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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847.

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sehen, womit man die Steine hebt und an ihre bestimmten Stellen
hinschleift.

Ein ganz besonders nutzbares Gerüst ähnlicher Art, was jedoch
nur bei großen Bauten anwendbar ist, wurde bei dem sogenannten
Königsbau zu München angewendet. Wir geben die nachfolgende Be-
schreibung (nach der Wiener Bauzeitung Jahrgang 1837. No. 5 etc.).
Taf. IX. Fig. 212. stellt den Grundriß, 211 den Aufriß und 213.
die Seitenansicht vor.

Bei B. und C. (Fig. 212.) sind Tummelbäume aufgestellt, um
die Lasten aufziehen zu können, bei 2. sieht man die Rolle, über wel-
che das Seil läuft.

Die Erzielung der schnellmöglichsten Trockenheit war unerläß-
liche Bedingung, nicht allein für das Erdgeschoß, sondern auch für den
ganzen Bau, welcher mindestens 5 Jahre dauern mußte.

Diese Bedingung und um den Bau in jedem nächsten Frühjahre
sogleich wieder aufnehmen zu können, dann um der Unzuverlässigkeit
der Witterung, und dem daraus entspringenden Zeitverluste während
der Bauzeit begegnen zu können, ferner um den nöthigen Schutz für
die mancherlei Aufzugsmaschinen zu gewinnen, auch wegen der langen
Dauer des Baues, wurde es für unerläßlich erachtet, Schutzdachungen
herzustellen, welche in Absicht auf ihre öftere Höherstellung, und
dadurch bedingte Sicherheit gegen die Gefahr der Stürme, während
der langen Zeit ihres Bestandes einer sorgfältigen Beachtung um so
weniger unwürdig schienen, als dieselben endlich in jener Höhe zu ste-
hen kamen, daß selbst die eigentliche Kupferbedachung des mittleren
Hochbaues noch unter dem Schutz derselben bewerkstelligt werden konnte.

Es wurden der geringeren Höhe wegen mehrere kleine Dachun-
gen gewählt. Je zwei erhielten gemeinschaftlich eine nach vorn und
rückwärts hinlänglich geneigte Wasserrinne.

Die Auflagen der Dachungen liefen nach der Länge des Baues,
und ruhten auf Säulen, welche im Jnnern des Baues so angeordnet
waren, daß sie den Mauerarbeiten durchaus nicht hinderlich, sondern
zur Anhängung der Fußgerüste (Bettungen) und Lauftreppen dienlich
waren. Keine derselben berührte eine Mauer, oder ein durch-
ziehendes Boden- oder Deckenbalkenwerk,
sondern sie wa-
ren immer, so viele deren in jeder einzelnen Abtheilung des Baues
standen, durch möglichst lange Kreuzverbände nach allen Richtungen
hin, zur völligen Selbständigkeit gebracht, welches Prinzip in der gan-
zen Ausdehnung des Baues, so wie bei allen Erhöhungen dieser
Stützgerüste, durchgeführt ward.

Menzel, der praktische Maurer. 16

ſehen, womit man die Steine hebt und an ihre beſtimmten Stellen
hinſchleift.

Ein ganz beſonders nutzbares Gerüſt ähnlicher Art, was jedoch
nur bei großen Bauten anwendbar iſt, wurde bei dem ſogenannten
Königsbau zu München angewendet. Wir geben die nachfolgende Be-
ſchreibung (nach der Wiener Bauzeitung Jahrgang 1837. No. 5 ꝛc.).
Taf. IX. Fig. 212. ſtellt den Grundriß, 211 den Aufriß und 213.
die Seitenanſicht vor.

Bei B. und C. (Fig. 212.) ſind Tummelbäume aufgeſtellt, um
die Laſten aufziehen zu können, bei 2. ſieht man die Rolle, über wel-
che das Seil läuft.

Die Erzielung der ſchnellmöglichſten Trockenheit war unerläß-
liche Bedingung, nicht allein für das Erdgeſchoß, ſondern auch für den
ganzen Bau, welcher mindeſtens 5 Jahre dauern mußte.

Dieſe Bedingung und um den Bau in jedem nächſten Frühjahre
ſogleich wieder aufnehmen zu können, dann um der Unzuverläſſigkeit
der Witterung, und dem daraus entſpringenden Zeitverluſte während
der Bauzeit begegnen zu können, ferner um den nöthigen Schutz für
die mancherlei Aufzugsmaſchinen zu gewinnen, auch wegen der langen
Dauer des Baues, wurde es für unerläßlich erachtet, Schutzdachungen
herzuſtellen, welche in Abſicht auf ihre öftere Höherſtellung, und
dadurch bedingte Sicherheit gegen die Gefahr der Stürme, während
der langen Zeit ihres Beſtandes einer ſorgfältigen Beachtung um ſo
weniger unwürdig ſchienen, als dieſelben endlich in jener Höhe zu ſte-
hen kamen, daß ſelbſt die eigentliche Kupferbedachung des mittleren
Hochbaues noch unter dem Schutz derſelben bewerkſtelligt werden konnte.

