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Michelet, Karl Ludwig: Die Lösung der gesellschaftlichen Frage. Frankfurt (Oder) u. a., 1849.

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ist. Eine solche Bank wäre zugleich Pfandbank und Wechselbank;
die beiden oben angegebenen Bankarten wären in einer dritten,
vollendeten vereinigt. Jhre Billete würden vertretene Pfänder
und gewährleistete Vertreter sein: die amtlichen Beglaubigungen
der anderen Werthe. Bei beweglichen Pfändern müßte die Bank
das Recht der Besitzergreifung im Wege des schleunigen Verfahrens
haben. Jst Ueberfluß an Geld vorhanden, so legt man die Billete
ins Pult; bei einer Geldklemme, wo die Zinsen steigen wollen,
giebt man sie aus. So würde Ueberfluß und Klemme nun immer
im Gleichgewicht, obgleich immer in einem wechselnden Gleichge-
wicht sein. Der Jnhaber des Billets genießt die Zinsen, die der
Pfandschuldner zahlen muß.

Auf diese Weise hätte das Volk eine gegenseitige Be-
ziehung laufender Rechnungen
gegeneinander, wie dies
schon bei den Römischen Wechslern auf dem Markte der Fall
war. Durch ein gegliedertes Bankwesen werden Alle, Eigenthü-
mer, Erzeuger und Verzehrer, mit Allen in Verbindung gebracht.
So giebt z. B. die Bank von Polen dem Gutsbesitzer Credit für
die Maschinen: er zahlt seine Schuld in Terminen wie seine
Grundsteuer ab, und die Bank übernimmt dafür seine Rechnung
mit dem Fabrikanten. Dies Eintragen aller Forderungen und
Schulden in Bank-Rechnungen ist der wahre Grund des Credits,
und damit das unumstößliche Mittel der Gleichheit geschaffen.
Die Rechnungsführung im Handel muß die ganze Welt umfassen, und
gleichsam das Hauptbuch der Gesellschaft so viele besondere Rubriken
haben, als es einzelne Menschen giebt, so viel verschiedene Artikel
als Werthe erzeugt werden. Der hohe Zinsfuß würde aus dem
angegebenen Grunde verschwinden, daß bei einem Geldmangel die
Rentenbillete hervorkommen, beim Geldüberfluß in Anlegung über-
gehen würden. Geld und Börsenpapier würden vor den Renten-
billeten verschwinden; doch würde es immer etwas Geld für den kleinen
Tausch, und Börsenpapier bis zur Tilgung der Staatsschuld geben.
"Zuerst", sagt Pernell, "tritt in der Gesellschaft der Tausch ein,
dann das Metallgeld, endlich Papier." Wo aber Geld ausreicht,
brauchen wir kein Papier: wo Tausch, weder Geld noch Papier.

Soll nun Eine Bank das Monopol haben oder eine freie
Concurrenz vieler eintreten? Diesen Gegensatz haben wir schon
gelöst, indem wir im Allgemeinen die Verknüpfung der einseitigen

iſt. Eine ſolche Bank wäre zugleich Pfandbank und Wechſelbank;
die beiden oben angegebenen Bankarten wären in einer dritten,
vollendeten vereinigt. Jhre Billete würden vertretene Pfänder
und gewährleiſtete Vertreter ſein: die amtlichen Beglaubigungen
der anderen Werthe. Bei beweglichen Pfändern müßte die Bank
das Recht der Beſitzergreifung im Wege des ſchleunigen Verfahrens
haben. Jſt Ueberfluß an Geld vorhanden, ſo legt man die Billete
ins Pult; bei einer Geldklemme, wo die Zinſen ſteigen wollen,
giebt man ſie aus. So würde Ueberfluß und Klemme nun immer
im Gleichgewicht, obgleich immer in einem wechſelnden Gleichge-
wicht ſein. Der Jnhaber des Billets genießt die Zinſen, die der
Pfandſchuldner zahlen muß.

