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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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Kuri aber fuhr unbekümmert fort: "Ihr wißt
mehr als wir, Herr Waser! Hab' ich Euch nicht mit
einem Reisebündelein vor vierzehn Tagen nach Rappers¬
wyl geführt? Ihr wolltet ein wenig in die Berge hin¬
ein, sagtet Ihr. Beim Eid, Ihr seid beim Jenatsch
gewesen! War denn der nicht zur Stelle? Der Jürg
hat sich doch, beim Strahl, von denen Aesern von
Pfaffen nicht abthun lassen! Ihr blickt so traurig drein!
Es ist ihm doch nichts passirt? Oder hat es gefehlt,
hat er dran glauben müssen?"

"Er lebt, Kuri," versetzte Waser, wie einer, der
seine Worte wägt und keines zuviel sagen will.

"Nun, dann zählt darauf, eh' ich diese Schuhe
verbraucht habe," -- Kuri schonte sie freilich, denn er
hatte sie ausgezogen und neben sich auf den Schiffskasten
gestellt, um erst in Zürich damit Staat zu machen --
"eh' ich diese Schuhe verbraucht habe, hat der Jenatsch
den Pompius Planta kalt gemacht. Sonst ist er nicht
der Jenatsch mehr! Denkt daran! Leid thut es mir um
das Jüngferchen und wird dem Jürg auch leid thun."

Dieses in den Tag hinein gesprochene Wort machte
auf Waser einen leidigern Eindruck, als er sich nicht
gestehen wollte, und hätte Kuris Vater von Neuem
erbost, wäre nicht sein Auge unweit vom Dorfe Küßnach
auf einer grünen, von hohen Nußbäumen beschatteten

Kuri aber fuhr unbekümmert fort: „Ihr wißt
mehr als wir, Herr Waſer! Hab' ich Euch nicht mit
einem Reiſebündelein vor vierzehn Tagen nach Rappers¬
wyl geführt? Ihr wolltet ein wenig in die Berge hin¬
ein, ſagtet Ihr. Beim Eid, Ihr ſeid beim Jenatſch
geweſen! War denn der nicht zur Stelle? Der Jürg
hat ſich doch, beim Strahl, von denen Aeſern von
Pfaffen nicht abthun laſſen! Ihr blickt ſo traurig drein!
Es iſt ihm doch nichts paſſirt? Oder hat es gefehlt,
hat er dran glauben müſſen?“

„Er lebt, Kuri,“ verſetzte Waſer, wie einer, der
ſeine Worte wägt und keines zuviel ſagen will.

„Nun, dann zählt darauf, eh' ich dieſe Schuhe
verbraucht habe,“ — Kuri ſchonte ſie freilich, denn er
hatte ſie ausgezogen und neben ſich auf den Schiffskaſten
geſtellt, um erſt in Zürich damit Staat zu machen —
„eh' ich dieſe Schuhe verbraucht habe, hat der Jenatſch
den Pompius Planta kalt gemacht. Sonſt iſt er nicht
der Jenatſch mehr! Denkt daran! Leid thut es mir um
das Jüngferchen und wird dem Jürg auch leid thun.“

Dieſes in den Tag hinein geſprochene Wort machte
auf Waſer einen leidigern Eindruck, als er ſich nicht
geſtehen wollte, und hätte Kuris Vater von Neuem
erboſt, wäre nicht ſein Auge unweit vom Dorfe Küßnach
auf einer grünen, von hohen Nußbäumen beſchatteten

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[102/0112] Kuri aber fuhr unbekümmert fort: „Ihr wißt mehr als wir, Herr Waſer! Hab' ich Euch nicht mit einem Reiſebündelein vor vierzehn Tagen nach Rappers¬ wyl geführt? Ihr wolltet ein wenig in die Berge hin¬ ein, ſagtet Ihr. Beim Eid, Ihr ſeid beim Jenatſch geweſen! War denn der nicht zur Stelle? Der Jürg hat ſich doch, beim Strahl, von denen Aeſern von Pfaffen nicht abthun laſſen! Ihr blickt ſo traurig drein! Es iſt ihm doch nichts paſſirt? Oder hat es gefehlt, hat er dran glauben müſſen?“ „Er lebt, Kuri,“ verſetzte Waſer, wie einer, der ſeine Worte wägt und keines zuviel ſagen will. „Nun, dann zählt darauf, eh' ich dieſe Schuhe verbraucht habe,“ — Kuri ſchonte ſie freilich, denn er hatte ſie ausgezogen und neben ſich auf den Schiffskaſten geſtellt, um erſt in Zürich damit Staat zu machen — „eh' ich dieſe Schuhe verbraucht habe, hat der Jenatſch den Pompius Planta kalt gemacht. Sonſt iſt er nicht der Jenatſch mehr! Denkt daran! Leid thut es mir um das Jüngferchen und wird dem Jürg auch leid thun.“ Dieſes in den Tag hinein geſprochene Wort machte auf Waſer einen leidigern Eindruck, als er ſich nicht geſtehen wollte, und hätte Kuris Vater von Neuem erboſt, wäre nicht ſein Auge unweit vom Dorfe Küßnach auf einer grünen, von hohen Nußbäumen beſchatteten

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/112>, abgerufen am 24.11.2024.