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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828.

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den Affen Joko. Da sich die Ballette am meisten für
dergleichen eignen, so herrschen sie auch ungebührlich
vor und verdrängen die bessern Schauspiele. In die¬
ser sinnlichen Richtung sinkt das Theater am tiefsten
hinab und entfernt sich am weitesten von seinem ei¬
gentlichen Zweck. Es sucht entweder nur noch eine
malerische Wirkung hervorzubringen, oder gar nur
die Wirkung von Gauklereien, Seiltänzereien, Me¬
nagerien etc.

Die gräßlichen Schicksalsstücke haben wir schon
oben beleuchtet. Sie reihen sich jenen Curiositäts¬
stücken würdig an, indem sie die Bestialität nur in
die Menschheit hinüberpflanzen. Von den eigentli¬
chen Schicksalsstücken weichen die Delinquentenstücke,
die man von Frankreich borgt, zwar in der Tendenz,
aber nicht in der Wirkung ab. Sie wollen bei dem
Zuschauer theils haarsträubendes Entsetzen, theils die
Wollust der Grausamkeit wecken. Auch hier ist grobe
Sinnlichkeit mit im Spiel. Sie schmeicheln keinem
andern Sinn, als dem, welcher sich an Martern,
an Hinrichtungen weidet. Gräßliche Verbrechen, und
Mord aller Art ist ihr beständiger Gegenstand. Es
ist auffallend, wie nach einer so sanften, süßlich mil¬
den, sentimentalen Periode sowohl die Franzosen als
uns plötzlich diese Grausamkeit, dieser Blutdurst be¬
schlichen. Offenbar hat der Haß, der in der Revo¬
lution gesäet worden, und die Gewohnheit des Kriegs
diese Veränderung in den Neigungen hervorgebracht.
Den Franzosen ist sie natürlicher, wir dürfen uns

den Affen Joko. Da ſich die Ballette am meiſten fuͤr
dergleichen eignen, ſo herrſchen ſie auch ungebuͤhrlich
vor und verdraͤngen die beſſern Schauſpiele. In die¬
ſer ſinnlichen Richtung ſinkt das Theater am tiefſten
hinab und entfernt ſich am weiteſten von ſeinem ei¬
gentlichen Zweck. Es ſucht entweder nur noch eine
maleriſche Wirkung hervorzubringen, oder gar nur
die Wirkung von Gauklereien, Seiltaͤnzereien, Me¬
nagerien ꝛc.

Die graͤßlichen Schickſalsſtuͤcke haben wir ſchon
oben beleuchtet. Sie reihen ſich jenen Curioſitaͤts¬
ſtuͤcken wuͤrdig an, indem ſie die Beſtialitaͤt nur in
die Menſchheit hinuͤberpflanzen. Von den eigentli¬
chen Schickſalsſtuͤcken weichen die Delinquentenſtuͤcke,
die man von Frankreich borgt, zwar in der Tendenz,
aber nicht in der Wirkung ab. Sie wollen bei dem
Zuſchauer theils haarſtraͤubendes Entſetzen, theils die
Wolluſt der Grauſamkeit wecken. Auch hier iſt grobe
Sinnlichkeit mit im Spiel. Sie ſchmeicheln keinem
andern Sinn, als dem, welcher ſich an Martern,
an Hinrichtungen weidet. Graͤßliche Verbrechen, und
Mord aller Art iſt ihr beſtaͤndiger Gegenſtand. Es
iſt auffallend, wie nach einer ſo ſanften, ſuͤßlich mil¬
den, ſentimentalen Periode ſowohl die Franzoſen als
uns ploͤtzlich dieſe Grauſamkeit, dieſer Blutdurſt be¬
ſchlichen. Offenbar hat der Haß, der in der Revo¬
lution geſaͤet worden, und die Gewohnheit des Kriegs
dieſe Veraͤnderung in den Neigungen hervorgebracht.
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[263/0273] den Affen Joko. Da ſich die Ballette am meiſten fuͤr dergleichen eignen, ſo herrſchen ſie auch ungebuͤhrlich vor und verdraͤngen die beſſern Schauſpiele. In die¬ ſer ſinnlichen Richtung ſinkt das Theater am tiefſten hinab und entfernt ſich am weiteſten von ſeinem ei¬ gentlichen Zweck. Es ſucht entweder nur noch eine maleriſche Wirkung hervorzubringen, oder gar nur die Wirkung von Gauklereien, Seiltaͤnzereien, Me¬ nagerien ꝛc. Die graͤßlichen Schickſalsſtuͤcke haben wir ſchon oben beleuchtet. Sie reihen ſich jenen Curioſitaͤts¬ ſtuͤcken wuͤrdig an, indem ſie die Beſtialitaͤt nur in die Menſchheit hinuͤberpflanzen. Von den eigentli¬ chen Schickſalsſtuͤcken weichen die Delinquentenſtuͤcke, die man von Frankreich borgt, zwar in der Tendenz, aber nicht in der Wirkung ab. Sie wollen bei dem Zuſchauer theils haarſtraͤubendes Entſetzen, theils die Wolluſt der Grauſamkeit wecken. Auch hier iſt grobe Sinnlichkeit mit im Spiel. Sie ſchmeicheln keinem andern Sinn, als dem, welcher ſich an Martern, an Hinrichtungen weidet. Graͤßliche Verbrechen, und Mord aller Art iſt ihr beſtaͤndiger Gegenſtand. Es iſt auffallend, wie nach einer ſo ſanften, ſuͤßlich mil¬ den, ſentimentalen Periode ſowohl die Franzoſen als uns ploͤtzlich dieſe Grauſamkeit, dieſer Blutdurſt be¬ ſchlichen. Offenbar hat der Haß, der in der Revo¬ lution geſaͤet worden, und die Gewohnheit des Kriegs dieſe Veraͤnderung in den Neigungen hervorgebracht. Den Franzoſen iſt ſie natuͤrlicher, wir duͤrfen uns

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Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/273>, abgerufen am 24.11.2024.