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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847.

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dagegen zeigen diejenige Form, welche das Werkstück nach und nach
durch die Bearbeitung erhalten wird.

Werden Steine von sehr feiner und zerbrechlicher Form ausge-
arbeitet, die später auf die Gerüste hinaufgeschafft werden sollen, wie
Säulencapitale, Steine mit sehr feinen Gliederungen etc., so werden
solche Steine vor dem Transport nach ihrem Lager an allen zerbrech-
lichen Punkten mit Gyps ausgegossen, und dieser Gyps wieder her-
ausgemeißelt, wenn die Steine in ihr Lager versetzt sind. Jm Alter-
thume dagegen verfuhr man nicht so, wie viele unfertig stehende Mo-
numente beweisen; man arbeitete den Stein damals nur nach rohen
Linien vor, versetzte ihn dann, und erst in seinem Lager gab man ihm
die erforderliche Form. Die jetzige Methode hat insofern den Vor-
zug, als die Steine bei gänzlicher vorheriger Bearbeitung viel leichter
an Gewicht für den Transport und die Aufziehzeuge werden, da der
eingegossene Gyps immer noch viel leichter ist, als wenn der Stein
nur nach rohen Umrissen bearbeitet, aufgezogen worden wäre.

Alle ebenen Flächen werden nach Quadratfußen berechnet
bezahlt, alle Gliederungen, Gesimse etc. nach laufenden Fußen,
alle Capitäle der Säulen, Füße derselben und einzelne Verzierungsstücke
Stückweise. Je nachdem die Steine weicher oder härter sind, je
nachdem wird für eine und dieselbe Arbeit ein geringerer oder höhe-
rer Preis bezahlt.

§. 92. Mauern von Quadersteinen.

Sie sind gewöhnlich von zweierlei Art, entweder die Mauern
bestehen ganz aus Quadern, oder sie sind nur mit Quadern verblen-
det, wie z. B. Plynthen, Futtermauern etc.

Bestehen sie ganz aus Quadern, so läßt man die Steine in ge-
hörigen Verband legen, und wechselt mit Streckern und Läufern ab,
oder wenn die Steine so dick sind wie die ganze Mauerstärke, so wer-
den alle Steine länglich und gleich groß, so daß man nur sogenannte
Läuferschichten im Verbande zu legen braucht. Da dergleichen volle
Steinmauern jedoch sehr kostbar werden, so kommen sie fast niemals
mehr vor, obgleich das Alterthum viele Beispiele davon aufweiset.

Werden die Mauern nur verblendet, so bedient man sich der
Platten und Bindersteine (oder Strecker) in der Art, daß ein Plat-
tenstein zwischen zwei Bindern zu liegen kommt. Jn der nächstfol-
genden Schicht liegen die Bindersteine auf den Mitten der darunter
folgenden Platten, so daß ein vollständiger Verband erzielt wird. Da-
mit die Plattensteine nicht nach vorn überfallen können, werden die

dagegen zeigen diejenige Form, welche das Werkſtück nach und nach
durch die Bearbeitung erhalten wird.

Werden Steine von ſehr feiner und zerbrechlicher Form ausge-
arbeitet, die ſpäter auf die Gerüſte hinaufgeſchafft werden ſollen, wie
Säulencapitale, Steine mit ſehr feinen Gliederungen ꝛc., ſo werden
ſolche Steine vor dem Transport nach ihrem Lager an allen zerbrech-
lichen Punkten mit Gyps ausgegoſſen, und dieſer Gyps wieder her-
ausgemeißelt, wenn die Steine in ihr Lager verſetzt ſind. Jm Alter-
thume dagegen verfuhr man nicht ſo, wie viele unfertig ſtehende Mo-
numente beweiſen; man arbeitete den Stein damals nur nach rohen
Linien vor, verſetzte ihn dann, und erſt in ſeinem Lager gab man ihm
die erforderliche Form. Die jetzige Methode hat inſofern den Vor-
zug, als die Steine bei gänzlicher vorheriger Bearbeitung viel leichter
an Gewicht für den Transport und die Aufziehzeuge werden, da der
eingegoſſene Gyps immer noch viel leichter iſt, als wenn der Stein
nur nach rohen Umriſſen bearbeitet, aufgezogen worden wäre.

Alle ebenen Flächen werden nach Quadratfußen berechnet
bezahlt, alle Gliederungen, Geſimſe ꝛc. nach laufenden Fußen,
alle Capitäle der Säulen, Füße derſelben und einzelne Verzierungsſtücke
Stückweiſe. Je nachdem die Steine weicher oder härter ſind, je
nachdem wird für eine und dieſelbe Arbeit ein geringerer oder höhe-
rer Preis bezahlt.

