des Minister-Raths, Auerswald, am folgenden Tage durch seine verantwortliche Gegenzeichnung die Krone gegen den Ueber- griff der Versammlung, den sie durch Einmischung in Verwal- tungsmaßregeln begangen habe, Verwahrung einlegen. Das Mi- nisterium Beckerath kam nicht zu Stande, weil sein Glaubens- bekenntniß, welches den friedlichen Uebergang der alten Zustände in die neuen herbeiführen wollte, verworfen wurde. Von diesem Augenblik traten die Absichten der Rückschrittspartei immer deut- licher hervor. Der General Wrangel wurde am 15. zum Ober- befehlshaber in den Marken ernannt, als wenn das Erbland ein feindliches Gebiet sei. Die Generale Wrangel und Branden- burg erließen sehr bedeutsame Aufrufe, worin sie mit Umgehung der Bürgerwehr ein bewaffnetes Einschreiten in Aussicht stellten; der gewaltsame Umsturz der bestehenden Volksrechte schien unzwei- felhaft. Mit der Ernennung des Ministeriums Pfuel, welches man das Ministerium des bewaffneten Widerstandes genannt hat, war es am 21. September Jedermann klar, daß wir am Vor- abend einer neuen Staatsumwälzung standen, als plötzlich sein Glaubensbekenntniß, womit es vor die Versammlung trat, das Ungewitter zertheilte. Es wollte verfassungsmäßig bleiben, den in Bezug auf die Verwaltung von den Volksvertretern "geäußerten Wünschen schuldige Rechnung tragen," und verlangte nur Be- schleunigung der Berathung der Verfassungs-Urkunde, so wie der Ge- meinde-Ordnung; auch versprach es die Vorlage der Kreis- und Bezirks-Ordnung zu machen, so wie gegen rückschreitende Kriegs- und bürgerliche Beamte einzuschreiten. Ja, es erließ an das Heer einen Befehl, worin die Mehrheit der Versammlung den Stein'schen Antrag für erledigt ansehen konnte, und wies die Verantwortlichkeit für die Erlasse jener beiden Generale von sich.
Die Versammlung entschied zunächst zwei, später sogar drei Sitzungen wöchentlich der Berathung der Verfassungs-Urkunde zu widmen. Ministerium und Kammer traten in ein freundliches Verhältniß. Es war der Hofpartei gelungen, den Freisinn der bürgerlichen Opposition des Vereinigten Landtags aus dem Mi- nisterium zu drängen; die alte Beamten- und Adelsherrschaft, von einem Soldaten geführt, hatte wieder das Ministerium inne. Aber
des Miniſter-Raths, Auerswald, am folgenden Tage durch ſeine verantwortliche Gegenzeichnung die Krone gegen den Ueber- griff der Verſammlung, den ſie durch Einmiſchung in Verwal- tungsmaßregeln begangen habe, Verwahrung einlegen. Das Mi- niſterium Beckerath kam nicht zu Stande, weil ſein Glaubens- bekenntniß, welches den friedlichen Uebergang der alten Zuſtände in die neuen herbeiführen wollte, verworfen wurde. Von dieſem Augenblik traten die Abſichten der Rückſchrittspartei immer deut- licher hervor. Der General Wrangel wurde am 15. zum Ober- befehlshaber in den Marken ernannt, als wenn das Erbland ein feindliches Gebiet ſei. Die Generale Wrangel und Branden- burg erließen ſehr bedeutſame Aufrufe, worin ſie mit Umgehung der Bürgerwehr ein bewaffnetes Einſchreiten in Ausſicht ſtellten; der gewaltſame Umſturz der beſtehenden Volksrechte ſchien unzwei- felhaft. Mit der Ernennung des Miniſteriums Pfuel, welches man das Miniſterium des bewaffneten Widerſtandes genannt hat, war es am 21. September Jedermann klar, daß wir am Vor- abend einer neuen Staatsumwälzung ſtanden, als plötzlich ſein Glaubensbekenntniß, womit es vor die Verſammlung trat, das Ungewitter zertheilte. Es wollte verfaſſungsmäßig bleiben, den in Bezug auf die Verwaltung von den Volksvertretern „geäußerten Wünſchen ſchuldige Rechnung tragen,‟ und verlangte nur Be- ſchleunigung der Berathung der Verfaſſungs-Urkunde, ſo wie der Ge- meinde-Ordnung; auch verſprach es die Vorlage der Kreis- und Bezirks-Ordnung zu machen, ſo wie gegen rückſchreitende Kriegs- und bürgerliche Beamte einzuſchreiten. Ja, es erließ an das Heer einen Befehl, worin die Mehrheit der Verſammlung den Stein’ſchen Antrag für erledigt anſehen konnte, und wies die Verantwortlichkeit für die Erlaſſe jener beiden Generale von ſich.
