Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

Bild:

<< vorherige Seite

nächste Seite >>

Der grossen und seligen

für ihm aus, und begehrte nun Christum
über alles aus zu ihrer Weisheit, Gerechtig-
keit, Heiligung und Erlösung. Es war
recht erwecklich, in dieser Zeit diese Person
zu sehen, o wie erquicklich war ihr nicht ei-
ne jede Erweckung, Anweisung und Lo-
ckung zu dem Heyland! wie sehnlich streck-
te sie nicht ihre beyde Arme nach seiner Be-
sitzung aus! ihre Augen waren unverwandt
auf ihn gerichtet, und warteten unabläßig
nach der Eröfnung seines Liebensherzens,
ihre Seele wußte sich nicht mehr zu lassen,
bis sie ein freundliches Wort oder einen se-
ligen Gnadenblick von ihrem Seelenfreund
empfangen hatte. Der Geist JEsu stärkte
auch ihr Vertrauen je mehr und mehr, daß
sie immer gläubiger Christum anfassen, und
seine Seligkeiten ihrer schmachtenden See-
le zueignen konnte. Der liebreiche HErr
JEsus säumete auch nicht, seine Verheis-
sungen an ihr zu erfüllen, da er versprochen,
die müden Seelen zu erquicken, und die be-
kümmerten Seelen zu sättigen, Jer. 31:25.
Er wischte alle Thränen von ihren Augen,
stillte alle Unruhe ihres Herzens, und er-
füllte dasselbe mit süssem Frieden, inniger
Stille und einer lebendigen Versicherung
von dem Antheil an seiner Gnade, und der
Vergebung ihrer Sünden. So verwan-
delte also der HErr ihr Klagen in einen

Rei-

Der groſſen und ſeligen

fuͤr ihm aus, und begehrte nun Chriſtum
uͤber alles aus zu ihrer Weisheit, Gerechtig-
keit, Heiligung und Erloͤſung. Es war
recht erwecklich, in dieſer Zeit dieſe Perſon
zu ſehen, o wie erquicklich war ihr nicht ei-
ne jede Erweckung, Anweiſung und Lo-
ckung zu dem Heyland! wie ſehnlich ſtreck-
te ſie nicht ihre beyde Arme nach ſeiner Be-
ſitzung aus! ihre Augen waren unverwandt
auf ihn gerichtet, und warteten unablaͤßig
nach der Eroͤfnung ſeines Liebensherzens,
ihre Seele wußte ſich nicht mehr zu laſſen,
bis ſie ein freundliches Wort oder einen ſe-
ligen Gnadenblick von ihrem Seelenfreund
empfangen hatte. Der Geiſt JEſu ſtaͤrkte
auch ihr Vertrauen je mehr und mehr, daß
ſie immer glaͤubiger Chriſtum anfaſſen, und
ſeine Seligkeiten ihrer ſchmachtenden See-
le zueignen konnte. Der liebreiche HErr
JEſus ſaͤumete auch nicht, ſeine Verheiſ-
ſungen an ihr zu erfuͤllen, da er verſprochen,
die muͤden Seelen zu erquicken, und die be-
kuͤmmerten Seelen zu ſaͤttigen, Jer. 31:25.
Er wiſchte alle Thraͤnen von ihren Augen,
ſtillte alle Unruhe ihres Herzens, und er-
fuͤllte daſſelbe mit ſuͤſſem Frieden, inniger
Stille und einer lebendigen Verſicherung
von dem Antheil an ſeiner Gnade, und der
Vergebung ihrer Suͤnden. So verwan-
delte alſo der HErr ihr Klagen in einen

