ueberſchuhen und<lb/> waſſerdichter Geduld auszurüſten. Auch die ſo und ſoviel<lb/> Tauſend Fuß hohe Berglage mag zuweilen von entſcheidender<lb/> Wichtigkeit ſein, gemeiniglich handelt es ſich jedoch in erſter<lb/> Linie gar nicht um ſolche Specialitäten, und für die Wahl<lb/> iſt ein weiter Spielraum geboten. Warum alſo z. B. muß<lb/> es gerade ein über 5000 Fuß hohes Gelände ſein, wohin<lb/> ein Leidender geſchickt wird, der blos drei Wochen verwenden<lb/> kann und eingeſtandenermaßen nur Bergluft braucht, warum<lb/> muß es ein Hochland ſein, wo die heiligen <persName ref="http://d-nb.info/gnd/11884251X">Pancratius</persName> und<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118796305">Servatius</persName> auch in den Hundstagen ihre Feſte feiern, wo es<lb/> ſchneit, wenn es anderswo regnet? Warum muß ein Anderer,<lb/> der gleichfalls nur eine kurze Spanne Zeit hat, juſt nach<lb/> einer Inſel geſchickt werden, von der die Ueberfahrt nach dem<lb/> Badeſtrand häufig durch hohle See gehindert iſt? — Zu<lb/> dem unmittelbaren Verluſt, der aus der geſchmälerten Materia<lb/> medica erwächſt, iſt dann immer noch der indirecte Schaden,<lb/> der aus Kummer über die verlorenen Tage und übler Laune<lb/> entſteht, hinzuzurechnen oder vielmehr damit zu multipliciren.</p><lb/> <p>Der Mann von Methode erkieſt alſo bei beſchränkter<lb/> Zeit nicht Villeggiaturen, die ein Monopol haben auf rauhe<lb/> Winde, Nebel und atmoſphäriſche Niederſchläge in flüſſiger<lb/> und feſter Geſtalt, Orte, in denen der April im Juni beginnt<lb/> und der November im Auguſt Gaſtrollen gibt, ſondern be-<lb/> gnügt ſich mit ſolchen, denen Fama einen mittleren Durch-<lb/> ſchnitt von Regen und Sonne zugeſteht, macht trotzdem von<lb/> Haus aus ſeine Rechnung auf fünfzehn Procent Ausfall durch<lb/> übles Wetter, gelangt, wenn er Glück hat, zu einer Ueber-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">8*</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [115/0129]
V. Bei knapper Zeit — böſes Wetter.
Je knapper die aufzuwendende Zeit iſt, je vorſichtiger
wähle man den Aufenthalt und ſuche ohne Nothwendigkeit
nicht Oertlichkeiten auf, die allzuſehr von Gunſt und Ungunſt
des Wetters abhängig ſind. In einzelnen Krankheitsfällen
mag eine beſtimmte Quelle „angezeigt“ und dieſe durch keine
andere zu erſetzen ſein, dem Hilfeſuchenden bleibt dann, wenn
der Ruf dem Orte ſehr viel böſes Wetter zuſchreibt, nur
übrig, ſich mit Lectüre, warmen Kleidern, Ueberſchuhen und
waſſerdichter Geduld auszurüſten. Auch die ſo und ſoviel
Tauſend Fuß hohe Berglage mag zuweilen von entſcheidender
Wichtigkeit ſein, gemeiniglich handelt es ſich jedoch in erſter
Linie gar nicht um ſolche Specialitäten, und für die Wahl
iſt ein weiter Spielraum geboten. Warum alſo z. B. muß
es gerade ein über 5000 Fuß hohes Gelände ſein, wohin
ein Leidender geſchickt wird, der blos drei Wochen verwenden
kann und eingeſtandenermaßen nur Bergluft braucht, warum
muß es ein Hochland ſein, wo die heiligen Pancratius und
Servatius auch in den Hundstagen ihre Feſte feiern, wo es
ſchneit, wenn es anderswo regnet? Warum muß ein Anderer,
der gleichfalls nur eine kurze Spanne Zeit hat, juſt nach
einer Inſel geſchickt werden, von der die Ueberfahrt nach dem
Badeſtrand häufig durch hohle See gehindert iſt? — Zu
dem unmittelbaren Verluſt, der aus der geſchmälerten Materia
medica erwächſt, iſt dann immer noch der indirecte Schaden,
der aus Kummer über die verlorenen Tage und übler Laune
entſteht, hinzuzurechnen oder vielmehr damit zu multipliciren.
Der Mann von Methode erkieſt alſo bei beſchränkter
Zeit nicht Villeggiaturen, die ein Monopol haben auf rauhe
Winde, Nebel und atmoſphäriſche Niederſchläge in flüſſiger
und feſter Geſtalt, Orte, in denen der April im Juni beginnt
und der November im Auguſt Gaſtrollen gibt, ſondern be-
gnügt ſich mit ſolchen, denen Fama einen mittleren Durch-
ſchnitt von Regen und Sonne zugeſteht, macht trotzdem von
Haus aus ſeine Rechnung auf fünfzehn Procent Ausfall durch
übles Wetter, gelangt, wenn er Glück hat, zu einer Ueber-
8*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |