raume Zeit, eine Begierde, die Herrlichkei- ten GOttes in dem Himmel mit denen seli- gen Seelen zu geniessen, und erfreute sich über die süssen Vorstellungen des ewigen Lebens, da aber bey ihr das Oel in der Lam- pe fehlete, so nahmen die Begierden nach dem Himmlischen nach und nach ab, das Herze wurde wiederum mit dem Jrdischen angefüllet, sie schlief also wieder ein.
So geht es bey den meisten Menschen, die ersten Gnadenrührungen sind insgemein wie die Entzündung eines schnell verfahren- den Blitzes, oder wie eine Strohflamme, die bald wieder ersticket, und auf welche nichts als ein schwarzer Dampf und Dunst folget. Woher entsteht wohl dieses Uebel? Die Ursachen sind diese: Viele kennen we- der die Quelle guter Rührungen, noch die Absicht des HErrn bey denenselben. Man meynt, es seyen natürliche oder von ohnge- fehr in ihnen entstandene Bewegungen, da- her achtet man derselben nicht. Wieder- hohlt der Heyland diese Liebesstreiche zu vielen mahlen, so wird das Herze derselben so gewohnt, daß man sie kaum mehr fühlet. Andere merken und wissen es, daß der HErr mit diesen Stimmen in dem Gewissen et- was wolle, sie unterdrucken aber muthwil- lig diese Gnadenbewegungen, und wider- streben allezeit dem heiligen Geist. Andere
sind
Der groſſen und ſeligen
raume Zeit, eine Begierde, die Herrlichkei- ten GOttes in dem Himmel mit denen ſeli- gen Seelen zu genieſſen, und erfreute ſich uͤber die ſuͤſſen Vorſtellungen des ewigen Lebens, da aber bey ihr das Oel in der Lam- pe fehlete, ſo nahmen die Begierden nach dem Himmliſchen nach und nach ab, das Herze wurde wiederum mit dem Jrdiſchen angefuͤllet, ſie ſchlief alſo wieder ein.
So geht es bey den meiſten Menſchen, die erſten Gnadenruͤhrungen ſind insgemein wie die Entzuͤndung eines ſchnell verfahren- den Blitzes, oder wie eine Strohflamme, die bald wieder erſticket, und auf welche nichts als ein ſchwarzer Dampf und Dunſt folget. Woher entſteht wohl dieſes Uebel? Die Urſachen ſind dieſe: Viele kennen we- der die Quelle guter Ruͤhrungen, noch die Abſicht des HErrn bey denenſelben. Man meynt, es ſeyen natuͤrliche oder von ohnge- fehr in ihnen entſtandene Bewegungen, da- her achtet man derſelben nicht. Wieder- hohlt der Heyland dieſe Liebesſtreiche zu vielen mahlen, ſo wird das Herze derſelben ſo gewohnt, daß man ſie kaum mehr fuͤhlet. Andere merken und wiſſen es, daß der HErr mit dieſen Stimmen in dem Gewiſſen et- was wolle, ſie unterdrucken aber muthwil- lig dieſe Gnadenbewegungen, und wider- ſtreben allezeit dem heiligen Geiſt. Andere
ſind
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Der groſſen und ſeligen
raume Zeit, eine Begierde, die Herrlichkei-
ten GOttes in dem Himmel mit denen ſeli-
gen Seelen zu genieſſen, und erfreute ſich
uͤber die ſuͤſſen Vorſtellungen des ewigen
Lebens, da aber bey ihr das Oel in der Lam-
pe fehlete, ſo nahmen die Begierden nach
dem Himmliſchen nach und nach ab, das
Herze wurde wiederum mit dem Jrdiſchen
angefuͤllet, ſie ſchlief alſo wieder ein.
So geht es bey den meiſten Menſchen,
die erſten Gnadenruͤhrungen ſind insgemein
wie die Entzuͤndung eines ſchnell verfahren-
den Blitzes, oder wie eine Strohflamme,
die bald wieder erſticket, und auf welche
nichts als ein ſchwarzer Dampf und Dunſt
folget. Woher entſteht wohl dieſes Uebel?
Die Urſachen ſind dieſe: Viele kennen we-
der die Quelle guter Ruͤhrungen, noch die
Abſicht des HErrn bey denenſelben. Man
meynt, es ſeyen natuͤrliche oder von ohnge-
fehr in ihnen entſtandene Bewegungen, da-
her achtet man derſelben nicht. Wieder-
hohlt der Heyland dieſe Liebesſtreiche zu
vielen mahlen, ſo wird das Herze derſelben
ſo gewohnt, daß man ſie kaum mehr fuͤhlet.
Andere merken und wiſſen es, daß der HErr
mit dieſen Stimmen in dem Gewiſſen et-
was wolle, ſie unterdrucken aber muthwil-
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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/366>, abgerufen am 16.07.2024.
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