bende Bemerkungen werden bei den einzelnen Gewölbearten weiter unten folgen.
Man kann auch die Gewölbestärke bestimmen, indem man für Gußgewölbe , für Mauerstein und für Haustein der lich- ten Weite des Gewölbes als Stärke des Gewölbes annimmt.
4) Wir haben in 2) dieses §. gesehen, daß jemehr die Tangen- ten der Fugenschnitte eines Bogens sich der lothrechten Linie nähern, um so geringer ist der Seitenschub der nach diesen Fugenschnitten lie- genden Steine.
Es wird also für jede Art von Bogen Steinlagen geben, wel- che einen geringeren, und solche, welche einen größeren Seitenschub üben. Aus demselben Grunde wird es für jeden Bogen Punkte ge- ben, wo die Steine dem Verschieben weniger ausgesetzt sind, als an anderen Punkten. Jeder Bogen wird also an verschiedenen Punkten seines Umkreises auch verschiedene Festigkeit haben, und die steilere Fläche wird demnach an sich fester sein als die flachere.
Betrachten wir nach diesen Voraussetzungen (Taf. V. Fig. 3.) den Halbkreisbogen abcde., so sehen wir, daß die Tangenten der Fugenschnitte von a. bis b. und von e. bis d. sich mehr der Loth- rechten nähern werden, als die Fugenschnitte von b. bis c. und von c. bis d. (wenn wir uns diese Tangenten gezogen dächten). Es wird also ab. und de. fester stehen als bc. und cd.
Bei dem Einsturze von Halbkreisgewölben hat sich allemal die- selbe Erscheinung gezeigt. Es öffnet sich nämlich ein solches Gewölbe bei den Punkten acd. nach innen, und bei den Punkten b. und d. nach außen. Diese beiden Punkte b. und d. nannte man die Bre- chungsfuge. Es liegt dieselbe ohngefähr 50° vom Scheitel des Halb- kreises entfernt.
Je mehr man also durch Wahl der Bogenlinie im Stande ist, die Brechungsfuge nach dem Scheitel hinzuschieben, oder was dasselbe ist, je steiler oder spitzer der Bogen wird, um so fester wird das Ge- wölbe und um so geringer sein Seitenschub.
Jn Fig. 112. sehen wir eine schwache Ueberhöhung des Halb- kreises, welche nur von oo. bis p. reicht, und wozu die Mittelpunkte in N. und N. liegen. Eine solche geringe Ueberhöhung nennt der Maurer das Stechen des Gewölbes. Jn Fig. 113. ist diese Ste- chung schon bedeutender, und durch sie hat sich der Halbkreis bereits in einen wirklichen Spitzbogen verwandelt, dessen beide Mittelpunkte NN. um etwas aus dem Mittelpunkte des Kreises gerückt sind und der in p. seinen Scheitel hat. Durch diese Stechung des Halbkreis-
bende Bemerkungen werden bei den einzelnen Gewölbearten weiter unten folgen.
Man kann auch die Gewölbeſtärke beſtimmen, indem man für Gußgewölbe , für Mauerſtein und für Hauſtein der lich- ten Weite des Gewölbes als Stärke des Gewölbes annimmt.
4) Wir haben in 2) dieſes §. geſehen, daß jemehr die Tangen- ten der Fugenſchnitte eines Bogens ſich der lothrechten Linie nähern, um ſo geringer iſt der Seitenſchub der nach dieſen Fugenſchnitten lie- genden Steine.
Es wird alſo für jede Art von Bogen Steinlagen geben, wel- che einen geringeren, und ſolche, welche einen größeren Seitenſchub üben. Aus demſelben Grunde wird es für jeden Bogen Punkte ge- ben, wo die Steine dem Verſchieben weniger ausgeſetzt ſind, als an anderen Punkten. Jeder Bogen wird alſo an verſchiedenen Punkten ſeines Umkreiſes auch verſchiedene Feſtigkeit haben, und die ſteilere Fläche wird demnach an ſich feſter ſein als die flachere.
Betrachten wir nach dieſen Vorausſetzungen (Taf. V. Fig. 3.) den Halbkreisbogen abcde., ſo ſehen wir, daß die Tangenten der Fugenſchnitte von a. bis b. und von e. bis d. ſich mehr der Loth- rechten nähern werden, als die Fugenſchnitte von b. bis c. und von c. bis d. (wenn wir uns dieſe Tangenten gezogen dächten). Es wird alſo ab. und de. feſter ſtehen als bc. und cd.
