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Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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lassen? Lieber sterben, Frau Pfarrerin, -- gleich auf der Stell'!

In die Augen des Mädchens waren Thränen gekommen, die sie nicht zu verbergen bemüht war. Die Pfarrerin schwieg, denn hierauf war nichts mehr zu sagen. Zu rechter Zeit ließ sich aus der Küche ein Geprassel hören, wie von einem überlaufenden Hafen. Die Bäbe wischte sich die Augen mit ihrer Schürze und eilte hinweg.

Das Mittagessen verlief ruhig; für den Geistlichen, der auf den Ruf der Bäbe schon sehr vergnügt vom Garten gekommen war, ungemein heiter. Der würdige Herr befand sich dermalen ganz und gar wohl und damit fähig, sich an Allem aufs Innigste zu freuen. Die Blumen im Garten hatten ihn nie so glücklich gemacht wie heute, und an dem Schatten in der Laube hatte er sich noch nie so wundersam gelabt wie bis zu dem Augenblick, wo man ihn zum Essen rief. Ein frischgedeckter Tisch am Sonntag, mit blankem Tischtuch, blanken Servietten, Reinheit und Reinlichkeit strahlend und duftend, und dazu die sichere Aussicht auf ungewöhnlich gute Speisen, können die Laune eines Mannes nicht niederschlagen, der sich bei höherem Wohlsein auch eines stärkeren Appetits erfreut. Unser Geistlicher, liebevoll, wie er war, unterhielt das Gespräch wieder mit Loben; nach den Blumen und der Laube pries er die Suppe, das Rindfleisch und den Braten -- und schwer war es zu sagen, welche Anerkennung gefühlter klang. Er nickte

lassen? Lieber sterben, Frau Pfarrerin, — gleich auf der Stell'!

In die Augen des Mädchens waren Thränen gekommen, die sie nicht zu verbergen bemüht war. Die Pfarrerin schwieg, denn hierauf war nichts mehr zu sagen. Zu rechter Zeit ließ sich aus der Küche ein Geprassel hören, wie von einem überlaufenden Hafen. Die Bäbe wischte sich die Augen mit ihrer Schürze und eilte hinweg.

Das Mittagessen verlief ruhig; für den Geistlichen, der auf den Ruf der Bäbe schon sehr vergnügt vom Garten gekommen war, ungemein heiter. Der würdige Herr befand sich dermalen ganz und gar wohl und damit fähig, sich an Allem aufs Innigste zu freuen. Die Blumen im Garten hatten ihn nie so glücklich gemacht wie heute, und an dem Schatten in der Laube hatte er sich noch nie so wundersam gelabt wie bis zu dem Augenblick, wo man ihn zum Essen rief. Ein frischgedeckter Tisch am Sonntag, mit blankem Tischtuch, blanken Servietten, Reinheit und Reinlichkeit strahlend und duftend, und dazu die sichere Aussicht auf ungewöhnlich gute Speisen, können die Laune eines Mannes nicht niederschlagen, der sich bei höherem Wohlsein auch eines stärkeren Appetits erfreut. Unser Geistlicher, liebevoll, wie er war, unterhielt das Gespräch wieder mit Loben; nach den Blumen und der Laube pries er die Suppe, das Rindfleisch und den Braten — und schwer war es zu sagen, welche Anerkennung gefühlter klang. Er nickte

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[0192] lassen? Lieber sterben, Frau Pfarrerin, — gleich auf der Stell'! In die Augen des Mädchens waren Thränen gekommen, die sie nicht zu verbergen bemüht war. Die Pfarrerin schwieg, denn hierauf war nichts mehr zu sagen. Zu rechter Zeit ließ sich aus der Küche ein Geprassel hören, wie von einem überlaufenden Hafen. Die Bäbe wischte sich die Augen mit ihrer Schürze und eilte hinweg. Das Mittagessen verlief ruhig; für den Geistlichen, der auf den Ruf der Bäbe schon sehr vergnügt vom Garten gekommen war, ungemein heiter. Der würdige Herr befand sich dermalen ganz und gar wohl und damit fähig, sich an Allem aufs Innigste zu freuen. Die Blumen im Garten hatten ihn nie so glücklich gemacht wie heute, und an dem Schatten in der Laube hatte er sich noch nie so wundersam gelabt wie bis zu dem Augenblick, wo man ihn zum Essen rief. Ein frischgedeckter Tisch am Sonntag, mit blankem Tischtuch, blanken Servietten, Reinheit und Reinlichkeit strahlend und duftend, und dazu die sichere Aussicht auf ungewöhnlich gute Speisen, können die Laune eines Mannes nicht niederschlagen, der sich bei höherem Wohlsein auch eines stärkeren Appetits erfreut. Unser Geistlicher, liebevoll, wie er war, unterhielt das Gespräch wieder mit Loben; nach den Blumen und der Laube pries er die Suppe, das Rindfleisch und den Braten — und schwer war es zu sagen, welche Anerkennung gefühlter klang. Er nickte

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:49:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:49:07Z)

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Zitationshilfe: Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910/192>, abgerufen am 27.11.2024.