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Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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muthungen erzürnte? -- Nein, war die entschiedene Antwort. So wahr ich vor Ihnen stehe!

Die Frau schwieg. Nach einer Pause begann sie: Der Handel ist um so unangenehmer, als man in dem Fall, daß Tobias auf seinem Kopf bleibt, kein Ende davon absehen kann. Den alten Eber bringt ihr nicht dazu, daß er euch nachgiebt. Den kenn' ich besser! -- Es mag sein, versetzte die Bäbe. Ich muß es eben annehmen, wie's kommt. -- Das Gesicht der Pfarrerin erhellte sich, wie durch eine Anwandlung von Laune, und sie sagte: Das Gescheidteste wär', wenn für dich jetzt eine gute Partie auskäm'! So ein reicher Wittwer etwa, der oft froh ist, wenn er ein tüchtiges Hausweib kriegt zu seinem Geld und seinen Kindern. Und das würdest du abgeben, dafür könnt' ich einstehen! -- Die Bäbe schüttelte unwillkürlich den Kopf und sah zu Boden. -- Wie, rief die Pfarrerin, du würdest so einen Antrag ausschlagen? -- Ja, Frau Pfarrerin, erwiderte das Mädchen. Solang der Tobias keine Andere heirathet, heirath' ich auch nicht! -- Das ist ja ernsthafter, als ich gedacht hab', rief die Frau. Aber, setzte sie nach einer Weile hinzu, was findest du denn nur so Besonderes an dem Menschen? Ein nettes Bürschchen ist er; aber, so lang' ich ihn kenne, der Spott des Dorfes, furchtsam wie ein Hase und doch wieder eitel und prahlerisch -- kurz, ein Schneider, wie's nur einen geben kann! Hast du denn das nicht auch gehört und gesehen? -- Allerdings, Frau Pfarrerin, entgegnete die Bäbe mit

muthungen erzürnte? — Nein, war die entschiedene Antwort. So wahr ich vor Ihnen stehe!

Die Frau schwieg. Nach einer Pause begann sie: Der Handel ist um so unangenehmer, als man in dem Fall, daß Tobias auf seinem Kopf bleibt, kein Ende davon absehen kann. Den alten Eber bringt ihr nicht dazu, daß er euch nachgiebt. Den kenn' ich besser! — Es mag sein, versetzte die Bäbe. Ich muß es eben annehmen, wie's kommt. — Das Gesicht der Pfarrerin erhellte sich, wie durch eine Anwandlung von Laune, und sie sagte: Das Gescheidteste wär', wenn für dich jetzt eine gute Partie auskäm'! So ein reicher Wittwer etwa, der oft froh ist, wenn er ein tüchtiges Hausweib kriegt zu seinem Geld und seinen Kindern. Und das würdest du abgeben, dafür könnt' ich einstehen! — Die Bäbe schüttelte unwillkürlich den Kopf und sah zu Boden. — Wie, rief die Pfarrerin, du würdest so einen Antrag ausschlagen? — Ja, Frau Pfarrerin, erwiderte das Mädchen. Solang der Tobias keine Andere heirathet, heirath' ich auch nicht! — Das ist ja ernsthafter, als ich gedacht hab', rief die Frau. Aber, setzte sie nach einer Weile hinzu, was findest du denn nur so Besonderes an dem Menschen? Ein nettes Bürschchen ist er; aber, so lang' ich ihn kenne, der Spott des Dorfes, furchtsam wie ein Hase und doch wieder eitel und prahlerisch — kurz, ein Schneider, wie's nur einen geben kann! Hast du denn das nicht auch gehört und gesehen? — Allerdings, Frau Pfarrerin, entgegnete die Bäbe mit

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:49:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:49:07Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910/190>, abgerufen am 27.11.2024.