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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Ueber das Wesen der Güter.
steht, dass die Existenz dieser Verhältnisse als Güter etwas
Auffälliges an sich habe und dem unbefangenen Auge wie eine
Anomalie erscheine, so liegt der Grund hievon, wie ich glaube,
in der That etwas tiefer, als in dem unbewusst auch hier wir-
kenden realistischen Zuge unserer Zeit, welche nur Stoffe und
Kräfte (Sachgüter und Arbeitsleistungen) als Dinge, und somit
auch nur solche als Güter anerkennt.

Es ist von juristischer Seite schon mehrfach hervorgehoben
worden, dass unsere Sprache keinen Ausdruck für "nützliche Hand-
lungen" im Allgemeinen, sondern nur einen solchen für "Arbeits-
leistungen" habe. Nun giebt es aber eine Reihe von Handlungen, ja
selbst von blossen Unterlassungen, welche, ohne dass man sie Arbeits-
leistungen nennen kann, doch für bestimmte Personen entschieden
nützlich sind, ja einen sehr bedeutenden wirthschaftlichen Werth
haben. Der Umstand, dass Jemand bei mir seine Waaren einkauft,
oder meine Dienste als Advocat in Anspruch nimmt, ist sicher-
lich keine Arbeitsleistung desselben, aber eine mir nützliche
Handlung, und der Umstand, dass ein wohlhabender Arzt,
der in einem kleinen Landstädtchen wohnt, wo sich ausser ihm
nur noch ein anderer Arzt befindet, die Praxis auszuüben unter-
lässt, ist noch viel weniger eine Arbeitsleistung des Ersteren zu
nennen, aber jedenfalls eine für den Letzteren, der hierdurch
zum Monopolisten wird, sehr nützliche Unterlassung. Der Um-
stand, dass eine grössere oder kleinere Anzahl von Personen
(z. B. eine Anzahl von Kunden) solche irgend einer Person (z. B.
einem Krämer) nützliche Handlungen regelmässig ausübt, ver-
ändert die Natur dieser letzteren nicht, so wie der Umstand,
dass von Seiten einiger oder sämmtlicher Bewohner eines Ortes,
beziehungsweise eines Staates, gewisse einer Person nützliche
Unterlassungen freiwillig oder durch rechtlichen Zwang erfolgen
(natürliche oder rechtliche Monopole, Verlagsrechte, Marken-
schutz etc.), die Natur dieser nützlichen Unterlassungen durch-
aus nicht ändert. Was man demnach Kunden-Kreise, Publicum,
Monopole etc. nennt, sind, vom wirthschaftlichen Standpunkte
aus betrachtet, nützliche Handlungen, beziehungsweise Unter-
lassungen anderer Personen, oder aber, wie dies zum Beispiel
bei Firmen der Fall zu sein pflegt, Gesammtheiten von
Sachgütern, Arbeitsleistungen und sonstigen nützlichen Hand-

Ueber das Wesen der Güter.
steht, dass die Existenz dieser Verhältnisse als Güter etwas
Auffälliges an sich habe und dem unbefangenen Auge wie eine
Anomalie erscheine, so liegt der Grund hievon, wie ich glaube,
in der That etwas tiefer, als in dem unbewusst auch hier wir-
kenden realistischen Zuge unserer Zeit, welche nur Stoffe und
Kräfte (Sachgüter und Arbeitsleistungen) als Dinge, und somit
auch nur solche als Güter anerkennt.

