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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.

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hat er in Fichte, seinen größten Dichter in Schiller
gefunden.

Der Liberalismus geht nicht von der Gesellschaft,
sondern vom Individuum aus. Die Quelle aller sei¬
ner Forderungen für die Gesellschaft ist der freie
Wille, die Selbstbestimmung des Einzelnen.

Er ist daher im innersten Princip der Religion
entgegengesetzt, wie auch die Füchse und Schafe un¬
ter ihnen heuchlerisch oder gutmüthig den Glauben
dabei zu retten versucht haben. Wo die Selbstbe¬
stimmung eintritt, fällt jede fremde Autorität, also
auch die göttliche hinweg, und wenn man, wie ge¬
wöhnlich geschieht, Gott in der eignen Willenskraft
sucht, so ist diese Apotheose der Selbstbestimmung
doch nur ein sehr überflüssiger Pleonasmus. Wenn
Gott im Ich befindlich ist, so ist er nur noch ein
bloßer Name und es wäre wohl am Ich genug. Die
Liberalen bauen keine Kirche, sie zerstören sie nur.

Wird das Princip der Selbstbestimmung in der
Gesellschaft geltend gemacht, so erfolgt daraus mit
Nothwendigkeit der contrat social. Durch die Selbst¬
bestimmung sind alle Menschen frei, folglich gleich,
und ihr Staat kann sich nur auf gemeinschaftliche
Übereinkunft gründen. Man entlehnt die Beispiele
für die Möglichkeit eines solchen Zustandes aus den
alten Republiken, aus der altgermanischen Verfassung
und aus neuen Republiken, betrachtet diese jedoch
nur als unvollkommene Darstellungen des absoluten
Freistaates und sucht diesen erst in der Zukunft.

hat er in Fichte, ſeinen groͤßten Dichter in Schiller
gefunden.

Der Liberalismus geht nicht von der Geſellſchaft,
ſondern vom Individuum aus. Die Quelle aller ſei¬
ner Forderungen fuͤr die Geſellſchaft iſt der freie
Wille, die Selbſtbeſtimmung des Einzelnen.

Er iſt daher im innerſten Princip der Religion
entgegengeſetzt, wie auch die Fuͤchſe und Schafe un¬
ter ihnen heuchleriſch oder gutmuͤthig den Glauben
dabei zu retten verſucht haben. Wo die Selbſtbe¬
ſtimmung eintritt, faͤllt jede fremde Autoritaͤt, alſo
auch die goͤttliche hinweg, und wenn man, wie ge¬
woͤhnlich geſchieht, Gott in der eignen Willenskraft
ſucht, ſo iſt dieſe Apotheoſe der Selbſtbeſtimmung
doch nur ein ſehr uͤberfluͤſſiger Pleonasmus. Wenn
Gott im Ich befindlich iſt, ſo iſt er nur noch ein
bloßer Name und es waͤre wohl am Ich genug. Die
Liberalen bauen keine Kirche, ſie zerſtoͤren ſie nur.

Wird das Princip der Selbſtbeſtimmung in der
Geſellſchaft geltend gemacht, ſo erfolgt daraus mit
Nothwendigkeit der contrat social. Durch die Selbſt¬
beſtimmung ſind alle Menſchen frei, folglich gleich,
und ihr Staat kann ſich nur auf gemeinſchaftliche
Übereinkunft gruͤnden. Man entlehnt die Beiſpiele
fuͤr die Moͤglichkeit eines ſolchen Zuſtandes aus den
alten Republiken, aus der altgermaniſchen Verfaſſung
und aus neuen Republiken, betrachtet dieſe jedoch
nur als unvollkommene Darſtellungen des abſoluten
Freiſtaates und ſucht dieſen erſt in der Zukunft.

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[224/0234] hat er in Fichte, ſeinen groͤßten Dichter in Schiller gefunden. Der Liberalismus geht nicht von der Geſellſchaft, ſondern vom Individuum aus. Die Quelle aller ſei¬ ner Forderungen fuͤr die Geſellſchaft iſt der freie Wille, die Selbſtbeſtimmung des Einzelnen. Er iſt daher im innerſten Princip der Religion entgegengeſetzt, wie auch die Fuͤchſe und Schafe un¬ ter ihnen heuchleriſch oder gutmuͤthig den Glauben dabei zu retten verſucht haben. Wo die Selbſtbe¬ ſtimmung eintritt, faͤllt jede fremde Autoritaͤt, alſo auch die goͤttliche hinweg, und wenn man, wie ge¬ woͤhnlich geſchieht, Gott in der eignen Willenskraft ſucht, ſo iſt dieſe Apotheoſe der Selbſtbeſtimmung doch nur ein ſehr uͤberfluͤſſiger Pleonasmus. Wenn Gott im Ich befindlich iſt, ſo iſt er nur noch ein bloßer Name und es waͤre wohl am Ich genug. Die Liberalen bauen keine Kirche, ſie zerſtoͤren ſie nur. Wird das Princip der Selbſtbeſtimmung in der Geſellſchaft geltend gemacht, ſo erfolgt daraus mit Nothwendigkeit der contrat social. Durch die Selbſt¬ beſtimmung ſind alle Menſchen frei, folglich gleich, und ihr Staat kann ſich nur auf gemeinſchaftliche Übereinkunft gruͤnden. Man entlehnt die Beiſpiele fuͤr die Moͤglichkeit eines ſolchen Zuſtandes aus den alten Republiken, aus der altgermaniſchen Verfaſſung und aus neuen Republiken, betrachtet dieſe jedoch nur als unvollkommene Darſtellungen des abſoluten Freiſtaates und ſucht dieſen erſt in der Zukunft.

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Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/234>, abgerufen am 25.11.2024.