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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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"Auch gut, Kapuziner," sagte Blasius, der jetzt
mit beiden Armen Reisigbündel und Stroh aus der
Küche schleppte und mit geübten Handgriffen im Gange
zwischen den beiden Hausthüren aufschichtete. "Wir
heben uns von hinnen über den Bondascagletscher ins
Bergell. Fausch, alle Dachluken auf, damit es Luft
giebt! Und dann hierher!"

Fausch krabbelte die Treppe herunter, beladen mit
allerlei Mundvorrath, den er oben gefunden hatte, und
Waser sah sich jetzt nach Jenatsch um.

"Hier scheiden sich die Wege, Pancrazi," sagte der
alte Prädikant und drückte dem Pater die Hand über den
Reisigwall hinweg, während das Mittelstück des Haus¬
thors unter dem Geheul der Belagerer auseinander¬
krachte. "Dein ist die Vorderthür. Unsern Rückzug
durch die hintere deckt die Flamme". Und er ent¬
zündete den Holzstoß. "Abgezogen, ihr evangelischen
Männer!" --

Während das Feuer in aufrechter Lohe durch die
luftige Bodenöffnung emporschlug, trat Jenatsch, die
Todte im Arme, aus dem Wohnraume in die flackernde
Helle.

In seiner Rechten leuchtete das lange Schwert,
auf dem linken Arme trug er, als spürte er die Last

„Auch gut, Kapuziner,“ ſagte Blaſius, der jetzt
mit beiden Armen Reiſigbündel und Stroh aus der
Küche ſchleppte und mit geübten Handgriffen im Gange
zwiſchen den beiden Hausthüren aufſchichtete. „Wir
heben uns von hinnen über den Bondascagletſcher ins
Bergell. Fauſch, alle Dachluken auf, damit es Luft
giebt! Und dann hierher!“

Fauſch krabbelte die Treppe herunter, beladen mit
allerlei Mundvorrath, den er oben gefunden hatte, und
Waſer ſah ſich jetzt nach Jenatſch um.

„Hier ſcheiden ſich die Wege, Pancrazi,“ ſagte der
alte Prädikant und drückte dem Pater die Hand über den
Reiſigwall hinweg, während das Mittelſtück des Haus¬
thors unter dem Geheul der Belagerer auseinander¬
krachte. „Dein iſt die Vorderthür. Unſern Rückzug
durch die hintere deckt die Flamme“. Und er ent¬
zündete den Holzſtoß. „Abgezogen, ihr evangeliſchen
Männer!“ —

Während das Feuer in aufrechter Lohe durch die
luftige Bodenöffnung emporſchlug, trat Jenatſch, die
Todte im Arme, aus dem Wohnraume in die flackernde
Helle.

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auf dem linken Arme trug er, als ſpürte er die Laſt

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[94/0104] „Auch gut, Kapuziner,“ ſagte Blaſius, der jetzt mit beiden Armen Reiſigbündel und Stroh aus der Küche ſchleppte und mit geübten Handgriffen im Gange zwiſchen den beiden Hausthüren aufſchichtete. „Wir heben uns von hinnen über den Bondascagletſcher ins Bergell. Fauſch, alle Dachluken auf, damit es Luft giebt! Und dann hierher!“ Fauſch krabbelte die Treppe herunter, beladen mit allerlei Mundvorrath, den er oben gefunden hatte, und Waſer ſah ſich jetzt nach Jenatſch um. „Hier ſcheiden ſich die Wege, Pancrazi,“ ſagte der alte Prädikant und drückte dem Pater die Hand über den Reiſigwall hinweg, während das Mittelſtück des Haus¬ thors unter dem Geheul der Belagerer auseinander¬ krachte. „Dein iſt die Vorderthür. Unſern Rückzug durch die hintere deckt die Flamme“. Und er ent¬ zündete den Holzſtoß. „Abgezogen, ihr evangeliſchen Männer!“ — Während das Feuer in aufrechter Lohe durch die luftige Bodenöffnung emporſchlug, trat Jenatſch, die Todte im Arme, aus dem Wohnraume in die flackernde Helle. In ſeiner Rechten leuchtete das lange Schwert, auf dem linken Arme trug er, als ſpürte er die Laſt

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/104>, abgerufen am 22.11.2024.