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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

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Thaten der Gnade. II. Stück.
eilend nöthig es sey, mit Ernst daran zu
gedenken, und mit Eyfer darum beküm-
mert zu seyn, daß sie ihre eigene, und denn
auch die Seelen ihrer Kinder erretten. Er-
fülle zu diesem Ende ihre Herzen mit einer
solchen heiligen Unruhe, und Bekümmer-
niß, daß sie sich nicht ehender können zu-
frieden geben, biß sie unter deiner Gnade
selbsten zu der seligen Veränderung ihrer
Herzen gekommen, und auch ihre Kinder
aus dir neu gebohren, und zu dem Leben
der Gnade gezogen sind.

Nachdem nun die ersten Lockungen und
Bemühungen des Hirten der Schaafen an
dieser Person in ihren Kinderjahren nichts
erreichet, so suchte nun der Heyland auf ei-
ne andere Weise ihr Herze anzugreifen, um
sie zu vermögen, ihre Zuflucht zu ihm und
seiner Gnade zu nehmen. Es war aber
diese zweyte Aufweckung von der ersten sehr
verschieden, da sich der HErr zuvor auf eine
sehr süsse lieblichreitzende Weise in denen
Seilern seiner Liebe sie zu sich zu ziehen be-
mühete, so ließ er sie jetzund in einen rau-
hen, ängstlichen und fürchterlichen Weg ge-
führet werden. So machet es die Liebe,
die unermüdet um das Leben der Menschen
sorget, sie klopfet einmahl über das andere
an, daß man ihr doch die Thüre zu dem
Herzen eröfne, und sie zu Besitzung und Be-

herr-
G

Thaten der Gnade. II. Stuͤck.
eilend noͤthig es ſey, mit Ernſt daran zu
gedenken, und mit Eyfer darum bekuͤm-
mert zu ſeyn, daß ſie ihre eigene, und denn
auch die Seelen ihrer Kinder erretten. Er-
fuͤlle zu dieſem Ende ihre Herzen mit einer
ſolchen heiligen Unruhe, und Bekuͤmmer-
niß, daß ſie ſich nicht ehender koͤnnen zu-
frieden geben, biß ſie unter deiner Gnade
ſelbſten zu der ſeligen Veraͤnderung ihrer
Herzen gekommen, und auch ihre Kinder
aus dir neu gebohren, und zu dem Leben
der Gnade gezogen ſind.

Nachdem nun die erſten Lockungen und
Bemuͤhungen des Hirten der Schaafen an
dieſer Perſon in ihren Kinderjahren nichts
erreichet, ſo ſuchte nun der Heyland auf ei-
ne andere Weiſe ihr Herze anzugreifen, um
ſie zu vermoͤgen, ihre Zuflucht zu ihm und
ſeiner Gnade zu nehmen. Es war aber
dieſe zweyte Aufweckung von der erſten ſehr
verſchieden, da ſich der HErr zuvor auf eine
ſehr ſuͤſſe lieblichreitzende Weiſe in denen
Seilern ſeiner Liebe ſie zu ſich zu ziehen be-
muͤhete, ſo ließ er ſie jetzund in einen rau-
hen, aͤngſtlichen und fuͤrchterlichen Weg ge-
fuͤhret werden. So machet es die Liebe,
die unermuͤdet um das Leben der Menſchen
ſorget, ſie klopfet einmahl uͤber das andere
an, daß man ihr doch die Thuͤre zu dem
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herr-
G
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[97/0149] Thaten der Gnade. II. Stuͤck. eilend noͤthig es ſey, mit Ernſt daran zu gedenken, und mit Eyfer darum bekuͤm- mert zu ſeyn, daß ſie ihre eigene, und denn auch die Seelen ihrer Kinder erretten. Er- fuͤlle zu dieſem Ende ihre Herzen mit einer ſolchen heiligen Unruhe, und Bekuͤmmer- niß, daß ſie ſich nicht ehender koͤnnen zu- frieden geben, biß ſie unter deiner Gnade ſelbſten zu der ſeligen Veraͤnderung ihrer Herzen gekommen, und auch ihre Kinder aus dir neu gebohren, und zu dem Leben der Gnade gezogen ſind. Nachdem nun die erſten Lockungen und Bemuͤhungen des Hirten der Schaafen an dieſer Perſon in ihren Kinderjahren nichts erreichet, ſo ſuchte nun der Heyland auf ei- ne andere Weiſe ihr Herze anzugreifen, um ſie zu vermoͤgen, ihre Zuflucht zu ihm und ſeiner Gnade zu nehmen. Es war aber dieſe zweyte Aufweckung von der erſten ſehr verſchieden, da ſich der HErr zuvor auf eine ſehr ſuͤſſe lieblichreitzende Weiſe in denen Seilern ſeiner Liebe ſie zu ſich zu ziehen be- muͤhete, ſo ließ er ſie jetzund in einen rau- hen, aͤngſtlichen und fuͤrchterlichen Weg ge- fuͤhret werden. So machet es die Liebe, die unermuͤdet um das Leben der Menſchen ſorget, ſie klopfet einmahl uͤber das andere an, daß man ihr doch die Thuͤre zu dem Herzen eroͤfne, und ſie zu Beſitzung und Be- herr- G

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Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/149>, abgerufen am 04.05.2024.