§. 92. Mauern von Quaderſteinen.

Sie ſind gewöhnlich von zweierlei Art, entweder die Mauern
beſtehen ganz aus Quadern, oder ſie ſind nur mit Quadern verblen-
det, wie z. B. Plynthen, Futtermauern ꝛc.

Beſtehen ſie ganz aus Quadern, ſo läßt man die Steine in ge-
hörigen Verband legen, und wechſelt mit Streckern und Läufern ab,
oder wenn die Steine ſo dick ſind wie die ganze Mauerſtärke, ſo wer-
den alle Steine länglich und gleich groß, ſo daß man nur ſogenannte
Läuferſchichten im Verbande zu legen braucht. Da dergleichen volle
Steinmauern jedoch ſehr koſtbar werden, ſo kommen ſie faſt niemals
mehr vor, obgleich das Alterthum viele Beiſpiele davon aufweiſet.

Werden die Mauern nur verblendet, ſo bedient man ſich der
Platten und Binderſteine (oder Strecker) in der Art, daß ein Plat-
tenſtein zwiſchen zwei Bindern zu liegen kommt. Jn der nächſtfol-
genden Schicht liegen die Binderſteine auf den Mitten der darunter
folgenden Platten, ſo daß ein vollſtändiger Verband erzielt wird. Da-
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[365/0375] dagegen zeigen diejenige Form, welche das Werkſtück nach und nach durch die Bearbeitung erhalten wird. Werden Steine von ſehr feiner und zerbrechlicher Form ausge- arbeitet, die ſpäter auf die Gerüſte hinaufgeſchafft werden ſollen, wie Säulencapitale, Steine mit ſehr feinen Gliederungen ꝛc., ſo werden ſolche Steine vor dem Transport nach ihrem Lager an allen zerbrech- lichen Punkten mit Gyps ausgegoſſen, und dieſer Gyps wieder her- ausgemeißelt, wenn die Steine in ihr Lager verſetzt ſind. Jm Alter- thume dagegen verfuhr man nicht ſo, wie viele unfertig ſtehende Mo- numente beweiſen; man arbeitete den Stein damals nur nach rohen Linien vor, verſetzte ihn dann, und erſt in ſeinem Lager gab man ihm die erforderliche Form. Die jetzige Methode hat inſofern den Vor- zug, als die Steine bei gänzlicher vorheriger Bearbeitung viel leichter an Gewicht für den Transport und die Aufziehzeuge werden, da der eingegoſſene Gyps immer noch viel leichter iſt, als wenn der Stein nur nach rohen Umriſſen bearbeitet, aufgezogen worden wäre. Alle ebenen Flächen werden nach Quadratfußen berechnet bezahlt, alle Gliederungen, Geſimſe ꝛc. nach laufenden Fußen, alle Capitäle der Säulen, Füße derſelben und einzelne Verzierungsſtücke Stückweiſe. Je nachdem die Steine weicher oder härter ſind, je nachdem wird für eine und dieſelbe Arbeit ein geringerer oder höhe- rer Preis bezahlt. §. 92. Mauern von Quaderſteinen. Sie ſind gewöhnlich von zweierlei Art, entweder die Mauern beſtehen ganz aus Quadern, oder ſie ſind nur mit Quadern verblen- det, wie z. B. Plynthen, Futtermauern ꝛc. Beſtehen ſie ganz aus Quadern, ſo läßt man die Steine in ge- hörigen Verband legen, und wechſelt mit Streckern und Läufern ab, oder wenn die Steine ſo dick ſind wie die ganze Mauerſtärke, ſo wer- den alle Steine länglich und gleich groß, ſo daß man nur ſogenannte Läuferſchichten im Verbande zu legen braucht. Da dergleichen volle Steinmauern jedoch ſehr koſtbar werden, ſo kommen ſie faſt niemals mehr vor, obgleich das Alterthum viele Beiſpiele davon aufweiſet. Werden die Mauern nur verblendet, ſo bedient man ſich der Platten und Binderſteine (oder Strecker) in der Art, daß ein Plat- tenſtein zwiſchen zwei Bindern zu liegen kommt. Jn der nächſtfol- genden Schicht liegen die Binderſteine auf den Mitten der darunter folgenden Platten, ſo daß ein vollſtändiger Verband erzielt wird. Da- mit die Plattenſteine nicht nach vorn überfallen können, werden die

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Zitationshilfe: Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/375>, abgerufen am 30.04.2024.