Auf dieſe Weiſe hätte das Volk eine gegenſeitige Be-
ziehung laufender Rechnungen
gegeneinander, wie dies
ſchon bei den Römiſchen Wechslern auf dem Markte der Fall
war. Durch ein gegliedertes Bankweſen werden Alle, Eigenthü-
mer, Erzeuger und Verzehrer, mit Allen in Verbindung gebracht.
So giebt z. B. die Bank von Polen dem Gutsbeſitzer Credit für
die Maſchinen: er zahlt ſeine Schuld in Terminen wie ſeine
Grundſteuer ab, und die Bank übernimmt dafür ſeine Rechnung
mit dem Fabrikanten. Dies Eintragen aller Forderungen und
Schulden in Bank-Rechnungen iſt der wahre Grund des Credits,
und damit das unumſtößliche Mittel der Gleichheit geſchaffen.
Die Rechnungsführung im Handel muß die ganze Welt umfaſſen, und
gleichſam das Hauptbuch der Geſellſchaft ſo viele beſondere Rubriken
haben, als es einzelne Menſchen giebt, ſo viel verſchiedene Artikel
als Werthe erzeugt werden. Der hohe Zinsfuß würde aus dem
angegebenen Grunde verſchwinden, daß bei einem Geldmangel die
Rentenbillete hervorkommen, beim Geldüberfluß in Anlegung über-
gehen würden. Geld und Börſenpapier würden vor den Renten-
billeten verſchwinden; doch würde es immer etwas Geld für den kleinen
Tauſch, und Börſenpapier bis zur Tilgung der Staatsſchuld geben.
„Zuerſt‟, ſagt Pernell, „tritt in der Geſellſchaft der Tauſch ein,
dann das Metallgeld, endlich Papier.‟ Wo aber Geld ausreicht,
brauchen wir kein Papier: wo Tauſch, weder Geld noch Papier.

Soll nun Eine Bank das Monopol haben oder eine freie
Concurrenz vieler eintreten? Dieſen Gegenſatz haben wir ſchon
gelöſt, indem wir im Allgemeinen die Verknüpfung der einſeitigen

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[110/0120] iſt. Eine ſolche Bank wäre zugleich Pfandbank und Wechſelbank; die beiden oben angegebenen Bankarten wären in einer dritten, vollendeten vereinigt. Jhre Billete würden vertretene Pfänder und gewährleiſtete Vertreter ſein: die amtlichen Beglaubigungen der anderen Werthe. Bei beweglichen Pfändern müßte die Bank das Recht der Beſitzergreifung im Wege des ſchleunigen Verfahrens haben. Jſt Ueberfluß an Geld vorhanden, ſo legt man die Billete ins Pult; bei einer Geldklemme, wo die Zinſen ſteigen wollen, giebt man ſie aus. So würde Ueberfluß und Klemme nun immer im Gleichgewicht, obgleich immer in einem wechſelnden Gleichge- wicht ſein. Der Jnhaber des Billets genießt die Zinſen, die der Pfandſchuldner zahlen muß. Auf dieſe Weiſe hätte das Volk eine gegenſeitige Be- ziehung laufender Rechnungen gegeneinander, wie dies ſchon bei den Römiſchen Wechslern auf dem Markte der Fall war. Durch ein gegliedertes Bankweſen werden Alle, Eigenthü- mer, Erzeuger und Verzehrer, mit Allen in Verbindung gebracht. So giebt z. B. die Bank von Polen dem Gutsbeſitzer Credit für die Maſchinen: er zahlt ſeine Schuld in Terminen wie ſeine Grundſteuer ab, und die Bank übernimmt dafür ſeine Rechnung mit dem Fabrikanten. Dies Eintragen aller Forderungen und Schulden in Bank-Rechnungen iſt der wahre Grund des Credits, und damit das unumſtößliche Mittel der Gleichheit geſchaffen. Die Rechnungsführung im Handel muß die ganze Welt umfaſſen, und gleichſam das Hauptbuch der Geſellſchaft ſo viele beſondere Rubriken haben, als es einzelne Menſchen giebt, ſo viel verſchiedene Artikel als Werthe erzeugt werden. Der hohe Zinsfuß würde aus dem angegebenen Grunde verſchwinden, daß bei einem Geldmangel die Rentenbillete hervorkommen, beim Geldüberfluß in Anlegung über- gehen würden. Geld und Börſenpapier würden vor den Renten- billeten verſchwinden; doch würde es immer etwas Geld für den kleinen Tauſch, und Börſenpapier bis zur Tilgung der Staatsſchuld geben. „Zuerſt‟, ſagt Pernell, „tritt in der Geſellſchaft der Tauſch ein, dann das Metallgeld, endlich Papier.‟ Wo aber Geld ausreicht, brauchen wir kein Papier: wo Tauſch, weder Geld noch Papier. Soll nun Eine Bank das Monopol haben oder eine freie Concurrenz vieler eintreten? Dieſen Gegenſatz haben wir ſchon gelöſt, indem wir im Allgemeinen die Verknüpfung der einſeitigen

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Zitationshilfe: Michelet, Karl Ludwig: Die Lösung der gesellschaftlichen Frage. Frankfurt (Oder) u. a., 1849, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelet_loesung_1849/120>, abgerufen am 24.11.2024.