Nunmehr wurde der Begriff eines Handelsartikels von den Gegenständen des Bedürfnisses, die ein Land entbehrte, das andre im Überfluß besaß, auf alle mögliche Gegenstände ausgedehnt. Alles wurde über¬ flüssig, sobald der Verkauf desselben einen Vortheil brachte, und alles wurde Bedürfniß, dessen Ankauf denselben Vortheil gewährte. Die Kunst bestand jetzt nur noch darin, alles Vermögen beweglich zu machen, es zur Waare zu stempeln, den Vertrieb derselben zu befördern. Das Mittel dazu war das Geld, worein man jeden andern Besitz verwandeln konnte. Durch Geld wurde jeder Besitz veräußerlich, zum Austausch geschickt, beweglich, zugleich aber trat an die Stelle seines natürlichen und dauernden Werthes ein künst¬ licher und wechselnder, und auf dieses Steigen und Fallen des Werthes wurden die Speculationen des Kaufes und Verkaufes berechnet. Um das Handels¬ system zu vollenden, bedurfte es nur noch eines Schrit¬ tes, und man that ihn, indem man den Credit die weiteste Ausdehnung gab. Nachdem man alle nur erdenklichen physischen und sogar geistigen Güter zu Waare gemacht und in ein baares Vermögen ver¬ wandelt hatte, durfte man dieses baare Vermögen nur noch durch ein künstliches ins Unendliche vermeh¬ ren, um dem Handelsverkehr den größtmöglichen Um¬ fang und die größtmögliche Schnelligkeit zu geben. Mit dem geborgten Vermögen konnte man die unge¬ heuersten Speculationen machen, und mit hundertfach verstärkten Mitteln den hundertfachen Gewinn errei¬
Nunmehr wurde der Begriff eines Handelsartikels von den Gegenſtaͤnden des Beduͤrfniſſes, die ein Land entbehrte, das andre im Überfluß beſaß, auf alle moͤgliche Gegenſtaͤnde ausgedehnt. Alles wurde uͤber¬ fluͤſſig, ſobald der Verkauf deſſelben einen Vortheil brachte, und alles wurde Beduͤrfniß, deſſen Ankauf denſelben Vortheil gewaͤhrte. Die Kunſt beſtand jetzt nur noch darin, alles Vermoͤgen beweglich zu machen, es zur Waare zu ſtempeln, den Vertrieb derſelben zu befoͤrdern. Das Mittel dazu war das Geld, worein man jeden andern Beſitz verwandeln konnte. Durch Geld wurde jeder Beſitz veraͤußerlich, zum Austauſch geſchickt, beweglich, zugleich aber trat an die Stelle ſeines natuͤrlichen und dauernden Werthes ein kuͤnſt¬ licher und wechſelnder, und auf dieſes Steigen und Fallen des Werthes wurden die Speculationen des Kaufes und Verkaufes berechnet. Um das Handels¬ ſyſtem zu vollenden, bedurfte es nur noch eines Schrit¬ tes, und man that ihn, indem man den Credit die weiteſte Ausdehnung gab. Nachdem man alle nur erdenklichen phyſiſchen und ſogar geiſtigen Guͤter zu Waare gemacht und in ein baares Vermoͤgen ver¬ wandelt hatte, durfte man dieſes baare Vermoͤgen nur noch durch ein kuͤnſtliches ins Unendliche vermeh¬ ren, um dem Handelsverkehr den groͤßtmoͤglichen Um¬ fang und die groͤßtmoͤgliche Schnelligkeit zu geben. Mit dem geborgten Vermoͤgen konnte man die unge¬ heuerſten Speculationen machen, und mit hundertfach verſtaͤrkten Mitteln den hundertfachen Gewinn errei¬
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Nunmehr wurde der Begriff eines Handelsartikels
von den Gegenſtaͤnden des Beduͤrfniſſes, die ein Land
entbehrte, das andre im Überfluß beſaß, auf alle
moͤgliche Gegenſtaͤnde ausgedehnt. Alles wurde uͤber¬
fluͤſſig, ſobald der Verkauf deſſelben einen Vortheil
brachte, und alles wurde Beduͤrfniß, deſſen Ankauf
denſelben Vortheil gewaͤhrte. Die Kunſt beſtand jetzt
nur noch darin, alles Vermoͤgen beweglich zu machen,
es zur Waare zu ſtempeln, den Vertrieb derſelben
zu befoͤrdern. Das Mittel dazu war das Geld, worein
man jeden andern Beſitz verwandeln konnte. Durch
Geld wurde jeder Beſitz veraͤußerlich, zum Austauſch
geſchickt, beweglich, zugleich aber trat an die Stelle
ſeines natuͤrlichen und dauernden Werthes ein kuͤnſt¬
licher und wechſelnder, und auf dieſes Steigen und
Fallen des Werthes wurden die Speculationen des
Kaufes und Verkaufes berechnet. Um das Handels¬
ſyſtem zu vollenden, bedurfte es nur noch eines Schrit¬
tes, und man that ihn, indem man den Credit die
weiteſte Ausdehnung gab. Nachdem man alle nur
erdenklichen phyſiſchen und ſogar geiſtigen Guͤter zu
Waare gemacht und in ein baares Vermoͤgen ver¬
wandelt hatte, durfte man dieſes baare Vermoͤgen
nur noch durch ein kuͤnſtliches ins Unendliche vermeh¬
ren, um dem Handelsverkehr den groͤßtmoͤglichen Um¬
fang und die groͤßtmoͤgliche Schnelligkeit zu geben.
Mit dem geborgten Vermoͤgen konnte man die unge¬
heuerſten Speculationen machen, und mit hundertfach
verſtaͤrkten Mitteln den hundertfachen Gewinn errei¬
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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/49>, abgerufen am 24.11.2024.
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