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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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fallende Lockenhaare verbargen, den Rosenkranz in der
Hand, stöhnend und betend. Neben ihm lag ein noch
rauchendes schwerfälliges Pistol.

Ohne Weiteres legte Blasius sein Gewehr auf ihn
an und streckte ihn mit einem Schusse durch die Schläfen
nieder. Dann trat er neben den auf das Angesicht
Hingesunkenen, drehte ihn um, betrachtete ihn und mur¬
melte: "Dacht' ich mir's doch -- ihr Bruder, der tolle
Agostino!" -- Eine Weile stand er horchend. Nun
schlich er über die Gartenmauer spähend wieder dem
Hause zu. Durch die Stille der Nacht drang ein un¬
gewisser Lärm an sein Ohr. "Zwei Vögelchen haben
gepfiffen," sagte er vor sich hin, "bald fliegt uns der
ganze Schwarm aufs Dach."

Mit einem Male scholl aus dem Dorfe ein gellen¬
des Geschrei, und jetzt dröhnte es über ihm, -- die
Kirchenglocke schlug an und läutete in hastigen Schwün¬
gen Sturm. Alexanders Blick fiel auf den wieder ins
Dunkel hinausleuchtenden Schein der verrätherischen
Lampe, er schlug die dicken Laden des Erdgeschosses zu
und schritt ins Haus zurück, in der Absicht es mit den
Freunden wie eine Festung bis auf den letzten Mann
zu vertheidigen; denn schon knallten Schüsse von der
Gasse her und Schläge fielen gegen die vordere Haus¬
thür. Fausch hatte sie eben verriegelt und stürzte die

fallende Lockenhaare verbargen, den Roſenkranz in der
Hand, ſtöhnend und betend. Neben ihm lag ein noch
rauchendes ſchwerfälliges Piſtol.

Ohne Weiteres legte Blaſius ſein Gewehr auf ihn
an und ſtreckte ihn mit einem Schuſſe durch die Schläfen
nieder. Dann trat er neben den auf das Angeſicht
Hingeſunkenen, drehte ihn um, betrachtete ihn und mur¬
melte: „Dacht' ich mir's doch — ihr Bruder, der tolle
Agoſtino!“ — Eine Weile ſtand er horchend. Nun
ſchlich er über die Gartenmauer ſpähend wieder dem
Hauſe zu. Durch die Stille der Nacht drang ein un¬
gewiſſer Lärm an ſein Ohr. „Zwei Vögelchen haben
gepfiffen,“ ſagte er vor ſich hin, „bald fliegt uns der
ganze Schwarm aufs Dach.“

Mit einem Male ſcholl aus dem Dorfe ein gellen¬
des Geſchrei, und jetzt dröhnte es über ihm, — die
Kirchenglocke ſchlug an und läutete in haſtigen Schwün¬
gen Sturm. Alexanders Blick fiel auf den wieder ins
Dunkel hinausleuchtenden Schein der verrätheriſchen
Lampe, er ſchlug die dicken Laden des Erdgeſchoſſes zu
und ſchritt ins Haus zurück, in der Abſicht es mit den
Freunden wie eine Feſtung bis auf den letzten Mann
zu vertheidigen; denn ſchon knallten Schüſſe von der
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[92/0102] fallende Lockenhaare verbargen, den Roſenkranz in der Hand, ſtöhnend und betend. Neben ihm lag ein noch rauchendes ſchwerfälliges Piſtol. Ohne Weiteres legte Blaſius ſein Gewehr auf ihn an und ſtreckte ihn mit einem Schuſſe durch die Schläfen nieder. Dann trat er neben den auf das Angeſicht Hingeſunkenen, drehte ihn um, betrachtete ihn und mur¬ melte: „Dacht' ich mir's doch — ihr Bruder, der tolle Agoſtino!“ — Eine Weile ſtand er horchend. Nun ſchlich er über die Gartenmauer ſpähend wieder dem Hauſe zu. Durch die Stille der Nacht drang ein un¬ gewiſſer Lärm an ſein Ohr. „Zwei Vögelchen haben gepfiffen,“ ſagte er vor ſich hin, „bald fliegt uns der ganze Schwarm aufs Dach.“ Mit einem Male ſcholl aus dem Dorfe ein gellen¬ des Geſchrei, und jetzt dröhnte es über ihm, — die Kirchenglocke ſchlug an und läutete in haſtigen Schwün¬ gen Sturm. Alexanders Blick fiel auf den wieder ins Dunkel hinausleuchtenden Schein der verrätheriſchen Lampe, er ſchlug die dicken Laden des Erdgeſchoſſes zu und ſchritt ins Haus zurück, in der Abſicht es mit den Freunden wie eine Feſtung bis auf den letzten Mann zu vertheidigen; denn ſchon knallten Schüſſe von der Gaſſe her und Schläge fielen gegen die vordere Haus¬ thür. Fauſch hatte ſie eben verriegelt und ſtürzte die

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/102>, abgerufen am 22.11.2024.