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Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665.

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Als die Statt Troia von den Griechen schon zehen ganzer jahr belägert gewesen/ und nunmehr die Götter über dieselbe beschlossen/ daß sie gewonnen/ zerstöret und in die Asche solte geleget werden: Da haben auß rath und Angeben der Göttn Pallas/ die Griechen von Holz ein groß ungeheures Pferd gebawet/ inwendig holl/ und darin versteket den Außschuß jhrer besten und beherzesten Soldaten/ welche durch eine heimliche Thür/ im Bauche des Pferds gemacht auß und ein kommen könten/ wanns jhnen beliebet. Wie diß Pferd fertig/ haben sie diese List erdacht: Das Pferd mit den ingeschlossenen Soldaten / der Anführer war Ulysses/ haben sie in jhrem Läger nahe bej der Statt Thor stehen lassen; Seyn etwas zu rük gezogen/ biß ans Gestade des Meers/ und sich gestellet/ als weren sie ganz abgewichen. Bej dem Pferde haben sie gelassen einen verzweiffelten Buben und Waghals / Sinonem genad: derselbe solte jhren Anschlag ferner fortsezen: Die Trojaner sejn in der Statt dieses Pferdes/ einem hohen Berge gleich/ ansichtig geworden: Auch gesehen daß die Griechen jhr Läger verlassen/ und niemand mehr verhanden. Dardurch bewogen/ häuffig auß der Statt gekommen/ das Wimderpferd zu beschawen. Da ist jhnen der Verräther Sinon, der sich selbst hatte verwund/ und sonsten mit schlägen übel zugerichtet/ die Hände auff den Ruken gebunden/ entgegen gekommen: Alsbald für die Obersten der Statt Troja geführet und gefraget worden/ was das ungeheure Pferd bedeute? Wo die Griechen hinge wichen? Wer ihn (den Sinonem) so übel hätte zugerichtet? Sinon hat auß falschem Herzen sich sehr kläglich angestellet/ als were dieses übel jhm von den Griechen angethan: und ferner berichtet/ daß es mit dem Pferde eine solche beschaffenheit hätte / und von den Göttern also aus ersehen were: Würden die Trojaner das Pferd/ als der Göttinnin Palladis Werk/ mit Reverenz in die Statt nehmen/ so wurde Troja und das Trojanische Reich von allem übel befreyet/ und zu ewigen zeiten bleiben und florieren. Wurde man aber dem Pferde Leid zufügen/ so wurde gewiß die Statt zu grund gehen/ und zerstöret werden. Diese Rede ist den Trojanern zu Herren gangen: Vnd obwol etliche Warsager/ und andere verständige Leute widerriethen/ daß man das Pferd nicht annehmen / sondern zerhawen und zu nichte machen solte/ so sejn doch die meisten der meynung worden / das Pferd in die Statt zu bringen. Darauff hat man die Thor und

Als die Statt Troia von den Griechen schon zehen ganzer jahr belägert gewesen/ und nunmehr die Götter über dieselbe beschlossen/ daß sie gewonnen/ zerstöret und in die Asche solte geleget werden: Da haben auß rath und Angeben der Göttn Pallas/ die Griechen von Holz ein groß ungeheures Pferd gebawet/ inwendig holl/ und darin versteket den Außschuß jhrer besten und beherzesten Soldaten/ welche durch eine heimliche Thür/ im Bauche des Pferds gemacht auß und ein kom̃en könten/ wanns jhnen beliebet. Wie diß Pferd fertig/ haben sie diese List erdacht: Das Pferd mit den ingeschlossenen Soldaten / der Anführer war Ulysses/ haben sie in jhrem Läger nahe bej der Statt Thor stehen lassen; Seyn etwas zu rük gezogen/ biß ans Gestade des Meers/ und sich gestellet/ als weren sie ganz abgewichen. Bej dem Pferde haben sie gelassen einen verzweiffelten Buben und Waghals / Sinonem genad: derselbe solte jhren Anschlag ferner fortsezen: Die Trojaner sejn in der Statt dieses Pferdes/ einem hohen Berge gleich/ ansichtig geworden: Auch gesehen daß die Griechen jhr Läger verlassen/ und niemand mehr verhanden. Dardurch bewogen/ häuffig auß der Statt gekommen/ das Wimderpferd zu beschawen. Da ist jhnen der Verräther Sinon, der sich selbst hatte verwund/ und sonsten mit schlägen übel zugerichtet/ die Hände auff den Ruken gebunden/ entgegen gekom̃en: Alsbald für die Obersten der Statt Troja geführet und gefraget worden/ was das ungeheure Pferd bedeute? Wo die Griechen hinge wichen? Wer ihn (den Sinonem) so übel hätte zugerichtet? Sinon hat auß falschem Herzẽ sich sehr kläglich angestellet/ als were dieses übel jhm von den Griechen angethan: und ferner berichtet/ daß es mit dem Pferde eine solche beschaffenheit hätte / und von den Göttern also aus ersehen were: Würden die Trojaner das Pferd/ als der Göttinnin Palladis Werk/ mit Reverenz in die Statt nehmen/ so wurde Troja und das Trojanische Reich von allem übel befreyet/ und zu ewigen zeiten bleiben und florieren. Wurde man aber dem Pferde Leid zufügen/ so wurde gewiß die Statt zu grund gehen/ und zerstöret werden. Diese Rede ist den Trojanern zu Herren gangen: Vnd obwol etliche Warsager/ und andere verständige Leute widerriethen/ daß man das Pferd nicht annehmen / sondern zerhawen und zu nichte machen solte/ so sejn doch die meisten der meynung worden / das Pferd in die Statt zu bringen. Darauff hat man die Thor und

