artig nach der größten Ausdehnung ihrer Macht strebt. Zwei Extreme und Übel werden da gefunden werden, wo der Mittelpunkt des Staats, die Cen¬ tralverwaltung schwankt, und da, wo es keinen Ge¬ genpunkt mehr gibt, wo die Verwaltung mit despo¬ tischer Consequenz alles beherrscht. In der Mitte wird das einzige Gute liegen, die Freiheit der Mu¬ nicipalität bis auf einen gewissen Grad, und von da an die Kraft der Centralgewalt. Jede gute Republik hat eine solche Centralgewalt, jede gute Monarchie eine solche Municipalfreiheit geschaffen. Weil jene gemangelt, ist das deutsche Reich untergegangen; weil diese gefehlt, ist in Frankreich die Revolution ausgebrochen.
Zu dem natürlichen Interesse der Centralgewal¬ ten ist in der neuern Zeit noch ein wissenschaftliches gekommen. Das Regieren ist eine Wissenschaft ge¬ worden, und diese stellt gleichsam ihre physikalischen oder pädagogischen Experimente mit den Völ¬ kern an. Alle Zweige der Staatsverwaltung sind in System und Schule gebracht bis auf die Polizei herab, und an die Stelle eines lebendigen Organis¬ mus tritt eine todte Staatsmechanik. Dasselbe Sy¬ stem, was nur für den größten Staat gilt, wendet man komisch genug auch auf den kleinsten an; was für ein phlegmatisches Volk gilt, auf ein cholerisches; was für ein gebildetes gilt, auf ein rohes und um¬ gekehrt.
artig nach der groͤßten Ausdehnung ihrer Macht ſtrebt. Zwei Extreme und Übel werden da gefunden werden, wo der Mittelpunkt des Staats, die Cen¬ tralverwaltung ſchwankt, und da, wo es keinen Ge¬ genpunkt mehr gibt, wo die Verwaltung mit deſpo¬ tiſcher Conſequenz alles beherrſcht. In der Mitte wird das einzige Gute liegen, die Freiheit der Mu¬ nicipalitaͤt bis auf einen gewiſſen Grad, und von da an die Kraft der Centralgewalt. Jede gute Republik hat eine ſolche Centralgewalt, jede gute Monarchie eine ſolche Municipalfreiheit geſchaffen. Weil jene gemangelt, iſt das deutſche Reich untergegangen; weil dieſe gefehlt, iſt in Frankreich die Revolution ausgebrochen.
Zu dem natuͤrlichen Intereſſe der Centralgewal¬ ten iſt in der neuern Zeit noch ein wiſſenſchaftliches gekommen. Das Regieren iſt eine Wiſſenſchaft ge¬ worden, und dieſe ſtellt gleichſam ihre phyſikaliſchen oder paͤdagogiſchen Experimente mit den Voͤl¬ kern an. Alle Zweige der Staatsverwaltung ſind in Syſtem und Schule gebracht bis auf die Polizei herab, und an die Stelle eines lebendigen Organis¬ mus tritt eine todte Staatsmechanik. Daſſelbe Sy¬ ſtem, was nur fuͤr den groͤßten Staat gilt, wendet man komiſch genug auch auf den kleinſten an; was fuͤr ein phlegmatiſches Volk gilt, auf ein choleriſches; was fuͤr ein gebildetes gilt, auf ein rohes und um¬ gekehrt.
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artig nach der groͤßten Ausdehnung ihrer Macht
ſtrebt. Zwei Extreme und Übel werden da gefunden
werden, wo der Mittelpunkt des Staats, die Cen¬
tralverwaltung ſchwankt, und da, wo es keinen Ge¬
genpunkt mehr gibt, wo die Verwaltung mit deſpo¬
tiſcher Conſequenz alles beherrſcht. In der Mitte
wird das einzige Gute liegen, die Freiheit der Mu¬
nicipalitaͤt bis auf einen gewiſſen Grad, und von da
an die Kraft der Centralgewalt. Jede gute Republik
hat eine ſolche Centralgewalt, jede gute Monarchie
eine ſolche Municipalfreiheit geſchaffen. Weil jene
gemangelt, iſt das deutſche Reich untergegangen;
weil dieſe gefehlt, iſt in Frankreich die Revolution
ausgebrochen.
Zu dem natuͤrlichen Intereſſe der Centralgewal¬
ten iſt in der neuern Zeit noch ein wiſſenſchaftliches
gekommen. Das Regieren iſt eine Wiſſenſchaft ge¬
worden, und dieſe ſtellt gleichſam ihre phyſikaliſchen
oder paͤdagogiſchen Experimente mit den Voͤl¬
kern an. Alle Zweige der Staatsverwaltung ſind
in Syſtem und Schule gebracht bis auf die Polizei
herab, und an die Stelle eines lebendigen Organis¬
mus tritt eine todte Staatsmechanik. Daſſelbe Sy¬
ſtem, was nur fuͤr den groͤßten Staat gilt, wendet
man komiſch genug auch auf den kleinſten an; was
fuͤr ein phlegmatiſches Volk gilt, auf ein choleriſches;
was fuͤr ein gebildetes gilt, auf ein rohes und um¬
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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/255>, abgerufen am 23.11.2024.
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