Die Verſammlung entſchied zunächſt zwei, ſpäter ſogar drei Sitzungen wöchentlich der Berathung der Verfaſſungs-Urkunde zu widmen. Miniſterium und Kammer traten in ein freundliches Verhältniß. Es war der Hofpartei gelungen, den Freiſinn der bürgerlichen Oppoſition des Vereinigten Landtags aus dem Mi- niſterium zu drängen; die alte Beamten- und Adelsherrſchaft, von einem Soldaten geführt, hatte wieder das Miniſterium inne. Aber
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des Miniſter-Raths, Auerswald, am folgenden Tage durch
ſeine verantwortliche Gegenzeichnung die Krone gegen den Ueber-
griff der Verſammlung, den ſie durch Einmiſchung in Verwal-
tungsmaßregeln begangen habe, Verwahrung einlegen. Das Mi-
niſterium Beckerath kam nicht zu Stande, weil ſein Glaubens-
bekenntniß, welches den friedlichen Uebergang der alten Zuſtände
in die neuen herbeiführen wollte, verworfen wurde. Von dieſem
Augenblik traten die Abſichten der Rückſchrittspartei immer deut-
licher hervor. Der General Wrangel wurde am 15. zum Ober-
befehlshaber in den Marken ernannt, als wenn das Erbland ein
feindliches Gebiet ſei. Die Generale Wrangel und Branden-
burg erließen ſehr bedeutſame Aufrufe, worin ſie mit Umgehung
der Bürgerwehr ein bewaffnetes Einſchreiten in Ausſicht ſtellten;
der gewaltſame Umſturz der beſtehenden Volksrechte ſchien unzwei-
felhaft. Mit der Ernennung des Miniſteriums Pfuel, welches
man das Miniſterium des bewaffneten Widerſtandes genannt hat,
war es am 21. September Jedermann klar, daß wir am Vor-
abend einer neuen Staatsumwälzung ſtanden, als plötzlich ſein
Glaubensbekenntniß, womit es vor die Verſammlung trat, das
Ungewitter zertheilte. Es wollte verfaſſungsmäßig bleiben, den in
Bezug auf die Verwaltung von den Volksvertretern „geäußerten
Wünſchen ſchuldige Rechnung tragen,‟ und verlangte nur Be-
ſchleunigung der Berathung der Verfaſſungs-Urkunde, ſo wie der Ge-
meinde-Ordnung; auch verſprach es die Vorlage der Kreis- und
Bezirks-Ordnung zu machen, ſo wie gegen rückſchreitende
Kriegs- und bürgerliche Beamte einzuſchreiten. Ja, es erließ an
das Heer einen Befehl, worin die Mehrheit der Verſammlung
den Stein’ſchen Antrag für erledigt anſehen konnte, und wies
die Verantwortlichkeit für die Erlaſſe jener beiden Generale
von ſich.
Die Verſammlung entſchied zunächſt zwei, ſpäter ſogar drei
Sitzungen wöchentlich der Berathung der Verfaſſungs-Urkunde
zu widmen. Miniſterium und Kammer traten in ein freundliches
Verhältniß. Es war der Hofpartei gelungen, den Freiſinn der
bürgerlichen Oppoſition des Vereinigten Landtags aus dem Mi-
niſterium zu drängen; die alte Beamten- und Adelsherrſchaft, von
einem Soldaten geführt, hatte wieder das Miniſterium inne. Aber
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Michelet, Karl Ludwig: Die Lösung der gesellschaftlichen Frage. Frankfurt (Oder) u. a., 1849, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelet_loesung_1849/21>, abgerufen am 16.07.2024.
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