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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847.

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ergriffenen Mauerwerks, und gänzliche Erneuerung desselben. Selbst
die Anwendung des alten noch brauchbar scheinenden Materials darf
nicht stattfinden, weil es nie so gründlich gereinigt wird, daß man
ganz vor dem Wiederentstehen des Schwammes gesichert wäre. Das
übliche Herauskratzen der Wurzeln aus den Kalkfugen der Mauer,
das Anstreichen mit Vitriolöl etc. ist nie ganz sicher. Das Bestreichen
und Begießen mit scharfen Salzen und Salzlaugen aber tödtet zwar
den Holzschwamm, bringt aber dafür den Mauerfraß in die
Mauern, welches für diese noch schlimmer ist. Die Anwendung von
Quecksilberauflösung (Sublimat) vergiftet die Luft der Räume, und
darf nie verwendet werden.

(Ein Mehreres hierüber sehe man in:

1) Abhandlung über den Hausschwamm etc. von E. W. Bour-
wieg.
Stettin 1827. bei Morin.

2) Des Verfassers Abhandlung in: Jahrbuch der Baukunst etc.
II. Band. S. 157 etc. Eisleben, Reichardt.)

Der Mauerfraß, auch Salpeterfraß genannt. Der Mauer-
fraß ist an folgenden Erscheinungen kenntlich: Die Mauern, besonders
der untern Stockwerke, wo die Erdfeuchtigkeit durch ihr Aufsteigen
am meisten wirken kann, werden dunkelfleckig, feucht, es zeigt sich ein
schmutzigweißer schmieriger Ueberzug, im Jnnern am meisten, welcher
eine kalte, dumpfige und ungesunde Ausdünstung verbreitet. Zuweilen
zeigen sich an den Mauern dicke Salpeterkrystalle, welche man dick
abkratzen kann.

Die Wirkung des Mauerfraßes besteht darin, daß er den sämmt-
lichen Kalk, sowohl im Abputz als auch in den Fugen, gänzlich zer-
stört, so daß nichts von dem Mörtel übrig bleibt, als ein nach Sal-
peter schmeckender Sand. Die Zerstörung des Mörtelzusammenhan-
ges unter sich und mit den Mauersteinen ist so vollkommen, daß
man die einzelnen Mauersteine, ohne Gewalt anzuwenden, aus der
Mauer ziehen kann.

Der Mauerfraß zieht sich langsam, aber unaufhaltsam, von
unten nach der Höhe der Stockwerke, und herrscht besonders da, wo
Luft und Licht weniger Zutritt haben.

Er entsteht, wenn man z. B. Kalksteine zur Ausmauerung von
Kloaken und Düngergruben, Abtritten etc. verwendet, auch sind Steine
wozu Mergelerde gebraucht wurde, besonders zu Mauerfraßerzeugung
geneigt. Er entsteht ferner, wenn man zum Kalkmörtel Meeressand
verwendet, ohne ihn vorher gehörig ausgewaschen zu haben.

Mörtel, welcher mit salpetrigem Brunnenwasser gelöscht wurde,

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ergriffenen Mauerwerks, und gänzliche Erneuerung deſſelben. Selbſt
die Anwendung des alten noch brauchbar ſcheinenden Materials darf
nicht ſtattfinden, weil es nie ſo gründlich gereinigt wird, daß man
ganz vor dem Wiederentſtehen des Schwammes geſichert wäre. Das
übliche Herauskratzen der Wurzeln aus den Kalkfugen der Mauer,
das Anſtreichen mit Vitriolöl ꝛc. iſt nie ganz ſicher. Das Beſtreichen
und Begießen mit ſcharfen Salzen und Salzlaugen aber tödtet zwar
den Holzſchwamm, bringt aber dafür den Mauerfraß in die
Mauern, welches für dieſe noch ſchlimmer iſt. Die Anwendung von
Queckſilberauflöſung (Sublimat) vergiftet die Luft der Räume, und
darf nie verwendet werden.

(Ein Mehreres hierüber ſehe man in:

1) Abhandlung über den Hausſchwamm ꝛc. von E. W. Bour-
wieg.
Stettin 1827. bei Morin.

2) Des Verfaſſers Abhandlung in: Jahrbuch der Baukunſt ꝛc.
II. Band. S. 157 ꝛc. Eisleben, Reichardt.)

Der Mauerfraß, auch Salpeterfraß genannt. Der Mauer-
fraß iſt an folgenden Erſcheinungen kenntlich: Die Mauern, beſonders
der untern Stockwerke, wo die Erdfeuchtigkeit durch ihr Aufſteigen
am meiſten wirken kann, werden dunkelfleckig, feucht, es zeigt ſich ein
ſchmutzigweißer ſchmieriger Ueberzug, im Jnnern am meiſten, welcher
eine kalte, dumpfige und ungeſunde Ausdünſtung verbreitet. Zuweilen
zeigen ſich an den Mauern dicke Salpeterkryſtalle, welche man dick
abkratzen kann.

