glaubte von seinem Ruheplatze im Garten her zwei reformirte Geistliche vor der Herberge absteigen zu sehen und ersucht die Herren, wenn sie dem Gewühl auszuweichen vorzögen, sich durch seine Gegenwart nicht vom Besuche des Gartens abhalten zu lassen."
Sichtbar erfreut von diesem glücklichen Zufalle und der ihm widerfahrenden Ehre, erwiederte Herr Waser, etwas steif aber tadellos in demselben Idiom sich be¬ wegend, daß er und sein Freund sich die Gunst erbäten, seiner Durchlaucht für die ihnen zu Theil gewordene Berücksichtigung persönlich zu danken.
Die Freunde folgten dem vor ihnen herschreitenden schönen Knaben in die Lauben des Gartens. Gegen Süden hatte er einen balkonähnlichen Vorsprung, durch dessen Laubwände bunte Seidengewänder schimmerten und das Gezwitscher plaudernder Frauenstimmen, durch¬ brochen von dem hellen Jubel eines Kindes, ertönte. Dort lehnte auf sammetnen Polstern eine schlanke blasse Dame, deren hastige Rede und bewegliches Mienenspiel die Lebhaftigkeit eines Geistes verrieth, der sie nicht zu erquicklicher Ruhe kommen ließ. Vor ihr auf dem Steintische trippelte und jauchzte ein zweijähriges Mäd¬ chen, das eine niedliche Zofe an beiden Händchen empor¬ hielt. Dazu klang die melancholische Weise eines Volks¬
glaubte von ſeinem Ruheplatze im Garten her zwei reformirte Geiſtliche vor der Herberge abſteigen zu ſehen und erſucht die Herren, wenn ſie dem Gewühl auszuweichen vorzögen, ſich durch ſeine Gegenwart nicht vom Beſuche des Gartens abhalten zu laſſen.“
Sichtbar erfreut von dieſem glücklichen Zufalle und der ihm widerfahrenden Ehre, erwiederte Herr Waſer, etwas ſteif aber tadellos in demſelben Idiom ſich be¬ wegend, daß er und ſein Freund ſich die Gunſt erbäten, ſeiner Durchlaucht für die ihnen zu Theil gewordene Berückſichtigung perſönlich zu danken.
Die Freunde folgten dem vor ihnen herſchreitenden ſchönen Knaben in die Lauben des Gartens. Gegen Süden hatte er einen balkonähnlichen Vorſprung, durch deſſen Laubwände bunte Seidengewänder ſchimmerten und das Gezwitſcher plaudernder Frauenſtimmen, durch¬ brochen von dem hellen Jubel eines Kindes, ertönte. Dort lehnte auf ſammetnen Polſtern eine ſchlanke blaſſe Dame, deren haſtige Rede und bewegliches Mienenſpiel die Lebhaftigkeit eines Geiſtes verrieth, der ſie nicht zu erquicklicher Ruhe kommen ließ. Vor ihr auf dem Steintiſche trippelte und jauchzte ein zweijähriges Mäd¬ chen, das eine niedliche Zofe an beiden Händchen empor¬ hielt. Dazu klang die melancholiſche Weiſe eines Volks¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0084"n="74"/>
glaubte von ſeinem Ruheplatze im Garten her zwei<lb/>
reformirte Geiſtliche vor der Herberge abſteigen zu<lb/>ſehen und erſucht die Herren, wenn ſie dem Gewühl<lb/>
auszuweichen vorzögen, ſich durch ſeine Gegenwart nicht<lb/>
vom Beſuche des Gartens abhalten zu laſſen.“</p><lb/><p>Sichtbar erfreut von dieſem glücklichen Zufalle und<lb/>
der ihm widerfahrenden Ehre, erwiederte Herr Waſer,<lb/>
etwas ſteif aber tadellos in demſelben Idiom ſich be¬<lb/>
wegend, daß er und ſein Freund ſich die Gunſt erbäten,<lb/>ſeiner Durchlaucht für die ihnen zu Theil gewordene<lb/>
Berückſichtigung perſönlich zu danken.</p><lb/><p>Die Freunde folgten dem vor ihnen herſchreitenden<lb/>ſchönen Knaben in die Lauben des Gartens. Gegen<lb/>
Süden hatte er einen balkonähnlichen Vorſprung, durch<lb/>
deſſen Laubwände bunte Seidengewänder ſchimmerten<lb/>
und das Gezwitſcher plaudernder Frauenſtimmen, durch¬<lb/>
brochen von dem hellen Jubel eines Kindes, ertönte.<lb/>
Dort lehnte auf ſammetnen Polſtern eine ſchlanke blaſſe<lb/>
Dame, deren haſtige Rede und bewegliches Mienenſpiel<lb/>
die Lebhaftigkeit eines Geiſtes verrieth, der ſie nicht zu<lb/>
erquicklicher Ruhe kommen ließ. Vor ihr auf dem<lb/>
Steintiſche trippelte und jauchzte ein zweijähriges Mäd¬<lb/>
chen, das eine niedliche Zofe an beiden Händchen empor¬<lb/>
hielt. Dazu klang die melancholiſche Weiſe eines Volks¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[74/0084]
glaubte von ſeinem Ruheplatze im Garten her zwei
reformirte Geiſtliche vor der Herberge abſteigen zu
ſehen und erſucht die Herren, wenn ſie dem Gewühl
auszuweichen vorzögen, ſich durch ſeine Gegenwart nicht
vom Beſuche des Gartens abhalten zu laſſen.“
Sichtbar erfreut von dieſem glücklichen Zufalle und
der ihm widerfahrenden Ehre, erwiederte Herr Waſer,
etwas ſteif aber tadellos in demſelben Idiom ſich be¬
wegend, daß er und ſein Freund ſich die Gunſt erbäten,
ſeiner Durchlaucht für die ihnen zu Theil gewordene
Berückſichtigung perſönlich zu danken.
Die Freunde folgten dem vor ihnen herſchreitenden
ſchönen Knaben in die Lauben des Gartens. Gegen
Süden hatte er einen balkonähnlichen Vorſprung, durch
deſſen Laubwände bunte Seidengewänder ſchimmerten
und das Gezwitſcher plaudernder Frauenſtimmen, durch¬
brochen von dem hellen Jubel eines Kindes, ertönte.
Dort lehnte auf ſammetnen Polſtern eine ſchlanke blaſſe
Dame, deren haſtige Rede und bewegliches Mienenſpiel
die Lebhaftigkeit eines Geiſtes verrieth, der ſie nicht zu
erquicklicher Ruhe kommen ließ. Vor ihr auf dem
Steintiſche trippelte und jauchzte ein zweijähriges Mäd¬
chen, das eine niedliche Zofe an beiden Händchen empor¬
hielt. Dazu klang die melancholiſche Weiſe eines Volks¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/84>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.