Es ist von juristischer Seite schon mehrfach hervorgehoben
worden, dass unsere Sprache keinen Ausdruck für „nützliche Hand-
lungen“ im Allgemeinen, sondern nur einen solchen für „Arbeits-
leistungen“ habe. Nun giebt es aber eine Reihe von Handlungen, ja
selbst von blossen Unterlassungen, welche, ohne dass man sie Arbeits-
leistungen nennen kann, doch für bestimmte Personen entschieden
nützlich sind, ja einen sehr bedeutenden wirthschaftlichen Werth
haben. Der Umstand, dass Jemand bei mir seine Waaren einkauft,
oder meine Dienste als Advocat in Anspruch nimmt, ist sicher-
lich keine Arbeitsleistung desselben, aber eine mir nützliche
Handlung, und der Umstand, dass ein wohlhabender Arzt,
der in einem kleinen Landstädtchen wohnt, wo sich ausser ihm
nur noch ein anderer Arzt befindet, die Praxis auszuüben unter-
lässt, ist noch viel weniger eine Arbeitsleistung des Ersteren zu
nennen, aber jedenfalls eine für den Letzteren, der hierdurch
zum Monopolisten wird, sehr nützliche Unterlassung. Der Um-
stand, dass eine grössere oder kleinere Anzahl von Personen
(z. B. eine Anzahl von Kunden) solche irgend einer Person (z. B.
einem Krämer) nützliche Handlungen regelmässig ausübt, ver-
ändert die Natur dieser letzteren nicht, so wie der Umstand,
dass von Seiten einiger oder sämmtlicher Bewohner eines Ortes,
beziehungsweise eines Staates, gewisse einer Person nützliche
Unterlassungen freiwillig oder durch rechtlichen Zwang erfolgen
(natürliche oder rechtliche Monopole, Verlagsrechte, Marken-
schutz etc.), die Natur dieser nützlichen Unterlassungen durch-
aus nicht ändert. Was man demnach Kunden-Kreise, Publicum,
Monopole etc. nennt, sind, vom wirthschaftlichen Standpunkte
aus betrachtet, nützliche Handlungen, beziehungsweise Unter-
lassungen anderer Personen, oder aber, wie dies zum Beispiel
bei Firmen der Fall zu sein pflegt, Gesammtheiten von
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[6/0024] Ueber das Wesen der Güter. steht, dass die Existenz dieser Verhältnisse als Güter etwas Auffälliges an sich habe und dem unbefangenen Auge wie eine Anomalie erscheine, so liegt der Grund hievon, wie ich glaube, in der That etwas tiefer, als in dem unbewusst auch hier wir- kenden realistischen Zuge unserer Zeit, welche nur Stoffe und Kräfte (Sachgüter und Arbeitsleistungen) als Dinge, und somit auch nur solche als Güter anerkennt. Es ist von juristischer Seite schon mehrfach hervorgehoben worden, dass unsere Sprache keinen Ausdruck für „nützliche Hand- lungen“ im Allgemeinen, sondern nur einen solchen für „Arbeits- leistungen“ habe. Nun giebt es aber eine Reihe von Handlungen, ja selbst von blossen Unterlassungen, welche, ohne dass man sie Arbeits- leistungen nennen kann, doch für bestimmte Personen entschieden nützlich sind, ja einen sehr bedeutenden wirthschaftlichen Werth haben. Der Umstand, dass Jemand bei mir seine Waaren einkauft, oder meine Dienste als Advocat in Anspruch nimmt, ist sicher- lich keine Arbeitsleistung desselben, aber eine mir nützliche Handlung, und der Umstand, dass ein wohlhabender Arzt, der in einem kleinen Landstädtchen wohnt, wo sich ausser ihm nur noch ein anderer Arzt befindet, die Praxis auszuüben unter- lässt, ist noch viel weniger eine Arbeitsleistung des Ersteren zu nennen, aber jedenfalls eine für den Letzteren, der hierdurch zum Monopolisten wird, sehr nützliche Unterlassung. Der Um- stand, dass eine grössere oder kleinere Anzahl von Personen (z. B. eine Anzahl von Kunden) solche irgend einer Person (z. B. einem Krämer) nützliche Handlungen regelmässig ausübt, ver- ändert die Natur dieser letzteren nicht, so wie der Umstand, dass von Seiten einiger oder sämmtlicher Bewohner eines Ortes, beziehungsweise eines Staates, gewisse einer Person nützliche Unterlassungen freiwillig oder durch rechtlichen Zwang erfolgen (natürliche oder rechtliche Monopole, Verlagsrechte, Marken- schutz etc.), die Natur dieser nützlichen Unterlassungen durch- aus nicht ändert. Was man demnach Kunden-Kreise, Publicum, Monopole etc. nennt, sind, vom wirthschaftlichen Standpunkte aus betrachtet, nützliche Handlungen, beziehungsweise Unter- lassungen anderer Personen, oder aber, wie dies zum Beispiel bei Firmen der Fall zu sein pflegt, Gesammtheiten von Sachgütern, Arbeitsleistungen und sonstigen nützlichen Hand-

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/24>, abgerufen am 21.11.2024.