Rei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0202" n="150"/><fw place="top" type="header">Der gro&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;eligen</fw><lb/>
fu&#x0364;r ihm aus, und begehrte nun Chri&#x017F;tum<lb/>
u&#x0364;ber alles aus zu ihrer Weisheit, Gerechtig-<lb/>
keit, Heiligung und Erlo&#x0364;&#x017F;ung. Es war<lb/>
recht erwecklich, in die&#x017F;er Zeit die&#x017F;e Per&#x017F;on<lb/>
zu &#x017F;ehen, o wie erquicklich war ihr nicht ei-<lb/>
ne jede Erweckung, Anwei&#x017F;ung und Lo-<lb/>
ckung zu dem Heyland! wie &#x017F;ehnlich &#x017F;treck-<lb/>
te &#x017F;ie nicht ihre beyde Arme nach &#x017F;einer Be-<lb/>
&#x017F;itzung aus! ihre Augen waren unverwandt<lb/>
auf ihn gerichtet, und warteten unabla&#x0364;ßig<lb/>
nach der Ero&#x0364;fnung &#x017F;eines Liebensherzens,<lb/>
ihre Seele wußte &#x017F;ich nicht mehr zu la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
bis &#x017F;ie ein freundliches Wort oder einen &#x017F;e-<lb/>
ligen Gnadenblick von ihrem Seelenfreund<lb/>
empfangen hatte. Der Gei&#x017F;t JE&#x017F;u &#x017F;ta&#x0364;rkte<lb/>
auch ihr Vertrauen je mehr und mehr, daß<lb/>
&#x017F;ie immer gla&#x0364;ubiger Chri&#x017F;tum anfa&#x017F;&#x017F;en, und<lb/>
&#x017F;eine Seligkeiten ihrer &#x017F;chmachtenden See-<lb/>
le zueignen konnte. Der liebreiche HErr<lb/>
JE&#x017F;us &#x017F;a&#x0364;umete auch nicht, &#x017F;eine Verhei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ungen an ihr zu erfu&#x0364;llen, da er ver&#x017F;prochen,<lb/>
die mu&#x0364;den Seelen zu erquicken, und die be-<lb/>
ku&#x0364;mmerten Seelen zu &#x017F;a&#x0364;ttigen, Jer. 31:25.<lb/>
Er wi&#x017F;chte alle Thra&#x0364;nen von ihren Augen,<lb/>
&#x017F;tillte alle Unruhe ihres Herzens, und er-<lb/>
fu&#x0364;llte da&#x017F;&#x017F;elbe mit &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;em Frieden, inniger<lb/>
Stille und einer lebendigen Ver&#x017F;icherung<lb/>
von dem Antheil an &#x017F;einer Gnade, und der<lb/>
Vergebung ihrer Su&#x0364;nden. So verwan-<lb/>
delte al&#x017F;o der HErr ihr Klagen in einen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Rei-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>

[150/0202] Der groſſen und ſeligen fuͤr ihm aus, und begehrte nun Chriſtum uͤber alles aus zu ihrer Weisheit, Gerechtig- keit, Heiligung und Erloͤſung. Es war recht erwecklich, in dieſer Zeit dieſe Perſon zu ſehen, o wie erquicklich war ihr nicht ei- ne jede Erweckung, Anweiſung und Lo- ckung zu dem Heyland! wie ſehnlich ſtreck- te ſie nicht ihre beyde Arme nach ſeiner Be- ſitzung aus! ihre Augen waren unverwandt auf ihn gerichtet, und warteten unablaͤßig nach der Eroͤfnung ſeines Liebensherzens, ihre Seele wußte ſich nicht mehr zu laſſen, bis ſie ein freundliches Wort oder einen ſe- ligen Gnadenblick von ihrem Seelenfreund empfangen hatte. Der Geiſt JEſu ſtaͤrkte auch ihr Vertrauen je mehr und mehr, daß ſie immer glaͤubiger Chriſtum anfaſſen, und ſeine Seligkeiten ihrer ſchmachtenden See- le zueignen konnte. Der liebreiche HErr JEſus ſaͤumete auch nicht, ſeine Verheiſ- ſungen an ihr zu erfuͤllen, da er verſprochen, die muͤden Seelen zu erquicken, und die be- kuͤmmerten Seelen zu ſaͤttigen, Jer. 31:25. Er wiſchte alle Thraͤnen von ihren Augen, ſtillte alle Unruhe ihres Herzens, und er- fuͤllte daſſelbe mit ſuͤſſem Frieden, inniger Stille und einer lebendigen Verſicherung von dem Antheil an ſeiner Gnade, und der Vergebung ihrer Suͤnden. So verwan- delte alſo der HErr ihr Klagen in einen Rei-

Suche im Werk

Informationen zum Werk

Titeldaten
Verfügbarkeit Text (TEI-XML-, HTML-, TCF-, E-Book-Fassung): CC BY-SA 4.0.
Nutzungsbedingungen

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ^?

Language Resource Switchboard^?

Resource/URL übermitteln

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk:	https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759
URL zu dieser Seite:	https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/202
Zitationshilfe:	Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/202>, abgerufen am 07.05.2024.

Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer Creative-Commons-Lizenz. Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken. Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.

Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.

2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de.

Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.