Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Thaten der Gnade. IV. Stück.
meinschaft. Dann es gefiel dem HErrn
ohngefehr vier Jahre vor ihrem Tod, einen
starken, aber gar süssen Liebesschlag an ihr
Herz zu thun. Diese erste Empfindung der
vorbereitenden Gnade, die sie kräftig fühl-
te, die in ihr Jnnwendiges drange, und es
empfindlich angriffe, geschahe in einer Pre-
digt, da von der Herrlichkeit des ewigen Le-
bens geredet wurde; sie bekam da einen gar
lebendigen Eindruck, von dem herrlichen
und seligen Zustand der verklärten Seelen
in dem Himmel, das Herz wurde auf die
kräftigste Weise gerühret, und mit dem süs-
sesten Gefühl angefüllet; sie wünschte nicht
nur in den feurigsten Begierden dieser gros-
sen Herrlichkeit dermahlen einst auch theil-
haftig zu werden, sondern machte auch man-
che gute Vorsätze, solche Anstalten zu ma-
chen, und an der Besserung ihres Lebens
so zu arbeiten, daß sie möchte gewürdiget
werden, von dem HErrn unter die Zahl
seiner Auserwählten aufgenommen, und
mit denen Herrlichkeiten des ewigen Lebens
begnadiget zu werden.

So erbarmend und liebreich ist der treue
und freundliche Liehaber des Lebens, daß
er ehender an das Leben des Sünders ge-
denket, ehe dieser an die Gefahr des Todes
sinnet, darinnen er wegen der Sünde ste-
cket, daß er ehender sich auf alle Weise be-

küm-
U 2

Thaten der Gnade. IV. Stuͤck.
meinſchaft. Dann es gefiel dem HErrn
ohngefehr vier Jahre vor ihrem Tod, einen
ſtarken, aber gar ſuͤſſen Liebesſchlag an ihr
Herz zu thun. Dieſe erſte Empfindung der
vorbereitenden Gnade, die ſie kraͤftig fuͤhl-
te, die in ihr Jnnwendiges drange, und es
empfindlich angriffe, geſchahe in einer Pre-
digt, da von der Herrlichkeit des ewigen Le-
bens geredet wurde; ſie bekam da einen gar
lebendigen Eindruck, von dem herrlichen
und ſeligen Zuſtand der verklaͤrten Seelen
in dem Himmel, das Herz wurde auf die
kraͤftigſte Weiſe geruͤhret, und mit dem ſuͤſ-
ſeſten Gefuͤhl angefuͤllet; ſie wuͤnſchte nicht
nur in den feurigſten Begierden dieſer groſ-
ſen Herrlichkeit dermahlen einſt auch theil-
haftig zu werden, ſondern machte auch man-
che gute Vorſaͤtze, ſolche Anſtalten zu ma-
chen, und an der Beſſerung ihres Lebens
ſo zu arbeiten, daß ſie moͤchte gewuͤrdiget
werden, von dem HErrn unter die Zahl
ſeiner Auserwaͤhlten aufgenommen, und
mit denen Herrlichkeiten des ewigen Lebens
begnadiget zu werden.

So erbarmend und liebreich iſt der treue
und freundliche Liehaber des Lebens, daß
er ehender an das Leben des Suͤnders ge-
denket, ehe dieſer an die Gefahr des Todes
ſinnet, darinnen er wegen der Suͤnde ſte-
cket, daß er ehender ſich auf alle Weiſe be-