Bei dem Einſturze von Halbkreisgewölben hat ſich allemal die- ſelbe Erſcheinung gezeigt. Es öffnet ſich nämlich ein ſolches Gewölbe bei den Punkten acd. nach innen, und bei den Punkten b. und d. nach außen. Dieſe beiden Punkte b. und d. nannte man die Bre- chungsfuge. Es liegt dieſelbe ohngefähr 50° vom Scheitel des Halb- kreiſes entfernt.
Je mehr man alſo durch Wahl der Bogenlinie im Stande iſt, die Brechungsfuge nach dem Scheitel hinzuſchieben, oder was daſſelbe iſt, je ſteiler oder ſpitzer der Bogen wird, um ſo feſter wird das Ge- wölbe und um ſo geringer ſein Seitenſchub.
Jn Fig. 112. ſehen wir eine ſchwache Ueberhöhung des Halb- kreiſes, welche nur von oo. bis p. reicht, und wozu die Mittelpunkte in N. und N. liegen. Eine ſolche geringe Ueberhöhung nennt der Maurer das Stechen des Gewölbes. Jn Fig. 113. iſt dieſe Ste- chung ſchon bedeutender, und durch ſie hat ſich der Halbkreis bereits in einen wirklichen Spitzbogen verwandelt, deſſen beide Mittelpunkte NN. um etwas aus dem Mittelpunkte des Kreiſes gerückt ſind und der in p. ſeinen Scheitel hat. Durch dieſe Stechung des Halbkreis-
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unten folgen.
Man kann auch die Gewölbeſtärke beſtimmen, indem man für
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ten Weite des Gewölbes als Stärke des Gewölbes annimmt.
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ten der Fugenſchnitte eines Bogens ſich der lothrechten Linie nähern,
um ſo geringer iſt der Seitenſchub der nach dieſen Fugenſchnitten lie-
genden Steine.
Es wird alſo für jede Art von Bogen Steinlagen geben, wel-
che einen geringeren, und ſolche, welche einen größeren Seitenſchub
üben. Aus demſelben Grunde wird es für jeden Bogen Punkte ge-
ben, wo die Steine dem Verſchieben weniger ausgeſetzt ſind, als an
anderen Punkten. Jeder Bogen wird alſo an verſchiedenen Punkten
ſeines Umkreiſes auch verſchiedene Feſtigkeit haben, und die ſteilere
Fläche wird demnach an ſich feſter ſein als die flachere.
Betrachten wir nach dieſen Vorausſetzungen (Taf. V. Fig. 3.)
den Halbkreisbogen abcde., ſo ſehen wir, daß die Tangenten der
Fugenſchnitte von a. bis b. und von e. bis d. ſich mehr der Loth-
rechten nähern werden, als die Fugenſchnitte von b. bis c. und von
c. bis d. (wenn wir uns dieſe Tangenten gezogen dächten). Es wird
alſo ab. und de. feſter ſtehen als bc. und cd.
Bei dem Einſturze von Halbkreisgewölben hat ſich allemal die-
ſelbe Erſcheinung gezeigt. Es öffnet ſich nämlich ein ſolches Gewölbe
bei den Punkten acd. nach innen, und bei den Punkten b. und d.
nach außen. Dieſe beiden Punkte b. und d. nannte man die Bre-
chungsfuge. Es liegt dieſelbe ohngefähr 50° vom Scheitel des Halb-
kreiſes entfernt.
Je mehr man alſo durch Wahl der Bogenlinie im Stande iſt,
die Brechungsfuge nach dem Scheitel hinzuſchieben, oder was daſſelbe
iſt, je ſteiler oder ſpitzer der Bogen wird, um ſo feſter wird das Ge-
wölbe und um ſo geringer ſein Seitenſchub.
Jn Fig. 112. ſehen wir eine ſchwache Ueberhöhung des Halb-
kreiſes, welche nur von oo. bis p. reicht, und wozu die Mittelpunkte
in N. und N. liegen. Eine ſolche geringe Ueberhöhung nennt der
Maurer das Stechen des Gewölbes. Jn Fig. 113. iſt dieſe Ste-
chung ſchon bedeutender, und durch ſie hat ſich der Halbkreis bereits
in einen wirklichen Spitzbogen verwandelt, deſſen beide Mittelpunkte
NN. um etwas aus dem Mittelpunkte des Kreiſes gerückt ſind und
der in p. ſeinen Scheitel hat. Durch dieſe Stechung des Halbkreis-
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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/194>, abgerufen am 28.07.2024.
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