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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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oder streitig mache. -- Ich rede hier frei, ich bin unter
Eingeweihten. -- Wie mir mein Kamerad Wertmüller
in seinen Briefen Euern Plan angedeutet hat, werdet
Ihr von Norden über die Bernina ins Veltlin vor¬
dringen, um mit dem Scharfblicke des großen Feldherrn
die feindliche Stellung in der Mitte zu fassen und,
Spanier und Oesterreicher auseinanderwerfend, die Einen
zurück in das Gebirge, die Andern hinunter nach den
Seen zu jagen. Nun ist von höchster Bedeutung, die
von den Spaniern vielfach neu angelegten Verschan¬
zungen des Veltlins genau zu untersuchen. -- Laßt mich
hin! Ich nehme Euch Pläne davon auf, kenne ich doch
das Land wie Wenige."

"Davon reden wir morgen, mein Georg," sagte
der Herzog und legte ihm seine schmale Hand auf die
mächtig gebaute Schulter.

Am Abende des Tages, der den Hauptmann Jenatsch
zum Kameraden des Locotenenten Wertmüller im Dienste
des Herzogs machte, fiel es diesem ein, den Brief seines
Vetters in Mailand zu beantworten.

Er meldete, daß er einen kurzen Urlaub nach Zürich
genommen, obschon er sich nicht absonderlich freue den

oder ſtreitig mache. — Ich rede hier frei, ich bin unter
Eingeweihten. — Wie mir mein Kamerad Wertmüller
in ſeinen Briefen Euern Plan angedeutet hat, werdet
Ihr von Norden über die Bernina ins Veltlin vor¬
dringen, um mit dem Scharfblicke des großen Feldherrn
die feindliche Stellung in der Mitte zu faſſen und,
Spanier und Oeſterreicher auseinanderwerfend, die Einen
zurück in das Gebirge, die Andern hinunter nach den
Seen zu jagen. Nun iſt von höchſter Bedeutung, die
von den Spaniern vielfach neu angelegten Verſchan¬
zungen des Veltlins genau zu unterſuchen. — Laßt mich
hin! Ich nehme Euch Pläne davon auf, kenne ich doch
das Land wie Wenige.“

„Davon reden wir morgen, mein Georg,“ ſagte
der Herzog und legte ihm ſeine ſchmale Hand auf die
mächtig gebaute Schulter.

Am Abende des Tages, der den Hauptmann Jenatſch
zum Kameraden des Locotenenten Wertmüller im Dienſte
des Herzogs machte, fiel es dieſem ein, den Brief ſeines
Vetters in Mailand zu beantworten.

Er meldete, daß er einen kurzen Urlaub nach Zürich
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[206/0216] oder ſtreitig mache. — Ich rede hier frei, ich bin unter Eingeweihten. — Wie mir mein Kamerad Wertmüller in ſeinen Briefen Euern Plan angedeutet hat, werdet Ihr von Norden über die Bernina ins Veltlin vor¬ dringen, um mit dem Scharfblicke des großen Feldherrn die feindliche Stellung in der Mitte zu faſſen und, Spanier und Oeſterreicher auseinanderwerfend, die Einen zurück in das Gebirge, die Andern hinunter nach den Seen zu jagen. Nun iſt von höchſter Bedeutung, die von den Spaniern vielfach neu angelegten Verſchan¬ zungen des Veltlins genau zu unterſuchen. — Laßt mich hin! Ich nehme Euch Pläne davon auf, kenne ich doch das Land wie Wenige.“ „Davon reden wir morgen, mein Georg,“ ſagte der Herzog und legte ihm ſeine ſchmale Hand auf die mächtig gebaute Schulter. Am Abende des Tages, der den Hauptmann Jenatſch zum Kameraden des Locotenenten Wertmüller im Dienſte des Herzogs machte, fiel es dieſem ein, den Brief ſeines Vetters in Mailand zu beantworten. Er meldete, daß er einen kurzen Urlaub nach Zürich genommen, obſchon er ſich nicht abſonderlich freue den

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/216>, abgerufen am 21.11.2024.