te durch Untreue JEsum verlohren haben. Sie klagte ihren Jammer öfters solchen Seelen, von denen sie wußte, daß Christus sein Werk in ihnen habe, und daß sie von ihm in gleichen Wegen geführt worden, und fragte sie, ob sie doch auch dergleichen Zu- stände erfahren, wie sie sich darinnen ver- halten, und auf was für eine Weise, ihnen der HErr JEsus durchgeholfen habe.
So geschiehet es gar öfters, daß das Gefühl des Friedens und der Freude sich in der Seele verliehret, und dagegen neue Angst und Furcht der Sünde wegen sich zeiget. GOtt hat aber hierbey selige Ursachen und Absichten. 1. Muß die Seele dadurch im- mer kleiner und niedriger in ihren Augen, und von allem eigenen Guten immer völli- ger ausgelähret werden. 2. Muß durch die Verbergungen das Herze von der geist- lichen Trägheit und Sicherheit, und von dem Einschlafen mit denen klugen Jung- frauen bewahret werden. 3. Das Sehnen, Verlangen und Kämpfen nach dem HErrn JEsu muß dadurch allemahl aufs neue an- gezündet, und die Seele bewogen werden immer tiefer in die Vereinigung Christi zu dringen, und sich fester an demselben zu halten. 4. Durch Entziehung des Gefüh- les des Friedens, der Freude und des Tro-
stes
Der groſſen und ſeligen
te durch Untreue JEſum verlohren haben. Sie klagte ihren Jammer oͤfters ſolchen Seelen, von denen ſie wußte, daß Chriſtus ſein Werk in ihnen habe, und daß ſie von ihm in gleichen Wegen gefuͤhrt worden, und fragte ſie, ob ſie doch auch dergleichen Zu- ſtaͤnde erfahren, wie ſie ſich darinnen ver- halten, und auf was fuͤr eine Weiſe, ihnen der HErr JEſus durchgeholfen habe.
So geſchiehet es gar oͤfters, daß das Gefuͤhl des Friedens und der Freude ſich in der Seele verliehret, und dagegen neue Angſt und Furcht der Suͤnde wegen ſich zeiget. GOtt hat aber hierbey ſelige Urſachen und Abſichten. 1. Muß die Seele dadurch im- mer kleiner und niedriger in ihren Augen, und von allem eigenen Guten immer voͤlli- ger ausgelaͤhret werden. 2. Muß durch die Verbergungen das Herze von der geiſt- lichen Traͤgheit und Sicherheit, und von dem Einſchlafen mit denen klugen Jung- frauen bewahret werden. 3. Das Sehnen, Verlangen und Kaͤmpfen nach dem HErrn JEſu muß dadurch allemahl aufs neue an- gezuͤndet, und die Seele bewogen werden immer tiefer in die Vereinigung Chriſti zu dringen, und ſich feſter an demſelben zu halten. 4. Durch Entziehung des Gefuͤh- les des Friedens, der Freude und des Tro-
ſtes
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0124"n="72"/><fwplace="top"type="header">Der groſſen und ſeligen</fw><lb/>
te durch Untreue JEſum verlohren haben.<lb/>
Sie klagte ihren Jammer oͤfters ſolchen<lb/>
Seelen, von denen ſie wußte, daß Chriſtus<lb/>ſein Werk in ihnen habe, und daß ſie von<lb/>
ihm in gleichen Wegen gefuͤhrt worden, und<lb/>
fragte ſie, ob ſie doch auch dergleichen Zu-<lb/>ſtaͤnde erfahren, wie ſie ſich darinnen ver-<lb/>
halten, und auf was fuͤr eine Weiſe, ihnen<lb/>
der HErr JEſus durchgeholfen habe.</p><lb/><p>So geſchiehet es gar oͤfters, daß das<lb/>
Gefuͤhl des Friedens und der Freude ſich in<lb/>
der Seele verliehret, und dagegen neue Angſt<lb/>
und Furcht der Suͤnde wegen ſich zeiget.<lb/>
GOtt hat aber hierbey ſelige Urſachen und<lb/>
Abſichten. 1. Muß die Seele dadurch im-<lb/>
mer kleiner und niedriger in ihren Augen,<lb/>
und von allem eigenen Guten immer voͤlli-<lb/>
ger ausgelaͤhret werden. 2. Muß durch<lb/>
die Verbergungen das Herze von der geiſt-<lb/>
lichen Traͤgheit und Sicherheit, und von<lb/>
dem Einſchlafen mit denen klugen Jung-<lb/>
frauen bewahret werden. 3. Das Sehnen,<lb/>
Verlangen und Kaͤmpfen nach dem HErrn<lb/>
JEſu muß dadurch allemahl aufs neue an-<lb/>
gezuͤndet, und die Seele bewogen werden<lb/>
immer tiefer in die Vereinigung Chriſti zu<lb/>
dringen, und ſich feſter an demſelben zu<lb/>
halten. 4. Durch Entziehung des Gefuͤh-<lb/>
les des Friedens, der Freude und des Tro-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſtes</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[72/0124]
Der groſſen und ſeligen
te durch Untreue JEſum verlohren haben.
Sie klagte ihren Jammer oͤfters ſolchen
Seelen, von denen ſie wußte, daß Chriſtus
ſein Werk in ihnen habe, und daß ſie von
ihm in gleichen Wegen gefuͤhrt worden, und
fragte ſie, ob ſie doch auch dergleichen Zu-
ſtaͤnde erfahren, wie ſie ſich darinnen ver-
halten, und auf was fuͤr eine Weiſe, ihnen
der HErr JEſus durchgeholfen habe.
So geſchiehet es gar oͤfters, daß das
Gefuͤhl des Friedens und der Freude ſich in
der Seele verliehret, und dagegen neue Angſt
und Furcht der Suͤnde wegen ſich zeiget.
GOtt hat aber hierbey ſelige Urſachen und
Abſichten. 1. Muß die Seele dadurch im-
mer kleiner und niedriger in ihren Augen,
und von allem eigenen Guten immer voͤlli-
ger ausgelaͤhret werden. 2. Muß durch
die Verbergungen das Herze von der geiſt-
lichen Traͤgheit und Sicherheit, und von
dem Einſchlafen mit denen klugen Jung-
frauen bewahret werden. 3. Das Sehnen,
Verlangen und Kaͤmpfen nach dem HErrn
JEſu muß dadurch allemahl aufs neue an-
gezuͤndet, und die Seele bewogen werden
immer tiefer in die Vereinigung Chriſti zu
dringen, und ſich feſter an demſelben zu
halten. 4. Durch Entziehung des Gefuͤh-
les des Friedens, der Freude und des Tro-
ſtes
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/124>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.