Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite
Novembersonne.
In den ächzenden Gewinden
Hat die Kelter sich gedreht,
Unter meinen alten Linden
Liegt das Laub hoch aufgeweht.
Dieser Erde Werke rasten,
Schon beginnt die Winterruh --
Sonne, noch mit unverblaßten,
Warmen Strahlen wanderst du!
Ehe sich das Jahr entlaubte,
Gingen, traun, sie müßig nie,
Nun an deinem lichten Haupte
Flammen unbeschäftigt sie.
Erst ein Ackerknecht und Schnitter,
Noch ein Traubenkoch zuletzt,
Bist du jetzt der freie Ritter,
Der sich auf der Fahrt ergetzt.
Und die Schüler, zu den Bänken
Kehrend, grüßen jubelvoll
Hingelagert vor den Schenken
Dich als Musengott Apoll.

Novembersonne.
In den ächzenden Gewinden
Hat die Kelter ſich gedreht,
Unter meinen alten Linden
Liegt das Laub hoch aufgeweht.
Dieſer Erde Werke raſten,
Schon beginnt die Winterruh —
Sonne, noch mit unverblaßten,
Warmen Strahlen wanderſt du!
Ehe ſich das Jahr entlaubte,
Gingen, traun, ſie müßig nie,
Nun an deinem lichten Haupte
Flammen unbeſchäftigt ſie.
Erſt ein Ackerknecht und Schnitter,
Noch ein Traubenkoch zuletzt,
Biſt du jetzt der freie Ritter,
Der ſich auf der Fahrt ergetzt.
Und die Schüler, zu den Bänken
Kehrend, grüßen jubelvoll
Hingelagert vor den Schenken
Dich als Muſengott Apoll.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0074" n="60"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Novembersonne.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>In den ächzenden Gewinden</l><lb/>
              <l>Hat die Kelter &#x017F;ich gedreht,</l><lb/>
              <l>Unter meinen alten Linden</l><lb/>
              <l>Liegt das Laub hoch aufgeweht.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Die&#x017F;er Erde Werke ra&#x017F;ten,</l><lb/>
              <l>Schon beginnt die Winterruh &#x2014;</l><lb/>
              <l>Sonne, noch mit unverblaßten,</l><lb/>
              <l>Warmen Strahlen wander&#x017F;t du!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Ehe &#x017F;ich das Jahr entlaubte,</l><lb/>
              <l>Gingen, traun, &#x017F;ie müßig nie,</l><lb/>
              <l>Nun an deinem lichten Haupte</l><lb/>
              <l>Flammen unbe&#x017F;chäftigt &#x017F;ie.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l>Er&#x017F;t ein Ackerknecht und Schnitter,</l><lb/>
              <l>Noch ein Traubenkoch zuletzt,</l><lb/>
              <l>Bi&#x017F;t du jetzt der freie Ritter,</l><lb/>
              <l>Der &#x017F;ich auf der Fahrt ergetzt.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="5">
              <l>Und die Schüler, zu den Bänken</l><lb/>
              <l>Kehrend, grüßen jubelvoll</l><lb/>
              <l>Hingelagert vor den Schenken</l><lb/>
              <l>Dich als Mu&#x017F;engott Apoll.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0074] Novembersonne. In den ächzenden Gewinden Hat die Kelter ſich gedreht, Unter meinen alten Linden Liegt das Laub hoch aufgeweht. Dieſer Erde Werke raſten, Schon beginnt die Winterruh — Sonne, noch mit unverblaßten, Warmen Strahlen wanderſt du! Ehe ſich das Jahr entlaubte, Gingen, traun, ſie müßig nie, Nun an deinem lichten Haupte Flammen unbeſchäftigt ſie. Erſt ein Ackerknecht und Schnitter, Noch ein Traubenkoch zuletzt, Biſt du jetzt der freie Ritter, Der ſich auf der Fahrt ergetzt. Und die Schüler, zu den Bänken Kehrend, grüßen jubelvoll Hingelagert vor den Schenken Dich als Muſengott Apoll.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/74
Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/74>, abgerufen am 26.11.2024.