Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.Thaten der Gnade. III. Stück. wird sein Herz zum Mitleiden gegen diesesdumme und verlaufene Schaaf gereitzet. Es zeigte der HErr JEsus sein Mitleiden gegen demselben insonderheit, in seiner un- aussprechlichen Langmuth, wordurch er ihm nicht nur seine so grosse Widersetzlichkeit, Thorheit und Untreue übersiehet, sondern seiner schonet, und dem Feind nicht zulässet, dasselbe in den völligen Untergang zu stür- zen und zu verderben, ja ihm von Zeit zu Zeit nachgeht, seine Liebe in äusseren und inneren Umständen ihm offenbaret, das Gewissen angreifet, auf eine geheime Wei- se unruhig macht, und sich auf vielerley Art bemühet, dasselbe zum Nachdenken zu be- wegen, und zu nöthigen, mit Ernst doch einmahl an die Errettung seiner Seele zu gedenken. So unendlich langmüthig ist der HErr hätte O
Thaten der Gnade. III. Stuͤck. wird ſein Herz zum Mitleiden gegen dieſesdumme und verlaufene Schaaf gereitzet. Es zeigte der HErr JEſus ſein Mitleiden gegen demſelben inſonderheit, in ſeiner un- ausſprechlichen Langmuth, wordurch er ihm nicht nur ſeine ſo groſſe Widerſetzlichkeit, Thorheit und Untreue uͤberſiehet, ſondern ſeiner ſchonet, und dem Feind nicht zulaͤſſet, daſſelbe in den voͤlligen Untergang zu ſtuͤr- zen und zu verderben, ja ihm von Zeit zu Zeit nachgeht, ſeine Liebe in aͤuſſeren und inneren Umſtaͤnden ihm offenbaret, das Gewiſſen angreifet, auf eine geheime Wei- ſe unruhig macht, und ſich auf vielerley Art bemuͤhet, daſſelbe zum Nachdenken zu be- wegen, und zu noͤthigen, mit Ernſt doch einmahl an die Errettung ſeiner Seele zu gedenken. So unendlich langmuͤthig iſt der HErr haͤtte O
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Thaten der Gnade. III. Stuͤck.
wird ſein Herz zum Mitleiden gegen dieſes
dumme und verlaufene Schaaf gereitzet.
Es zeigte der HErr JEſus ſein Mitleiden
gegen demſelben inſonderheit, in ſeiner un-
ausſprechlichen Langmuth, wordurch er ihm
nicht nur ſeine ſo groſſe Widerſetzlichkeit,
Thorheit und Untreue uͤberſiehet, ſondern
ſeiner ſchonet, und dem Feind nicht zulaͤſſet,
daſſelbe in den voͤlligen Untergang zu ſtuͤr-
zen und zu verderben, ja ihm von Zeit zu
Zeit nachgeht, ſeine Liebe in aͤuſſeren und
inneren Umſtaͤnden ihm offenbaret, das
Gewiſſen angreifet, auf eine geheime Wei-
ſe unruhig macht, und ſich auf vielerley Art
bemuͤhet, daſſelbe zum Nachdenken zu be-
wegen, und zu noͤthigen, mit Ernſt doch
einmahl an die Errettung ſeiner Seele zu
gedenken.
So unendlich langmuͤthig iſt der HErr
gegen ſeine gefallene und verlohrne Creatu-
ren! ſo erbarmend traͤget er ſie in ſeinen Ar-
men! ſo unermuͤdet wartet er auf ihre Um-
kehr! O wie mancher Menſch reiſſet ſich
nicht von GOtt, und ſtuͤrzet ſich aus einer
Suͤnde und Gefahr in die andere, lauft
frech und muthwillig der Grube des Ver-
derbens entgegen, fuͤrchtet ſich weder vor
dem Zorn noch denen Drohungen GOttes,
entſetzet ſich weder uͤber den Tod, weder
uͤber das Grab, noch die Ewigkeit! Da
haͤtte
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Zitationshilfe: | Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/261>, abgerufen am 20.07.2024. |