sächsischen Vorfahren geerbt, bei denen sie, wie bei allen deutschen Stämmen, ursprünglich heimisch ge¬ wesen. Die Form ist hier, wie überall, so sehr Trä¬ gerin des Geistes, daß die Erscheinung der Geschwo¬ rengerichte das ganze römische Rechtssystem zu er¬ schüttern scheint. Die Aufmerksamkeit ist auf diesen Gegenstand häufig gelenkt worden und die Gemüther sind nicht kalt geblieben. Die unter Citaten und Acten ergrauten Romanisten und Bereaukraten sind hoch¬ müthig ausgefahren gegen den überrheinischen Natu¬ ralismus, und die Advokaten der Rheinlande haben mit einem Mutterwitz zu antworten gewußt, der ih¬ nen alle Ehre macht.
Mittelbar ist die Partei, die an der öffentlichen Rechtspflege hängt, durch die Bemühungen der histo¬ rischen Juristen Savigny, Mittermaier, Eichhorn und andrer unterstützt worden, da dieselben die alten deutschen Rechte immer vollständiger ans Licht gezo¬ gen und commentirt haben, jene Rechte, welche den Ursprung, die lange Dauer und die Vortheile der öffentlichen Formen ausweisen, und uns klar ma¬ chen, daß die offenen Volksgerichte in Deutschland älter sind, als die heimlichen Papiergerichte, das Leben älter, als die Bücher, das Recht älter, als die Juristen. --
Die äußern Verhältnisse der Staaten gegenein¬ ander beschäftigen jetzt jede Spinnstube so lebhaft als ehemals den römischen Senat. Ihrer Erörterung
ſaͤchſiſchen Vorfahren geerbt, bei denen ſie, wie bei allen deutſchen Staͤmmen, urſpruͤnglich heimiſch ge¬ weſen. Die Form iſt hier, wie uͤberall, ſo ſehr Traͤ¬ gerin des Geiſtes, daß die Erſcheinung der Geſchwo¬ rengerichte das ganze roͤmiſche Rechtsſyſtem zu er¬ ſchuͤttern ſcheint. Die Aufmerkſamkeit iſt auf dieſen Gegenſtand haͤufig gelenkt worden und die Gemuͤther ſind nicht kalt geblieben. Die unter Citaten und Acten ergrauten Romaniſten und Bereaukraten ſind hoch¬ muͤthig ausgefahren gegen den uͤberrheiniſchen Natu¬ ralismus, und die Advokaten der Rheinlande haben mit einem Mutterwitz zu antworten gewußt, der ih¬ nen alle Ehre macht.
Mittelbar iſt die Partei, die an der oͤffentlichen Rechtspflege haͤngt, durch die Bemuͤhungen der hiſto¬ riſchen Juriſten Savigny, Mittermaier, Eichhorn und andrer unterſtuͤtzt worden, da dieſelben die alten deutſchen Rechte immer vollſtaͤndiger ans Licht gezo¬ gen und commentirt haben, jene Rechte, welche den Urſprung, die lange Dauer und die Vortheile der oͤffentlichen Formen ausweiſen, und uns klar ma¬ chen, daß die offenen Volksgerichte in Deutſchland aͤlter ſind, als die heimlichen Papiergerichte, das Leben aͤlter, als die Buͤcher, das Recht aͤlter, als die Juriſten. —
Die aͤußern Verhaͤltniſſe der Staaten gegenein¬ ander beſchaͤftigen jetzt jede Spinnſtube ſo lebhaft als ehemals den roͤmiſchen Senat. Ihrer Eroͤrterung
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ſaͤchſiſchen Vorfahren geerbt, bei denen ſie, wie bei
allen deutſchen Staͤmmen, urſpruͤnglich heimiſch ge¬
weſen. Die Form iſt hier, wie uͤberall, ſo ſehr Traͤ¬
gerin des Geiſtes, daß die Erſcheinung der Geſchwo¬
rengerichte das ganze roͤmiſche Rechtsſyſtem zu er¬
ſchuͤttern ſcheint. Die Aufmerkſamkeit iſt auf dieſen
Gegenſtand haͤufig gelenkt worden und die Gemuͤther
ſind nicht kalt geblieben. Die unter Citaten und Acten
ergrauten Romaniſten und Bereaukraten ſind hoch¬
muͤthig ausgefahren gegen den uͤberrheiniſchen Natu¬
ralismus, und die Advokaten der Rheinlande haben
mit einem Mutterwitz zu antworten gewußt, der ih¬
nen alle Ehre macht.
Mittelbar iſt die Partei, die an der oͤffentlichen
Rechtspflege haͤngt, durch die Bemuͤhungen der hiſto¬
riſchen Juriſten Savigny, Mittermaier, Eichhorn
und andrer unterſtuͤtzt worden, da dieſelben die alten
deutſchen Rechte immer vollſtaͤndiger ans Licht gezo¬
gen und commentirt haben, jene Rechte, welche den
Urſprung, die lange Dauer und die Vortheile der
oͤffentlichen Formen ausweiſen, und uns klar ma¬
chen, daß die offenen Volksgerichte in Deutſchland
aͤlter ſind, als die heimlichen Papiergerichte, das
Leben aͤlter, als die Buͤcher, das Recht aͤlter, als
die Juriſten. —
Die aͤußern Verhaͤltniſſe der Staaten gegenein¬
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als ehemals den roͤmiſchen Senat. Ihrer Eroͤrterung
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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/266>, abgerufen am 17.07.2024.
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