kuͤm-
U 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0359" n="307"/><fw place="top" type="header">Thaten der Gnade. <hi rendition="#aq">IV</hi>. Stu&#x0364;ck.</fw><lb/>
mein&#x017F;chaft. Dann es gefiel dem HErrn<lb/>
ohngefehr vier Jahre vor ihrem Tod, einen<lb/>
&#x017F;tarken, aber gar &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Liebes&#x017F;chlag an ihr<lb/>
Herz zu thun. Die&#x017F;e er&#x017F;te Empfindung der<lb/>
vorbereitenden Gnade, die &#x017F;ie kra&#x0364;ftig fu&#x0364;hl-<lb/>
te, die in ihr Jnnwendiges drange, und es<lb/>
empfindlich angriffe, ge&#x017F;chahe in einer Pre-<lb/>
digt, da von der Herrlichkeit des ewigen Le-<lb/>
bens geredet wurde; &#x017F;ie bekam da einen gar<lb/>
lebendigen Eindruck, von dem herrlichen<lb/>
und &#x017F;eligen Zu&#x017F;tand der verkla&#x0364;rten Seelen<lb/>
in dem Himmel, das Herz wurde auf die<lb/>
kra&#x0364;ftig&#x017F;te Wei&#x017F;e geru&#x0364;hret, und mit dem &#x017F;u&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e&#x017F;ten Gefu&#x0364;hl angefu&#x0364;llet; &#x017F;ie wu&#x0364;n&#x017F;chte nicht<lb/>
nur in den feurig&#x017F;ten Begierden die&#x017F;er gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Herrlichkeit dermahlen ein&#x017F;t auch theil-<lb/>
haftig zu werden, &#x017F;ondern machte auch man-<lb/>
che gute Vor&#x017F;a&#x0364;tze, &#x017F;olche An&#x017F;talten zu ma-<lb/>
chen, und an der Be&#x017F;&#x017F;erung ihres Lebens<lb/>
&#x017F;o zu arbeiten, daß &#x017F;ie mo&#x0364;chte gewu&#x0364;rdiget<lb/>
werden, von dem HErrn unter die Zahl<lb/>
&#x017F;einer Auserwa&#x0364;hlten aufgenommen, und<lb/>
mit denen Herrlichkeiten des ewigen Lebens<lb/>
begnadiget zu werden.</p><lb/>
        <p>So erbarmend und liebreich i&#x017F;t der treue<lb/>
und freundliche Liehaber des Lebens, daß<lb/>
er ehender an das Leben des Su&#x0364;nders ge-<lb/>
denket, ehe die&#x017F;er an die Gefahr des Todes<lb/>
&#x017F;innet, darinnen er wegen der Su&#x0364;nde &#x017F;te-<lb/>
cket, daß er ehender &#x017F;ich auf alle Wei&#x017F;e be-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ku&#x0364;m-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[307/0359] Thaten der Gnade. IV. Stuͤck. meinſchaft. Dann es gefiel dem HErrn ohngefehr vier Jahre vor ihrem Tod, einen ſtarken, aber gar ſuͤſſen Liebesſchlag an ihr Herz zu thun. Dieſe erſte Empfindung der vorbereitenden Gnade, die ſie kraͤftig fuͤhl- te, die in ihr Jnnwendiges drange, und es empfindlich angriffe, geſchahe in einer Pre- digt, da von der Herrlichkeit des ewigen Le- bens geredet wurde; ſie bekam da einen gar lebendigen Eindruck, von dem herrlichen und ſeligen Zuſtand der verklaͤrten Seelen in dem Himmel, das Herz wurde auf die kraͤftigſte Weiſe geruͤhret, und mit dem ſuͤſ- ſeſten Gefuͤhl angefuͤllet; ſie wuͤnſchte nicht nur in den feurigſten Begierden dieſer groſ- ſen Herrlichkeit dermahlen einſt auch theil- haftig zu werden, ſondern machte auch man- che gute Vorſaͤtze, ſolche Anſtalten zu ma- chen, und an der Beſſerung ihres Lebens ſo zu arbeiten, daß ſie moͤchte gewuͤrdiget werden, von dem HErrn unter die Zahl ſeiner Auserwaͤhlten aufgenommen, und mit denen Herrlichkeiten des ewigen Lebens begnadiget zu werden. So erbarmend und liebreich iſt der treue und freundliche Liehaber des Lebens, daß er ehender an das Leben des Suͤnders ge- denket, ehe dieſer an die Gefahr des Todes ſinnet, darinnen er wegen der Suͤnde ſte- cket, daß er ehender ſich auf alle Weiſe be- kuͤm- U 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/359
Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/359>, abgerufen am 22.11.2024.