Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Der grossen und seligen
verhärtet und so gar verschlossen haben, und
weil dennzumahlen die wenigsten Hinder-
nisse und Widersetzlichkeiten dem HErrn
JEsu, und denen Bemühungen seines Gei-
stes im Wege stehen, ungehindert das Werk
der Gnade in denselben anzufangen, und zu
vollenden. Es werden wenige Menschen,
bey reiferen Jahren erleuchtet und wieder-
gebohren, denen alsdenn nicht offenbar wird,
und die sich nicht deutlich zu erinnern wissen
werden, daß sie schon in der ersten Stunde
des Tages, und in denen ersten Jahren ih-
res Lebens seyen gerühret, gelocket, und
aufgewecket worden, die aber denn auch
mit Schaam und Beugung klagen müssen,
daß sie der Arbeit des heiligen Geistes weder
gefolget, weniger sich von derselben zur neu-
en Geburt bringen lassen. O wie viele sie-
het man! in ihren spätern Aufweckungen in
denen wildesten Aengstlichkeiten sich winden,
und unter jämmerlichen Bangigkeiten kla-
gen: Hätte ich denen ersten Gnadenüber-
zeugungen gefolget! so hätte ich nun Hof-
nung, und meine Seele wäre längsten er-
rettet, aber nun hat meine Thorheit und
Untreue das Herze des HErrn, mit der
Thüre zur Gnade verschlossen, nun liege ich
ohne Hülfe, und ich verschmachte in mei-
nem Jammer! Woher kommt aber dieses
alles? Meistens daher: Man kennt die

Nütz-

Der groſſen und ſeligen
verhaͤrtet und ſo gar verſchloſſen haben, und
weil dennzumahlen die wenigſten Hinder-
niſſe und Widerſetzlichkeiten dem HErrn
JEſu, und denen Bemuͤhungen ſeines Gei-
ſtes im Wege ſtehen, ungehindert das Werk
der Gnade in denſelben anzufangen, und zu
vollenden. Es werden wenige Menſchen,
bey reiferen Jahren erleuchtet und wieder-
gebohren, denen alsdenn nicht offenbar wird,
und die ſich nicht deutlich zu erinnern wiſſen
werden, daß ſie ſchon in der erſten Stunde
des Tages, und in denen erſten Jahren ih-
res Lebens ſeyen geruͤhret, gelocket, und
aufgewecket worden, die aber denn auch
mit Schaam und Beugung klagen muͤſſen,
daß ſie der Arbeit des heiligen Geiſtes weder
gefolget, weniger ſich von derſelben zur neu-
en Geburt bringen laſſen. O wie viele ſie-
het man! in ihren ſpaͤtern Aufweckungen in
denen wildeſten Aengſtlichkeiten ſich winden,
und unter jaͤmmerlichen Bangigkeiten kla-
gen: Haͤtte ich denen erſten Gnadenuͤber-
zeugungen gefolget! ſo haͤtte ich nun Hof-
nung, und meine Seele waͤre laͤngſten er-
rettet, aber nun hat meine Thorheit und
Untreue das Herze des HErrn, mit der
Thuͤre zur Gnade verſchloſſen, nun liege ich
ohne Huͤlfe, und ich verſchmachte in mei-
nem Jammer! Woher kommt aber dieſes
alles? Meiſtens daher: Man kennt die