Es wurden der geringeren Höhe wegen mehrere kleine Dachun-
gen gewählt. Je zwei erhielten gemeinſchaftlich eine nach vorn und
rückwärts hinlänglich geneigte Waſſerrinne.

Die Auflagen der Dachungen liefen nach der Länge des Baues,
und ruhten auf Säulen, welche im Jnnern des Baues ſo angeordnet
waren, daß ſie den Mauerarbeiten durchaus nicht hinderlich, ſondern
zur Anhängung der Fußgerüſte (Bettungen) und Lauftreppen dienlich
waren. Keine derſelben berührte eine Mauer, oder ein durch-
ziehendes Boden- oder Deckenbalkenwerk,
ſondern ſie wa-
ren immer, ſo viele deren in jeder einzelnen Abtheilung des Baues
ſtanden, durch möglichſt lange Kreuzverbände nach allen Richtungen
hin, zur völligen Selbſtändigkeit gebracht, welches Prinzip in der gan-
zen Ausdehnung des Baues, ſo wie bei allen Erhöhungen dieſer
Stützgerüſte, durchgeführt ward.

Menzel, der praktiſche Maurer. 16
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[241/0251] ſehen, womit man die Steine hebt und an ihre beſtimmten Stellen hinſchleift. Ein ganz beſonders nutzbares Gerüſt ähnlicher Art, was jedoch nur bei großen Bauten anwendbar iſt, wurde bei dem ſogenannten Königsbau zu München angewendet. Wir geben die nachfolgende Be- ſchreibung (nach der Wiener Bauzeitung Jahrgang 1837. No. 5 ꝛc.). Taf. IX. Fig. 212. ſtellt den Grundriß, 211 den Aufriß und 213. die Seitenanſicht vor. Bei B. und C. (Fig. 212.) ſind Tummelbäume aufgeſtellt, um die Laſten aufziehen zu können, bei 2. ſieht man die Rolle, über wel- che das Seil läuft. Die Erzielung der ſchnellmöglichſten Trockenheit war unerläß- liche Bedingung, nicht allein für das Erdgeſchoß, ſondern auch für den ganzen Bau, welcher mindeſtens 5 Jahre dauern mußte. Dieſe Bedingung und um den Bau in jedem nächſten Frühjahre ſogleich wieder aufnehmen zu können, dann um der Unzuverläſſigkeit der Witterung, und dem daraus entſpringenden Zeitverluſte während der Bauzeit begegnen zu können, ferner um den nöthigen Schutz für die mancherlei Aufzugsmaſchinen zu gewinnen, auch wegen der langen Dauer des Baues, wurde es für unerläßlich erachtet, Schutzdachungen herzuſtellen, welche in Abſicht auf ihre öftere Höherſtellung, und dadurch bedingte Sicherheit gegen die Gefahr der Stürme, während der langen Zeit ihres Beſtandes einer ſorgfältigen Beachtung um ſo weniger unwürdig ſchienen, als dieſelben endlich in jener Höhe zu ſte- hen kamen, daß ſelbſt die eigentliche Kupferbedachung des mittleren Hochbaues noch unter dem Schutz derſelben bewerkſtelligt werden konnte. Es wurden der geringeren Höhe wegen mehrere kleine Dachun- gen gewählt. Je zwei erhielten gemeinſchaftlich eine nach vorn und rückwärts hinlänglich geneigte Waſſerrinne. Die Auflagen der Dachungen liefen nach der Länge des Baues, und ruhten auf Säulen, welche im Jnnern des Baues ſo angeordnet waren, daß ſie den Mauerarbeiten durchaus nicht hinderlich, ſondern zur Anhängung der Fußgerüſte (Bettungen) und Lauftreppen dienlich waren. Keine derſelben berührte eine Mauer, oder ein durch- ziehendes Boden- oder Deckenbalkenwerk, ſondern ſie wa- ren immer, ſo viele deren in jeder einzelnen Abtheilung des Baues ſtanden, durch möglichſt lange Kreuzverbände nach allen Richtungen hin, zur völligen Selbſtändigkeit gebracht, welches Prinzip in der gan- zen Ausdehnung des Baues, ſo wie bei allen Erhöhungen dieſer Stützgerüſte, durchgeführt ward. Menzel, der praktiſche Maurer. 16

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Zitationshilfe: Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/251>, abgerufen am 04.05.2024.