Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Thaten der Gnade. I. Stück.
Nacht der Sicherheit gienge sie aus einem
Alter in das andere, und gabe wenige oder
keine Kennzeichen von sich, daß sie um die
unendliche Ewigkeit, und um die Errettung
ihrer theuren und unsterblichen Seele be-
kümmert seye, der beständige Dienst der
Welt und der Eitelkeit liessen keine Zeit
übrig, mit Maria an das einige Nothwen-
dige, und an den besten Theil, der in Ewig-
keit bleibet, zu gedenken.

O! wie unendlich verderbt sind die
Menschen nicht, daß sie sich so vielmahl von
dem Feind der Seele durch Kleinigkeiten
fesseln, durch Sünden (die zwar mit Zucker
bestreuet scheinen, aber mit Galle und Gift
vermischet sind) bethören und aufhalten las-
sen, die selige Ergetzungen zu suchen, die
der HErr uns so gerne in seinem Sohne
schenken, und auf der Erden und in der
Ewigkeit mittheilen möchte. Aber so groß
ist die Macht der Sünde und des Verder-
bens in dem noch natürlichen und unwie-
dergebohrnen Sünder, daß sie nicht nur die
einfältige und schwache Gemüther, sondern
auch die, so Helden im Geist seyn wollen,
bereden und bethören kan, die schnöde und
thorechte Lüfte der Sünde zu erwählen, und
dagegen die reine Freude und das selige Ver-
gnügen, so in dem Heyland und in seiner
seligsten Vereinigung zu finden ist, zu ver-

achten

Thaten der Gnade. I. Stuͤck.
Nacht der Sicherheit gienge ſie aus einem
Alter in das andere, und gabe wenige oder
keine Kennzeichen von ſich, daß ſie um die
unendliche Ewigkeit, und um die Errettung
ihrer theuren und unſterblichen Seele be-
kuͤmmert ſeye, der beſtaͤndige Dienſt der
Welt und der Eitelkeit lieſſen keine Zeit
uͤbrig, mit Maria an das einige Nothwen-
dige, und an den beſten Theil, der in Ewig-
keit bleibet, zu gedenken.

O! wie unendlich verderbt ſind die
Menſchen nicht, daß ſie ſich ſo vielmahl von
dem Feind der Seele durch Kleinigkeiten
feſſeln, durch Suͤnden (die zwar mit Zucker
beſtreuet ſcheinen, aber mit Galle und Gift
vermiſchet ſind) bethoͤren und aufhalten laſ-
ſen, die ſelige Ergetzungen zu ſuchen, die
der HErr uns ſo gerne in ſeinem Sohne
ſchenken, und auf der Erden und in der
Ewigkeit mittheilen moͤchte. Aber ſo groß
iſt die Macht der Suͤnde und des Verder-
bens in dem noch natuͤrlichen und unwie-
dergebohrnen Suͤnder, daß ſie nicht nur die
einfaͤltige und ſchwache Gemuͤther, ſondern
auch die, ſo Helden im Geiſt ſeyn wollen,
bereden und bethoͤren kan, die ſchnoͤde und
thorechte Luͤfte der Suͤnde zu erwaͤhlen, und
dagegen die reine Freude und das ſelige Ver-
gnuͤgen, ſo in dem Heyland und in ſeiner
ſeligſten Vereinigung zu finden iſt, zu ver-