Die Wirkung des Mauerfraßes beſteht darin, daß er den ſämmt-
lichen Kalk, ſowohl im Abputz als auch in den Fugen, gänzlich zer-
ſtört, ſo daß nichts von dem Mörtel übrig bleibt, als ein nach Sal-
peter ſchmeckender Sand. Die Zerſtörung des Mörtelzuſammenhan-
ges unter ſich und mit den Mauerſteinen iſt ſo vollkommen, daß
man die einzelnen Mauerſteine, ohne Gewalt anzuwenden, aus der
Mauer ziehen kann.

Der Mauerfraß zieht ſich langſam, aber unaufhaltſam, von
unten nach der Höhe der Stockwerke, und herrſcht beſonders da, wo
Luft und Licht weniger Zutritt haben.

Er entſteht, wenn man z. B. Kalkſteine zur Ausmauerung von
Kloaken und Düngergruben, Abtritten ꝛc. verwendet, auch ſind Steine
wozu Mergelerde gebraucht wurde, beſonders zu Mauerfraßerzeugung
geneigt. Er entſteht ferner, wenn man zum Kalkmörtel Meeresſand
verwendet, ohne ihn vorher gehörig ausgewaſchen zu haben.

Mörtel, welcher mit ſalpetrigem Brunnenwaſſer gelöſcht wurde,

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[355/0365] ergriffenen Mauerwerks, und gänzliche Erneuerung deſſelben. Selbſt die Anwendung des alten noch brauchbar ſcheinenden Materials darf nicht ſtattfinden, weil es nie ſo gründlich gereinigt wird, daß man ganz vor dem Wiederentſtehen des Schwammes geſichert wäre. Das übliche Herauskratzen der Wurzeln aus den Kalkfugen der Mauer, das Anſtreichen mit Vitriolöl ꝛc. iſt nie ganz ſicher. Das Beſtreichen und Begießen mit ſcharfen Salzen und Salzlaugen aber tödtet zwar den Holzſchwamm, bringt aber dafür den Mauerfraß in die Mauern, welches für dieſe noch ſchlimmer iſt. Die Anwendung von Queckſilberauflöſung (Sublimat) vergiftet die Luft der Räume, und darf nie verwendet werden. (Ein Mehreres hierüber ſehe man in: 1) Abhandlung über den Hausſchwamm ꝛc. von E. W. Bour- wieg. Stettin 1827. bei Morin. 2) Des Verfaſſers Abhandlung in: Jahrbuch der Baukunſt ꝛc. II. Band. S. 157 ꝛc. Eisleben, Reichardt.) Der Mauerfraß, auch Salpeterfraß genannt. Der Mauer- fraß iſt an folgenden Erſcheinungen kenntlich: Die Mauern, beſonders der untern Stockwerke, wo die Erdfeuchtigkeit durch ihr Aufſteigen am meiſten wirken kann, werden dunkelfleckig, feucht, es zeigt ſich ein ſchmutzigweißer ſchmieriger Ueberzug, im Jnnern am meiſten, welcher eine kalte, dumpfige und ungeſunde Ausdünſtung verbreitet. Zuweilen zeigen ſich an den Mauern dicke Salpeterkryſtalle, welche man dick abkratzen kann. Die Wirkung des Mauerfraßes beſteht darin, daß er den ſämmt- lichen Kalk, ſowohl im Abputz als auch in den Fugen, gänzlich zer- ſtört, ſo daß nichts von dem Mörtel übrig bleibt, als ein nach Sal- peter ſchmeckender Sand. Die Zerſtörung des Mörtelzuſammenhan- ges unter ſich und mit den Mauerſteinen iſt ſo vollkommen, daß man die einzelnen Mauerſteine, ohne Gewalt anzuwenden, aus der Mauer ziehen kann. Der Mauerfraß zieht ſich langſam, aber unaufhaltſam, von unten nach der Höhe der Stockwerke, und herrſcht beſonders da, wo Luft und Licht weniger Zutritt haben. Er entſteht, wenn man z. B. Kalkſteine zur Ausmauerung von Kloaken und Düngergruben, Abtritten ꝛc. verwendet, auch ſind Steine wozu Mergelerde gebraucht wurde, beſonders zu Mauerfraßerzeugung geneigt. Er entſteht ferner, wenn man zum Kalkmörtel Meeresſand verwendet, ohne ihn vorher gehörig ausgewaſchen zu haben. Mörtel, welcher mit ſalpetrigem Brunnenwaſſer gelöſcht wurde, 23 *

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Zitationshilfe: Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/365>, abgerufen am 30.04.2024.