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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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Protestantismus ein Princip des Aufruhrs auch gegen
die politische Autorität liegt."

"Stellt Eure Pfarrer besser," warf Semmler be¬
haglich lächelnd ein, "und sie werden als zufriedene und
angesehene Leute dem Unterthan von der nothwendigen
Ungleichheit der menschlichen Verhältnisse den richtigen
Begriff zu geben wissen."

Planta lachte etwas höhnisch über diese der bünd¬
nerischen Opferwilligkeit gemachte Zumuthung. "Um
auf den Jungen zurückzukommen," sagte er dann, "so
gehört er auf einen Kriegsgaul, nicht hinter das Kanzel¬
bret, und würde dort weniger Unheil stiften. Ich hab'
es dem Alten oft gesagt: Gebt den Burschen mir, es
ist Schade um ihn! Aber der besegnete sich vor dem
spanischen Kriegsdienste, wohin ich den hübschen Jungen
empfehlen wollte."

Semmler nippte bedächtig seinen Wein und schwieg.
Er schien den Widerwillen des Scharanserpfarrers gegen
die seinem Sohne geöffnete Laufbahn nicht zu mi߬
billigen.

"Ein Weltkrieg steht bevor," fuhr Planta leiden¬
schaftlicher fort, "und wer weiß, wie weit es ein so
verwegenes Blut bringen könnte! Tollkühn ist der
Bursche über alles Maß. Da muß ich Euch doch etwas
erzählen, Herr Magister! Im Sommer vor etlichen

Proteſtantismus ein Princip des Aufruhrs auch gegen
die politiſche Autorität liegt.“

„Stellt Eure Pfarrer beſſer,“ warf Semmler be¬
haglich lächelnd ein, „und ſie werden als zufriedene und
angeſehene Leute dem Unterthan von der nothwendigen
Ungleichheit der menſchlichen Verhältniſſe den richtigen
Begriff zu geben wiſſen.“

Planta lachte etwas höhniſch über dieſe der bünd¬
neriſchen Opferwilligkeit gemachte Zumuthung. „Um
auf den Jungen zurückzukommen,“ ſagte er dann, „ſo
gehört er auf einen Kriegsgaul, nicht hinter das Kanzel¬
bret, und würde dort weniger Unheil ſtiften. Ich hab'
es dem Alten oft geſagt: Gebt den Burſchen mir, es
iſt Schade um ihn! Aber der beſegnete ſich vor dem
ſpaniſchen Kriegsdienſte, wohin ich den hübſchen Jungen
empfehlen wollte.“

Semmler nippte bedächtig ſeinen Wein und ſchwieg.
Er ſchien den Widerwillen des Scharanſerpfarrers gegen
die ſeinem Sohne geöffnete Laufbahn nicht zu mi߬
billigen.

„Ein Weltkrieg ſteht bevor,“ fuhr Planta leiden¬
ſchaftlicher fort, „und wer weiß, wie weit es ein ſo
verwegenes Blut bringen könnte! Tollkühn iſt der
Burſche über alles Maß. Da muß ich Euch doch etwas
erzählen, Herr Magiſter! Im Sommer vor etlichen

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[24/0034] Proteſtantismus ein Princip des Aufruhrs auch gegen die politiſche Autorität liegt.“ „Stellt Eure Pfarrer beſſer,“ warf Semmler be¬ haglich lächelnd ein, „und ſie werden als zufriedene und angeſehene Leute dem Unterthan von der nothwendigen Ungleichheit der menſchlichen Verhältniſſe den richtigen Begriff zu geben wiſſen.“ Planta lachte etwas höhniſch über dieſe der bünd¬ neriſchen Opferwilligkeit gemachte Zumuthung. „Um auf den Jungen zurückzukommen,“ ſagte er dann, „ſo gehört er auf einen Kriegsgaul, nicht hinter das Kanzel¬ bret, und würde dort weniger Unheil ſtiften. Ich hab' es dem Alten oft geſagt: Gebt den Burſchen mir, es iſt Schade um ihn! Aber der beſegnete ſich vor dem ſpaniſchen Kriegsdienſte, wohin ich den hübſchen Jungen empfehlen wollte.“ Semmler nippte bedächtig ſeinen Wein und ſchwieg. Er ſchien den Widerwillen des Scharanſerpfarrers gegen die ſeinem Sohne geöffnete Laufbahn nicht zu mi߬ billigen. „Ein Weltkrieg ſteht bevor,“ fuhr Planta leiden¬ ſchaftlicher fort, „und wer weiß, wie weit es ein ſo verwegenes Blut bringen könnte! Tollkühn iſt der Burſche über alles Maß. Da muß ich Euch doch etwas erzählen, Herr Magiſter! Im Sommer vor etlichen

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/34>, abgerufen am 18.12.2024.