Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.Regst, Bramante, die geschickten Hände du? Vollende doch! Diese Augen, sie erblickten Gerne deine Kuppel noch! Michel Angelo, willkommen! Warum schaust du wieder scheel? Dort erblick' ich meinen frommen, Meinen süßen Raphael! Als den Hirten nicht des Lammes, Bildet mich als Mosen ab, Der den Dränger seines Stammes Niederschlug mit wucht'gem Stab -- Wo die Wasserstürze tosen In die Brunnenschale jach, Setzet, Meister, mich als Mosen, Der die Felsenwand zerbrach! Moses bin ich, in dem Blitze Sinai's, in Rauch und Dampf: Meine donnernden Geschütze Enden flammend jeden Kampf! Mit den neugegoßnen Stücken Bring' ich Burg und Stadt zu Fall, Schmettre Breschen, breche Lücken In den stärksten Mauerwall! Falkner, sprich, was macht mein Sperber, Der die Klaue sich zerstieß? Marschalk, sag, wie lebt mein Berber, Den zu scharf ich jagen ließ? Regſt, Bramante, die geſchickten Hände du? Vollende doch! Dieſe Augen, ſie erblickten Gerne deine Kuppel noch! Michel Angelo, willkommen! Warum ſchauſt du wieder ſcheel? Dort erblick' ich meinen frommen, Meinen ſüßen Raphael! Als den Hirten nicht des Lammes, Bildet mich als Moſen ab, Der den Dränger ſeines Stammes Niederſchlug mit wucht'gem Stab — Wo die Waſſerſtürze toſen In die Brunnenſchale jach, Setzet, Meiſter, mich als Moſen, Der die Felſenwand zerbrach! Moſes bin ich, in dem Blitze Sinai's, in Rauch und Dampf: Meine donnernden Geſchütze Enden flammend jeden Kampf! Mit den neugegoßnen Stücken Bring' ich Burg und Stadt zu Fall, Schmettre Breſchen, breche Lücken In den ſtärkſten Mauerwall! Falkner, ſprich, was macht mein Sperber, Der die Klaue ſich zerſtieß? Marſchalk, ſag, wie lebt mein Berber, Den zu ſcharf ich jagen ließ? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0310" n="296"/> <lg n="4"> <l>Regſt, Bramante, die geſchickten</l><lb/> <l>Hände du? Vollende doch!</l><lb/> <l>Dieſe Augen, ſie erblickten</l><lb/> <l>Gerne deine Kuppel noch!</l><lb/> <l>Michel Angelo, willkommen!</l><lb/> <l>Warum ſchauſt du wieder ſcheel?</l><lb/> <l>Dort erblick' ich meinen frommen,</l><lb/> <l>Meinen ſüßen Raphael!</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Als den Hirten nicht des Lammes,</l><lb/> <l>Bildet mich als Moſen ab,</l><lb/> <l>Der den Dränger ſeines Stammes</l><lb/> <l>Niederſchlug mit wucht'gem Stab —</l><lb/> <l>Wo die Waſſerſtürze toſen</l><lb/> <l>In die Brunnenſchale jach,</l><lb/> <l>Setzet, Meiſter, mich als Moſen,</l><lb/> <l>Der die Felſenwand zerbrach!</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Moſes bin ich, in dem Blitze</l><lb/> <l>Sinai's, in Rauch und Dampf:</l><lb/> <l>Meine donnernden Geſchütze</l><lb/> <l>Enden flammend jeden Kampf!</l><lb/> <l>Mit den neugegoßnen Stücken</l><lb/> <l>Bring' ich Burg und Stadt zu Fall,</l><lb/> <l>Schmettre Breſchen, breche Lücken</l><lb/> <l>In den ſtärkſten Mauerwall!</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Falkner, ſprich, was macht mein Sperber,</l><lb/> <l>Der die Klaue ſich zerſtieß?</l><lb/> <l>Marſchalk, ſag, wie lebt mein Berber,</l><lb/> <l>Den zu ſcharf ich jagen ließ?</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [296/0310]
Regſt, Bramante, die geſchickten
Hände du? Vollende doch!
Dieſe Augen, ſie erblickten
Gerne deine Kuppel noch!
Michel Angelo, willkommen!
Warum ſchauſt du wieder ſcheel?
Dort erblick' ich meinen frommen,
Meinen ſüßen Raphael!
Als den Hirten nicht des Lammes,
Bildet mich als Moſen ab,
Der den Dränger ſeines Stammes
Niederſchlug mit wucht'gem Stab —
Wo die Waſſerſtürze toſen
In die Brunnenſchale jach,
Setzet, Meiſter, mich als Moſen,
Der die Felſenwand zerbrach!
Moſes bin ich, in dem Blitze
Sinai's, in Rauch und Dampf:
Meine donnernden Geſchütze
Enden flammend jeden Kampf!
Mit den neugegoßnen Stücken
Bring' ich Burg und Stadt zu Fall,
Schmettre Breſchen, breche Lücken
In den ſtärkſten Mauerwall!
Falkner, ſprich, was macht mein Sperber,
Der die Klaue ſich zerſtieß?
Marſchalk, ſag, wie lebt mein Berber,
Den zu ſcharf ich jagen ließ?
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/310 |
Zitationshilfe: | Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/310>, abgerufen am 16.07.2024. |