Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.ferner in dem Umstande, daß die kirchlichen Fragen Die ganze Geschichte des Christenthums, ja so¬ ferner in dem Umſtande, daß die kirchlichen Fragen Die ganze Geſchichte des Chriſtenthums, ja ſo¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0103" n="93"/> ferner in dem Umſtande, daß die kirchlichen Fragen<lb/> von wiſſenſchaftlichen, oͤkonomiſchen und politiſchen<lb/> ein wenig beſeitigt worden ſind, und man ſich nicht<lb/> ausſchließlich mehr fuͤr die Kirchenſache intereſſiren<lb/> mag. Mitten im Frieden aber zeigt man ſich von<lb/> Zeit zu Zeit die Waffen und macht drohende Bewe¬<lb/> gungen, die immer wieder von wichtigen politiſchen<lb/> Bewegungen verſchlungen werden. Man darf be¬<lb/> haupten, unſre Zeit ſey ſo ſehr von politiſchem Intereſſe<lb/> beherrſcht, daß die religioͤſen Bewegungen, die ſich<lb/> zeigen, nur aus den politiſchen gefolgert werden koͤn¬<lb/> nen, daß ſie ſogar kuͤnſtlich durch dieſe erzeugt wer¬<lb/> den. Die einzige unabhaͤngige, rein religioͤſe Bewe¬<lb/> gung, die durch den Druck politiſcher Verhaͤltniſſe<lb/> zwar genaͤhrt, aber auf keine Weiſe von der Politik<lb/> organiſirt wird, iſt die pietiſtiſche, und auch aus die¬<lb/> ſem Grund muß man dem Pietismus mehr reelle<lb/> Kraft zuſchreiben, als den verbrauchten Maſchine¬<lb/> rien andrer Parteien.</p><lb/> <p>Die ganze Geſchichte des Chriſtenthums, ja ſo¬<lb/> gar des Heidenthums, und vielleicht auch des kuͤnf¬<lb/> tigen Chriſtenthums hat in Deutſchland und in der<lb/> Literatur ihre Repraͤſentanten. In der katholiſchen<lb/> Kirche ſtehen ſich noch immer die biſchoͤfliche und<lb/> papiſtiſche Partei gegenuͤber, und von Zeit zu Zeit<lb/> kommen noch bald Myſtiker, bald Dominikaner, bald<lb/> Reformatoren zum Vorſchein. Die Proteſtanten re¬<lb/> praͤſentiren theils die aͤltern Chriſten, theils die kuͤnf¬<lb/> tigen, und bei ihnen erblicken wir nicht nur alle<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [93/0103]
ferner in dem Umſtande, daß die kirchlichen Fragen
von wiſſenſchaftlichen, oͤkonomiſchen und politiſchen
ein wenig beſeitigt worden ſind, und man ſich nicht
ausſchließlich mehr fuͤr die Kirchenſache intereſſiren
mag. Mitten im Frieden aber zeigt man ſich von
Zeit zu Zeit die Waffen und macht drohende Bewe¬
gungen, die immer wieder von wichtigen politiſchen
Bewegungen verſchlungen werden. Man darf be¬
haupten, unſre Zeit ſey ſo ſehr von politiſchem Intereſſe
beherrſcht, daß die religioͤſen Bewegungen, die ſich
zeigen, nur aus den politiſchen gefolgert werden koͤn¬
nen, daß ſie ſogar kuͤnſtlich durch dieſe erzeugt wer¬
den. Die einzige unabhaͤngige, rein religioͤſe Bewe¬
gung, die durch den Druck politiſcher Verhaͤltniſſe
zwar genaͤhrt, aber auf keine Weiſe von der Politik
organiſirt wird, iſt die pietiſtiſche, und auch aus die¬
ſem Grund muß man dem Pietismus mehr reelle
Kraft zuſchreiben, als den verbrauchten Maſchine¬
rien andrer Parteien.
Die ganze Geſchichte des Chriſtenthums, ja ſo¬
gar des Heidenthums, und vielleicht auch des kuͤnf¬
tigen Chriſtenthums hat in Deutſchland und in der
Literatur ihre Repraͤſentanten. In der katholiſchen
Kirche ſtehen ſich noch immer die biſchoͤfliche und
papiſtiſche Partei gegenuͤber, und von Zeit zu Zeit
kommen noch bald Myſtiker, bald Dominikaner, bald
Reformatoren zum Vorſchein. Die Proteſtanten re¬
praͤſentiren theils die aͤltern Chriſten, theils die kuͤnf¬
tigen, und bei ihnen erblicken wir nicht nur alle
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