nen Parallelisirung aller natürlichen Dinge, je nach¬ dem sie an den einen oder andern Pol oder in die bindende Mitte fallen. Drittens aber wird dieses System durch die Gradation charakterisirt, in wel¬ cher es die natürlichen Dinge an jenen Polen ablau¬ fen läßt.
Der Grundsatz des ganzen Systems ist sehr ein¬ fach, wie es jede Wahrheit zu seyn pflegt, aber be¬ quem und nachlässig ist sie nur denjenigen erschienen, welche von der ungeheuern Aufgabe, die noch darin liegt, keine Ahnung haben, und mit dem daraus ent¬ springenden Parallelisiren ein blos witziges Spiel trie¬ ben, oder den Empirikern, welche vor Naturalien¬ kabinetten und Experimenten nie zur Natur kommen können, wie die Philologen vor Büchern und Wor¬ ten nicht zum Geist, die sich verachten würden, wenn der mühsame Fleiß ihres ganzen Lebens sich statt auf Folianten auf ein Kartenblatt schreiben ließe, und deren Ehrgeiz es ist, nicht das Schwierige leicht, sondern das Leichte schwierig zu machen.
So einfach der Grundsatz jenes Systems ist, so läßt es doch nach innen und nach außen noch eine unendliche Entwicklung zu. Die Einheit der Natur muß in ihrer ganzen Tiefe, der Gegensatz in seiner ganzen Schärfe verfolgt und aus die Thatsachen der Natur in ihrem ganzen Umfang angewendet werden. Tiefsinn, Scharfsinn, Combinationsvermögen auf der einen, Beobachtungsgabe, Fleiß und Erfahrung in der praktischen Naturerforschung auf der andern Seite
nen Paralleliſirung aller natuͤrlichen Dinge, je nach¬ dem ſie an den einen oder andern Pol oder in die bindende Mitte fallen. Drittens aber wird dieſes Syſtem durch die Gradation charakteriſirt, in wel¬ cher es die natuͤrlichen Dinge an jenen Polen ablau¬ fen laͤßt.
Der Grundſatz des ganzen Syſtems iſt ſehr ein¬ fach, wie es jede Wahrheit zu ſeyn pflegt, aber be¬ quem und nachlaͤſſig iſt ſie nur denjenigen erſchienen, welche von der ungeheuern Aufgabe, die noch darin liegt, keine Ahnung haben, und mit dem daraus ent¬ ſpringenden Paralleliſiren ein blos witziges Spiel trie¬ ben, oder den Empirikern, welche vor Naturalien¬ kabinetten und Experimenten nie zur Natur kommen koͤnnen, wie die Philologen vor Buͤchern und Wor¬ ten nicht zum Geiſt, die ſich verachten wuͤrden, wenn der muͤhſame Fleiß ihres ganzen Lebens ſich ſtatt auf Folianten auf ein Kartenblatt ſchreiben ließe, und deren Ehrgeiz es iſt, nicht das Schwierige leicht, ſondern das Leichte ſchwierig zu machen.
So einfach der Grundſatz jenes Syſtems iſt, ſo laͤßt es doch nach innen und nach außen noch eine unendliche Entwicklung zu. Die Einheit der Natur muß in ihrer ganzen Tiefe, der Gegenſatz in ſeiner ganzen Schaͤrfe verfolgt und aus die Thatſachen der Natur in ihrem ganzen Umfang angewendet werden. Tiefſinn, Scharfſinn, Combinationsvermoͤgen auf der einen, Beobachtungsgabe, Fleiß und Erfahrung in der praktiſchen Naturerforſchung auf der andern Seite
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nen Paralleliſirung aller natuͤrlichen Dinge, je nach¬
dem ſie an den einen oder andern Pol oder in die
bindende Mitte fallen. Drittens aber wird dieſes
Syſtem durch die Gradation charakteriſirt, in wel¬
cher es die natuͤrlichen Dinge an jenen Polen ablau¬
fen laͤßt.
Der Grundſatz des ganzen Syſtems iſt ſehr ein¬
fach, wie es jede Wahrheit zu ſeyn pflegt, aber be¬
quem und nachlaͤſſig iſt ſie nur denjenigen erſchienen,
welche von der ungeheuern Aufgabe, die noch darin
liegt, keine Ahnung haben, und mit dem daraus ent¬
ſpringenden Paralleliſiren ein blos witziges Spiel trie¬
ben, oder den Empirikern, welche vor Naturalien¬
kabinetten und Experimenten nie zur Natur kommen
koͤnnen, wie die Philologen vor Buͤchern und Wor¬
ten nicht zum Geiſt, die ſich verachten wuͤrden, wenn
der muͤhſame Fleiß ihres ganzen Lebens ſich ſtatt auf
Folianten auf ein Kartenblatt ſchreiben ließe, und
deren Ehrgeiz es iſt, nicht das Schwierige leicht,
ſondern das Leichte ſchwierig zu machen.
So einfach der Grundſatz jenes Syſtems iſt, ſo
laͤßt es doch nach innen und nach außen noch eine
unendliche Entwicklung zu. Die Einheit der Natur
muß in ihrer ganzen Tiefe, der Gegenſatz in ſeiner
ganzen Schaͤrfe verfolgt und aus die Thatſachen der
Natur in ihrem ganzen Umfang angewendet werden.
Tiefſinn, Scharfſinn, Combinationsvermoͤgen auf der
einen, Beobachtungsgabe, Fleiß und Erfahrung in
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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/26>, abgerufen am 24.11.2024.
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