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[47/0077] Als die Statt Troia von den Griechen schon zehen ganzer jahr belägert gewesen/ und nunmehr die Götter über dieselbe beschlossen/ daß sie gewonnen/ zerstöret und in die Asche solte geleget werden: Da haben auß rath und Angeben der Göttn Pallas/ die Griechen von Holz ein groß ungeheures Pferd gebawet/ inwendig holl/ und darin versteket den Außschuß jhrer besten und beherzesten Soldaten/ welche durch eine heimliche Thür/ im Bauche des Pferds gemacht auß und ein kom̃en könten/ wanns jhnen beliebet. Wie diß Pferd fertig/ haben sie diese List erdacht: Das Pferd mit den ingeschlossenen Soldaten / der Anführer war Ulysses/ haben sie in jhrem Läger nahe bej der Statt Thor stehen lassen; Seyn etwas zu rük gezogen/ biß ans Gestade des Meers/ und sich gestellet/ als weren sie ganz abgewichen. Bej dem Pferde haben sie gelassen einen verzweiffelten Buben und Waghals / Sinonem genad: derselbe solte jhren Anschlag ferner fortsezen: Die Trojaner sejn in der Statt dieses Pferdes/ einem hohen Berge gleich/ ansichtig geworden: Auch gesehen daß die Griechen jhr Läger verlassen/ und niemand mehr verhanden. Dardurch bewogen/ häuffig auß der Statt gekommen/ das Wimderpferd zu beschawen. Da ist jhnen der Verräther Sinon, der sich selbst hatte verwund/ und sonsten mit schlägen übel zugerichtet/ die Hände auff den Ruken gebunden/ entgegen gekom̃en: Alsbald für die Obersten der Statt Troja geführet und gefraget worden/ was das ungeheure Pferd bedeute? Wo die Griechen hinge wichen? Wer ihn (den Sinonem) so übel hätte zugerichtet? Sinon hat auß falschem Herzẽ sich sehr kläglich angestellet/ als were dieses übel jhm von den Griechen angethan: und ferner berichtet/ daß es mit dem Pferde eine solche beschaffenheit hätte / und von den Göttern also aus ersehen were: Würden die Trojaner das Pferd/ als der Göttinnin Palladis Werk/ mit Reverenz in die Statt nehmen/ so wurde Troja und das Trojanische Reich von allem übel befreyet/ und zu ewigen zeiten bleiben und florieren. Wurde man aber dem Pferde Leid zufügen/ so wurde gewiß die Statt zu grund gehen/ und zerstöret werden. Diese Rede ist den Trojanern zu Herren gangen: Vnd obwol etliche Warsager/ und andere verständige Leute widerriethen/ daß man das Pferd nicht annehmen / sondern zerhawen und zu nichte machen solte/ so sejn doch die meisten der meynung worden / das Pferd in die Statt zu bringen. Darauff hat man die Thor und

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Zitationshilfe: Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665/77>, abgerufen am 23.11.2024.