Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Bäbe wissen; und jetzt wollte sie just das gewagt sehen, welches zu vermeiden er gerade alles Andere wagen wollte.

Ja, begann er nach einer Pause aufs Neue, wagen will ich etwas, ganz natürlich, und recht gern will ich's thun; aber -- Er hielt wieder time. -- Die Bäbe wurde ungeduldig. Mit einem Ton, der ihre Empfindung verrieth, bemerkte sie: Es scheint, du willst just das wagen, was Niemand von dir verlangt; das, was man verlangt und was nöthig ist, aber gerade nicht! -- Nicht so, erwiderte Tobias; aber siehst du, Bäbe, vor meinen Vater hintreten, nach Allem, was jetzt geschehen ist, und nachdem er glaubt, ich sei mit seinem Plan einverstanden -- Er stellte sich vor, wie er das machen sollte, dachte sich das Gesicht des Vaters, seine ersten Reden und Antworten -- und es war ihm, als ob's eben nicht ginge. Er stand rathlos da.

Die Bäbe fühlte sich ernstlich gekränkt. Sie verzog den schönen Mund und sagte mit dem Nachdruck eines verletzten Herzens: Nun, ich seh' schon, daß du trotz deiner schönen Reden nichts für mich thun willst, daß du mir nur was vorgemacht hast, und daß es mit deiner Lieb' zu mir nichts ist. Ich bin recht dumm gewesen, daß ich geglaubt hab', du hättest mich so gern, wie ich dich! Jetzt seh' ich, wie's steht, und jetzt will ich schnell gehen, eh' man uns hier bei einander sieht und ich mit dir in's Geschrei komm' wegen nichts und wieder nichts! Sie drehte sich, um fortzugehen; Tobias

Bäbe wissen; und jetzt wollte sie just das gewagt sehen, welches zu vermeiden er gerade alles Andere wagen wollte.

Ja, begann er nach einer Pause aufs Neue, wagen will ich etwas, ganz natürlich, und recht gern will ich's thun; aber — Er hielt wieder time. — Die Bäbe wurde ungeduldig. Mit einem Ton, der ihre Empfindung verrieth, bemerkte sie: Es scheint, du willst just das wagen, was Niemand von dir verlangt; das, was man verlangt und was nöthig ist, aber gerade nicht! — Nicht so, erwiderte Tobias; aber siehst du, Bäbe, vor meinen Vater hintreten, nach Allem, was jetzt geschehen ist, und nachdem er glaubt, ich sei mit seinem Plan einverstanden — Er stellte sich vor, wie er das machen sollte, dachte sich das Gesicht des Vaters, seine ersten Reden und Antworten — und es war ihm, als ob's eben nicht ginge. Er stand rathlos da.

Die Bäbe fühlte sich ernstlich gekränkt. Sie verzog den schönen Mund und sagte mit dem Nachdruck eines verletzten Herzens: Nun, ich seh' schon, daß du trotz deiner schönen Reden nichts für mich thun willst, daß du mir nur was vorgemacht hast, und daß es mit deiner Lieb' zu mir nichts ist. Ich bin recht dumm gewesen, daß ich geglaubt hab', du hättest mich so gern, wie ich dich! Jetzt seh' ich, wie's steht, und jetzt will ich schnell gehen, eh' man uns hier bei einander sieht und ich mit dir in's Geschrei komm' wegen nichts und wieder nichts! Sie drehte sich, um fortzugehen; Tobias

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="2">
        <p><pb facs="#f0058"/>
Bäbe wissen; und jetzt      wollte sie just das gewagt sehen, welches zu vermeiden er gerade alles Andere wagen wollte.</p><lb/>
        <p>Ja, begann er nach einer Pause aufs Neue, wagen will ich etwas, ganz natürlich, und recht      gern will ich's thun; aber &#x2014; Er hielt wieder time. &#x2014; Die Bäbe wurde ungeduldig. Mit einem Ton,      der ihre Empfindung verrieth, bemerkte sie: Es scheint, du willst just das wagen, was Niemand      von dir verlangt; das, was man verlangt und was nöthig ist, aber gerade nicht! &#x2014; Nicht so,      erwiderte Tobias; aber siehst du, Bäbe, vor meinen Vater hintreten, nach Allem, was jetzt      geschehen ist, und nachdem er glaubt, ich sei mit seinem Plan einverstanden &#x2014; Er stellte sich      vor, wie er das machen sollte, dachte sich das Gesicht des Vaters, seine ersten Reden und      Antworten &#x2014; und es war ihm, als ob's eben nicht ginge. Er stand rathlos da.</p><lb/>
        <p>Die Bäbe fühlte sich ernstlich gekränkt. Sie verzog den schönen Mund und sagte mit dem      Nachdruck eines verletzten Herzens: Nun, ich seh' schon, daß du trotz deiner schönen Reden      nichts für mich thun willst, daß du mir nur was vorgemacht hast, und daß es mit deiner Lieb' zu      mir nichts ist. Ich bin recht dumm gewesen, daß ich geglaubt hab', du hättest mich so gern, wie      ich dich! Jetzt seh' ich, wie's steht, und jetzt will ich schnell gehen, eh' man uns hier bei      einander sieht und ich mit dir in's Geschrei komm' wegen nichts und wieder nichts! Sie drehte      sich, um fortzugehen; Tobias<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0058] Bäbe wissen; und jetzt wollte sie just das gewagt sehen, welches zu vermeiden er gerade alles Andere wagen wollte. Ja, begann er nach einer Pause aufs Neue, wagen will ich etwas, ganz natürlich, und recht gern will ich's thun; aber — Er hielt wieder time. — Die Bäbe wurde ungeduldig. Mit einem Ton, der ihre Empfindung verrieth, bemerkte sie: Es scheint, du willst just das wagen, was Niemand von dir verlangt; das, was man verlangt und was nöthig ist, aber gerade nicht! — Nicht so, erwiderte Tobias; aber siehst du, Bäbe, vor meinen Vater hintreten, nach Allem, was jetzt geschehen ist, und nachdem er glaubt, ich sei mit seinem Plan einverstanden — Er stellte sich vor, wie er das machen sollte, dachte sich das Gesicht des Vaters, seine ersten Reden und Antworten — und es war ihm, als ob's eben nicht ginge. Er stand rathlos da. Die Bäbe fühlte sich ernstlich gekränkt. Sie verzog den schönen Mund und sagte mit dem Nachdruck eines verletzten Herzens: Nun, ich seh' schon, daß du trotz deiner schönen Reden nichts für mich thun willst, daß du mir nur was vorgemacht hast, und daß es mit deiner Lieb' zu mir nichts ist. Ich bin recht dumm gewesen, daß ich geglaubt hab', du hättest mich so gern, wie ich dich! Jetzt seh' ich, wie's steht, und jetzt will ich schnell gehen, eh' man uns hier bei einander sieht und ich mit dir in's Geschrei komm' wegen nichts und wieder nichts! Sie drehte sich, um fortzugehen; Tobias

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:49:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:49:07Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910/58
Zitationshilfe: Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910/58>, abgerufen am 27.11.2024.