Nuͤtz-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0140" n="88"/><fw place="top" type="header">Der gro&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;eligen</fw><lb/>
verha&#x0364;rtet und &#x017F;o gar ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en haben, und<lb/>
weil dennzumahlen die wenig&#x017F;ten Hinder-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e und Wider&#x017F;etzlichkeiten dem HErrn<lb/>
JE&#x017F;u, und denen Bemu&#x0364;hungen &#x017F;eines Gei-<lb/>
&#x017F;tes im Wege &#x017F;tehen, ungehindert das Werk<lb/>
der Gnade in den&#x017F;elben anzufangen, und zu<lb/>
vollenden. Es werden wenige Men&#x017F;chen,<lb/>
bey reiferen Jahren erleuchtet und wieder-<lb/>
gebohren, denen alsdenn nicht offenbar wird,<lb/>
und die &#x017F;ich nicht deutlich zu erinnern wi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
werden, daß &#x017F;ie &#x017F;chon in der er&#x017F;ten Stunde<lb/>
des Tages, und in denen er&#x017F;ten Jahren ih-<lb/>
res Lebens &#x017F;eyen geru&#x0364;hret, gelocket, und<lb/>
aufgewecket worden, die aber denn auch<lb/>
mit Schaam und Beugung klagen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
daß &#x017F;ie der Arbeit des heiligen Gei&#x017F;tes weder<lb/>
gefolget, weniger &#x017F;ich von der&#x017F;elben zur neu-<lb/>
en Geburt bringen la&#x017F;&#x017F;en. O wie viele &#x017F;ie-<lb/>
het man! in ihren &#x017F;pa&#x0364;tern Aufweckungen in<lb/>
denen wilde&#x017F;ten Aeng&#x017F;tlichkeiten &#x017F;ich winden,<lb/>
und unter ja&#x0364;mmerlichen Bangigkeiten kla-<lb/>
gen: Ha&#x0364;tte ich denen er&#x017F;ten Gnadenu&#x0364;ber-<lb/>
zeugungen gefolget! &#x017F;o ha&#x0364;tte ich nun Hof-<lb/>
nung, und meine Seele wa&#x0364;re la&#x0364;ng&#x017F;ten er-<lb/>
rettet, aber nun hat meine Thorheit und<lb/>
Untreue das Herze des HErrn, mit der<lb/>
Thu&#x0364;re zur Gnade ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, nun liege ich<lb/>
ohne Hu&#x0364;lfe, und ich ver&#x017F;chmachte in mei-<lb/>
nem Jammer! Woher kommt aber die&#x017F;es<lb/>
alles? Mei&#x017F;tens daher: Man kennt die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Nu&#x0364;tz-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0140] Der groſſen und ſeligen verhaͤrtet und ſo gar verſchloſſen haben, und weil dennzumahlen die wenigſten Hinder- niſſe und Widerſetzlichkeiten dem HErrn JEſu, und denen Bemuͤhungen ſeines Gei- ſtes im Wege ſtehen, ungehindert das Werk der Gnade in denſelben anzufangen, und zu vollenden. Es werden wenige Menſchen, bey reiferen Jahren erleuchtet und wieder- gebohren, denen alsdenn nicht offenbar wird, und die ſich nicht deutlich zu erinnern wiſſen werden, daß ſie ſchon in der erſten Stunde des Tages, und in denen erſten Jahren ih- res Lebens ſeyen geruͤhret, gelocket, und aufgewecket worden, die aber denn auch mit Schaam und Beugung klagen muͤſſen, daß ſie der Arbeit des heiligen Geiſtes weder gefolget, weniger ſich von derſelben zur neu- en Geburt bringen laſſen. O wie viele ſie- het man! in ihren ſpaͤtern Aufweckungen in denen wildeſten Aengſtlichkeiten ſich winden, und unter jaͤmmerlichen Bangigkeiten kla- gen: Haͤtte ich denen erſten Gnadenuͤber- zeugungen gefolget! ſo haͤtte ich nun Hof- nung, und meine Seele waͤre laͤngſten er- rettet, aber nun hat meine Thorheit und Untreue das Herze des HErrn, mit der Thuͤre zur Gnade verſchloſſen, nun liege ich ohne Huͤlfe, und ich verſchmachte in mei- nem Jammer! Woher kommt aber dieſes alles? Meiſtens daher: Man kennt die Nuͤtz-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/140
Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/140>, abgerufen am 04.05.2024.