achten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0063" n="11"/><fw place="top" type="header">Thaten der Gnade. <hi rendition="#aq">I</hi>. Stu&#x0364;ck.</fw><lb/>
Nacht der Sicherheit gienge &#x017F;ie aus einem<lb/>
Alter in das andere, und gabe wenige oder<lb/>
keine Kennzeichen von &#x017F;ich, daß &#x017F;ie um die<lb/>
unendliche Ewigkeit, und um die Errettung<lb/>
ihrer theuren und un&#x017F;terblichen Seele be-<lb/>
ku&#x0364;mmert &#x017F;eye, der be&#x017F;ta&#x0364;ndige Dien&#x017F;t der<lb/>
Welt und der Eitelkeit lie&#x017F;&#x017F;en keine Zeit<lb/>
u&#x0364;brig, mit Maria an das einige Nothwen-<lb/>
dige, und an den be&#x017F;ten Theil, der in Ewig-<lb/>
keit bleibet, zu gedenken.</p><lb/>
        <p>O! wie unendlich verderbt &#x017F;ind die<lb/>
Men&#x017F;chen nicht, daß &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;o vielmahl von<lb/>
dem Feind der Seele durch Kleinigkeiten<lb/>
fe&#x017F;&#x017F;eln, durch Su&#x0364;nden (die zwar mit Zucker<lb/>
be&#x017F;treuet &#x017F;cheinen, aber mit Galle und Gift<lb/>
vermi&#x017F;chet &#x017F;ind) betho&#x0364;ren und aufhalten la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, die &#x017F;elige Ergetzungen zu &#x017F;uchen, die<lb/>
der HErr uns &#x017F;o gerne in &#x017F;einem Sohne<lb/>
&#x017F;chenken, und auf der Erden und in der<lb/>
Ewigkeit mittheilen mo&#x0364;chte. Aber &#x017F;o groß<lb/>
i&#x017F;t die Macht der Su&#x0364;nde und des Verder-<lb/>
bens in dem noch natu&#x0364;rlichen und unwie-<lb/>
dergebohrnen Su&#x0364;nder, daß &#x017F;ie nicht nur die<lb/>
einfa&#x0364;ltige und &#x017F;chwache Gemu&#x0364;ther, &#x017F;ondern<lb/>
auch die, &#x017F;o Helden im Gei&#x017F;t &#x017F;eyn wollen,<lb/>
bereden und betho&#x0364;ren kan, die &#x017F;chno&#x0364;de und<lb/>
thorechte Lu&#x0364;fte der Su&#x0364;nde zu erwa&#x0364;hlen, und<lb/>
dagegen die reine Freude und das &#x017F;elige Ver-<lb/>
gnu&#x0364;gen, &#x017F;o in dem Heyland und in &#x017F;einer<lb/>
&#x017F;elig&#x017F;ten Vereinigung zu finden i&#x017F;t, zu ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">achten</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0063] Thaten der Gnade. I. Stuͤck. Nacht der Sicherheit gienge ſie aus einem Alter in das andere, und gabe wenige oder keine Kennzeichen von ſich, daß ſie um die unendliche Ewigkeit, und um die Errettung ihrer theuren und unſterblichen Seele be- kuͤmmert ſeye, der beſtaͤndige Dienſt der Welt und der Eitelkeit lieſſen keine Zeit uͤbrig, mit Maria an das einige Nothwen- dige, und an den beſten Theil, der in Ewig- keit bleibet, zu gedenken. O! wie unendlich verderbt ſind die Menſchen nicht, daß ſie ſich ſo vielmahl von dem Feind der Seele durch Kleinigkeiten feſſeln, durch Suͤnden (die zwar mit Zucker beſtreuet ſcheinen, aber mit Galle und Gift vermiſchet ſind) bethoͤren und aufhalten laſ- ſen, die ſelige Ergetzungen zu ſuchen, die der HErr uns ſo gerne in ſeinem Sohne ſchenken, und auf der Erden und in der Ewigkeit mittheilen moͤchte. Aber ſo groß iſt die Macht der Suͤnde und des Verder- bens in dem noch natuͤrlichen und unwie- dergebohrnen Suͤnder, daß ſie nicht nur die einfaͤltige und ſchwache Gemuͤther, ſondern auch die, ſo Helden im Geiſt ſeyn wollen, bereden und bethoͤren kan, die ſchnoͤde und thorechte Luͤfte der Suͤnde zu erwaͤhlen, und dagegen die reine Freude und das ſelige Ver- gnuͤgen, ſo in dem Heyland und in ſeiner ſeligſten Vereinigung zu finden iſt, zu ver- achten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/63
Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/63>, abgerufen am 27.04.2024.