Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite
II.
Nieder trägt der warme Föhn
Der Lawine fern Getön,
Hinter jenen hohen Föhren
Kann den dumpfen Schlag ich hören.
In des Lenzes blauen Schein
Aus der Scholle dunkelm Schrein
Drängt und drückt das neue Leben,
Lüftet Kleid und Decken eben --
Von derselben Kraft und Lust
Wächst das Herz mir in der Brust,
Heute kann es noch sich dehnen
Mit den Liedern, mit den Thränen!
Aber blauen wird ein Tag,
Da sich's nicht mehr dehnen mag --
Dann kommt mich der Lenz zu tödten
Mit den Veilchen, mit den Flöten.

II.
Nieder trägt der warme Föhn
Der Lawine fern Getön,
Hinter jenen hohen Föhren
Kann den dumpfen Schlag ich hören.
In des Lenzes blauen Schein
Aus der Scholle dunkelm Schrein
Drängt und drückt das neue Leben,
Lüftet Kleid und Decken eben —
Von derſelben Kraft und Luſt
Wächſt das Herz mir in der Bruſt,
Heute kann es noch ſich dehnen
Mit den Liedern, mit den Thränen!
Aber blauen wird ein Tag,
Da ſich's nicht mehr dehnen mag —
Dann kommt mich der Lenz zu tödten
Mit den Veilchen, mit den Flöten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0053" n="39"/>
          </div>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#aq">II</hi>.<lb/></head>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Nieder trägt der warme Föhn</l><lb/>
                <l>Der Lawine fern Getön,</l><lb/>
                <l>Hinter jenen hohen Föhren</l><lb/>
                <l>Kann den dumpfen Schlag ich hören.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="2">
                <l>In des Lenzes blauen Schein</l><lb/>
                <l>Aus der Scholle dunkelm Schrein</l><lb/>
                <l>Drängt und drückt das neue Leben,</l><lb/>
                <l>Lüftet Kleid und Decken eben &#x2014;</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="3">
                <l>Von der&#x017F;elben Kraft und Lu&#x017F;t</l><lb/>
                <l>Wäch&#x017F;t das Herz mir in der Bru&#x017F;t,</l><lb/>
                <l>Heute kann es noch &#x017F;ich dehnen</l><lb/>
                <l>Mit den Liedern, mit den Thränen!</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="4">
                <l>Aber blauen wird ein Tag,</l><lb/>
                <l>Da &#x017F;ich's nicht mehr dehnen mag &#x2014;</l><lb/>
                <l>Dann kommt mich der Lenz zu tödten</l><lb/>
                <l>Mit den Veilchen, mit den Flöten.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0053] II. Nieder trägt der warme Föhn Der Lawine fern Getön, Hinter jenen hohen Föhren Kann den dumpfen Schlag ich hören. In des Lenzes blauen Schein Aus der Scholle dunkelm Schrein Drängt und drückt das neue Leben, Lüftet Kleid und Decken eben — Von derſelben Kraft und Luſt Wächſt das Herz mir in der Bruſt, Heute kann es noch ſich dehnen Mit den Liedern, mit den Thränen! Aber blauen wird ein Tag, Da ſich's nicht mehr dehnen mag — Dann kommt mich der Lenz zu tödten Mit den Veilchen, mit den Flöten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/53
Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/53>, abgerufen am 25.11.2024.