Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.V. Sitzen im Freien -- Bänke -- Wünsche und Beschwerden. Reihe alter Bäume, welche den Weg in den heißesten Stundenbeschattet, so lange stehen zu lassen, bis der Nachwuchs sie vertritt. Forstmänner wissen vielleicht noch in anderer Weise Rath zu schaffen. Zu Wegweisern genügen Brettchen, an einen Baum Für die Genesung ebenso wichtig als Körperbewegung ist Hier und da geht die Fürsorge für Ankommende so weit, V. Sitzen im Freien — Bänke — Wünſche und Beſchwerden. Reihe alter Bäume, welche den Weg in den heißeſten Stundenbeſchattet, ſo lange ſtehen zu laſſen, bis der Nachwuchs ſie vertritt. Forſtmänner wiſſen vielleicht noch in anderer Weiſe Rath zu ſchaffen. Zu Wegweiſern genügen Brettchen, an einen Baum Für die Geneſung ebenſo wichtig als Körperbewegung iſt Hier und da geht die Fürſorge für Ankommende ſo weit, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0121" n="107"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">V.</hi> Sitzen im Freien — Bänke — Wünſche und Beſchwerden.</fw><lb/> Reihe alter Bäume, welche den Weg in den heißeſten Stunden<lb/> beſchattet, ſo lange ſtehen zu laſſen, bis der Nachwuchs ſie<lb/> vertritt. Forſtmänner wiſſen vielleicht noch in anderer Weiſe<lb/> Rath zu ſchaffen.</p><lb/> <p>Zu Wegweiſern genügen Brettchen, an einen Baum<lb/> genagelt oder, wo ein Felsblock vorhanden, eingemeißelt.<lb/> Je mehr die leitende Behörde ſolcher Inſchriften auf Brettern<lb/> und Steinen anbringen läßt, je mehr „Steine im Brett“ wird<lb/> ſie bei ihren Gäſten haben, je wärmer werden dieſe daheim<lb/> ihre Sorgfalt rühmen und je zahlreicheren Beſuch nach-<lb/> ziehen.</p><lb/> <p>Für die Geneſung ebenſo wichtig als Körperbewegung iſt<lb/> die Ruhe, der <hi rendition="#g">ſitzende Aufenthalt im Freien</hi>, darum<lb/> kann in der Zahl der <hi rendition="#g">Bänke</hi> des Guten nie zu viel gethan<lb/> werden. Eichenholz und Gußeiſen iſt nicht erforderlich, nur<lb/> Lehnen müſſen ſie haben und auf Wieſen- und Waldwege ſo<lb/> vertheilt ſein, daß ſie einige Auswahl bieten, je nach der<lb/> Beſchaffenheit des Wetters, ſchattig, ſonnig, windgeſchützt<lb/> oder frei liegend.</p><lb/> <p>Hier und da geht die Fürſorge für Ankommende ſo weit,<lb/> daß ein Verzeichniß bereit liegt, aus dem ſie ohne viel Laufen<lb/> und Fragen ſehen können, welche Wohnungen zur Verfügung<lb/> ſtehen, eine Aufmerkſamkeit, die dem erſten Eindruck mehr zu<lb/> ſtatten kommt, als ein Muſikſtändchen. Zuweilen ſind Bücher<lb/> vorhanden für Beſchwerden und Wünſche, anderswo werden<lb/> ſie durch Anſchläge am ſchwarzen Brett des Curhauſes kund-<lb/> gethan, oder durch Rundſchreiben mit geſammelten Unter-<lb/> ſchriften. Viel Gebrauch wird von alledem nicht gemacht,<lb/> weil man ſich ſcheut, mit ſeiner Perſon dafür einzutreten.<lb/> Ein eifriger Vorſtand, von der Ahnung geleitet, daß unter<lb/> den anweſenden Fremden noch „ſo manches Sehnen, das nicht<lb/> laut ſein will“ vorhanden ſein möge, und mit dem Wunſche,<lb/> dieſes herauszulocken, iſt einmal auf die Idee verfallen, einen<lb/> Brief- und Zettelkaſten für derlei anzulegen, eine Einrichtung,<lb/> die beiläufig regiſtrirt ſein mag.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [107/0121]
V. Sitzen im Freien — Bänke — Wünſche und Beſchwerden.
Reihe alter Bäume, welche den Weg in den heißeſten Stunden
beſchattet, ſo lange ſtehen zu laſſen, bis der Nachwuchs ſie
vertritt. Forſtmänner wiſſen vielleicht noch in anderer Weiſe
Rath zu ſchaffen.
Zu Wegweiſern genügen Brettchen, an einen Baum
genagelt oder, wo ein Felsblock vorhanden, eingemeißelt.
Je mehr die leitende Behörde ſolcher Inſchriften auf Brettern
und Steinen anbringen läßt, je mehr „Steine im Brett“ wird
ſie bei ihren Gäſten haben, je wärmer werden dieſe daheim
ihre Sorgfalt rühmen und je zahlreicheren Beſuch nach-
ziehen.
Für die Geneſung ebenſo wichtig als Körperbewegung iſt
die Ruhe, der ſitzende Aufenthalt im Freien, darum
kann in der Zahl der Bänke des Guten nie zu viel gethan
werden. Eichenholz und Gußeiſen iſt nicht erforderlich, nur
Lehnen müſſen ſie haben und auf Wieſen- und Waldwege ſo
vertheilt ſein, daß ſie einige Auswahl bieten, je nach der
Beſchaffenheit des Wetters, ſchattig, ſonnig, windgeſchützt
oder frei liegend.
Hier und da geht die Fürſorge für Ankommende ſo weit,
daß ein Verzeichniß bereit liegt, aus dem ſie ohne viel Laufen
und Fragen ſehen können, welche Wohnungen zur Verfügung
ſtehen, eine Aufmerkſamkeit, die dem erſten Eindruck mehr zu
ſtatten kommt, als ein Muſikſtändchen. Zuweilen ſind Bücher
vorhanden für Beſchwerden und Wünſche, anderswo werden
ſie durch Anſchläge am ſchwarzen Brett des Curhauſes kund-
gethan, oder durch Rundſchreiben mit geſammelten Unter-
ſchriften. Viel Gebrauch wird von alledem nicht gemacht,
weil man ſich ſcheut, mit ſeiner Perſon dafür einzutreten.
Ein eifriger Vorſtand, von der Ahnung geleitet, daß unter
den anweſenden Fremden noch „ſo manches Sehnen, das nicht
laut ſein will“ vorhanden ſein möge, und mit dem Wunſche,
dieſes herauszulocken, iſt einmal auf die Idee verfallen, einen
Brief- und Zettelkaſten für derlei anzulegen, eine Einrichtung,
die beiläufig regiſtrirt ſein mag.
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