Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.glaube er seine Pflicht mit Aufopferung erfüllt zu haben "Mit diesen Papieren, Herr Provveditore, läßt "Wollt Ihr noch von den Aussagen der andern glaube er ſeine Pflicht mit Aufopferung erfüllt zu haben „Mit dieſen Papieren, Herr Provveditore, läßt „Wollt Ihr noch von den Ausſagen der andern <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0202" n="192"/> glaube er ſeine Pflicht mit Aufopferung erfüllt zu haben<lb/> und auf die <choice><sic>Anerkennnng</sic><corr>Anerkennung</corr></choice> der erlauchten Republik, ſo¬<lb/> wie auf ein angemeſſenes Ehrengeſchenk ohne Unbe¬<lb/> ſcheidenheit rechnen zu dürfen. —</p><lb/> <p>„Mit dieſen Papieren, Herr Provveditore, läßt<lb/> ſich eine Anklage auf Mord nie begründen,“ ſagte<lb/> Waſer vor ſeinen Gaſtfreund hintretend und die Akten<lb/> nicht ohne ſichtbare Zeichen der Entrüſtung auf den<lb/> Tiſch legend, wobei der Tractat über die Patavinität<lb/> des Livius auf den Marmorboden fiel. „Sie ſprechen<lb/> durchaus zu Gunſten des Hauptmanns und bezeichnen<lb/> den Fall als ſtricte Nothwehr. —“</p><lb/> <p>„Wollt Ihr noch von den Ausſagen der andern<lb/> Zeugen Einſicht nehmen?“ ſagte Grimani kalt. „Sie<lb/> ſtimmen übrigens durchaus überein mit denjenigen des<lb/> bettelhaften Pedanten und des prahleriſchen Eiſenfreſſers.<lb/> „Die Zeugniſſe dieſes Geſindels“ — er ſtieß mit der<lb/> Fußſpitze an die gelehrte Arbeit des Magiſters Pam¬<lb/> filio, die langſam über die Moſaikſterne des glatten<lb/> Bodens rollte, — „führen nur den Gutmüthigen irre,<lb/> der nicht verſteht zwiſchen den Zeilen zu leſen. Ver¬<lb/> zaubert und belügt doch dieſer ungeſegnete Jenatſch, mit<lb/> ſeiner heuchleriſchen Herzenswärme und ſeiner ruchloſen<lb/> Kunſt auch das Abſichtlichſte als Eingebung des Augen¬<lb/> blicks oder harmloſen Zufall darzuſtellen, ohne Ausnahme<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [192/0202]
glaube er ſeine Pflicht mit Aufopferung erfüllt zu haben
und auf die Anerkennung der erlauchten Republik, ſo¬
wie auf ein angemeſſenes Ehrengeſchenk ohne Unbe¬
ſcheidenheit rechnen zu dürfen. —
„Mit dieſen Papieren, Herr Provveditore, läßt
ſich eine Anklage auf Mord nie begründen,“ ſagte
Waſer vor ſeinen Gaſtfreund hintretend und die Akten
nicht ohne ſichtbare Zeichen der Entrüſtung auf den
Tiſch legend, wobei der Tractat über die Patavinität
des Livius auf den Marmorboden fiel. „Sie ſprechen
durchaus zu Gunſten des Hauptmanns und bezeichnen
den Fall als ſtricte Nothwehr. —“
„Wollt Ihr noch von den Ausſagen der andern
Zeugen Einſicht nehmen?“ ſagte Grimani kalt. „Sie
ſtimmen übrigens durchaus überein mit denjenigen des
bettelhaften Pedanten und des prahleriſchen Eiſenfreſſers.
„Die Zeugniſſe dieſes Geſindels“ — er ſtieß mit der
Fußſpitze an die gelehrte Arbeit des Magiſters Pam¬
filio, die langſam über die Moſaikſterne des glatten
Bodens rollte, — „führen nur den Gutmüthigen irre,
der nicht verſteht zwiſchen den Zeilen zu leſen. Ver¬
zaubert und belügt doch dieſer ungeſegnete Jenatſch, mit
ſeiner heuchleriſchen Herzenswärme und ſeiner ruchloſen
Kunſt auch das Abſichtlichſte als Eingebung des Augen¬
blicks oder harmloſen Zufall darzuſtellen, ohne Ausnahme
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Zitationshilfe: | Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/202>, abgerufen am 16.02.2025. |