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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Gebrauchswerth und Tauschwerth.
Der leitende Gedanke der gesammten wirthschaftlichen Thätig-
keit der Menschen ist die möglichst vollständige Befriedigung
ihrer Bedürfnisse. Sind nun mit Rücksicht auf die directe
Verwendung eines Gutes wichtigere Bedürfnissbefriedigungen der
wirthschaftenden Subjecte durch dasselbe sichergestellt, als bei
indirecter Verwendung, ist es demnach sicher, dass, wofern das
wirthschaftende Subject ein Gut in indirecter Weise zur Be-
friedigung seiner Bedürfnisse heranziehen würde, wichtigere
Bedürfnisse desselben unbefriedigt bleiben müssten, als bei der
directen Verwendung, so kann kein Zweifel darüber bestehen,
dass der Gebrauchswerth desselben der für das wirthschaftliche
Bewusstsein und für das ökonomische Handeln des betreffenden
wirthschaftenden Subjectes Bestimmende sein wird, im umge-
kehrten Falle aber der Tauschwerth. Die im erstern Falle bei
directer, im zweiten Falle aber bei indirecter Verwendung der
Güter gesicherten Bedürfnissbefriedigungen sind nämlich die-
jenigen, die bei wirthschaftenden Individuen jedenfalls erfolgen
würden und demnach von ihnen entbehrt werden müssten, wo-
fern sie über die betreffenden Güter nicht verfügen würden.
Es ist demnach in allen Fällen, wo ein Gut für dessen Besitzer
sowohl Gebrauchswerth, als auch Tauschwerth hat, derjenige
der ökonomische, welcher der grössere ist. Es ist aber nach
dem, was wir im vierten Capitel sagten, klar, dass in allen
Fällen, wo die Grundlagen eines ökonomischen Tausches vor-
handen sind, der Tauschwerth, dort, wo dies nicht der Fall ist,
der Gebrauchswerth der Güter der ökonomische ist.

c) Ueber den Wechsel im ökonomischen Schwerpunkte des Güterwerthes.

Den ökonomischen Werth der Güter zu erkennen, das ist,
jeweilig darüber im Klaren zu sein, ob ihr Gebrauchswerth oder
ihr Tauschwerth der ökonomische ist, gehört zu den wichtigsten
Aufgaben der wirthschaftenden Menschen. Von dieser Erkennt-
niss hängt nämlich die Entscheidung der Frage ab, welche Güter,
beziehungsweise welche Theilquantitäten derselben, in ihrem
Besitze zu behalten, und welche zur Veräusserung zu bringen
in ihrem ökonomischen Interesse liegt. Die richtige Beurtheilung

Gebrauchswerth und Tauschwerth.
Der leitende Gedanke der gesammten wirthschaftlichen Thätig-
keit der Menschen ist die möglichst vollständige Befriedigung
ihrer Bedürfnisse. Sind nun mit Rücksicht auf die directe
Verwendung eines Gutes wichtigere Bedürfnissbefriedigungen der
wirthschaftenden Subjecte durch dasselbe sichergestellt, als bei
indirecter Verwendung, ist es demnach sicher, dass, wofern das
wirthschaftende Subject ein Gut in indirecter Weise zur Be-
friedigung seiner Bedürfnisse heranziehen würde, wichtigere
Bedürfnisse desselben unbefriedigt bleiben müssten, als bei der
directen Verwendung, so kann kein Zweifel darüber bestehen,
dass der Gebrauchswerth desselben der für das wirthschaftliche
Bewusstsein und für das ökonomische Handeln des betreffenden
wirthschaftenden Subjectes Bestimmende sein wird, im umge-
kehrten Falle aber der Tauschwerth. Die im erstern Falle bei
directer, im zweiten Falle aber bei indirecter Verwendung der
Güter gesicherten Bedürfnissbefriedigungen sind nämlich die-
jenigen, die bei wirthschaftenden Individuen jedenfalls erfolgen
würden und demnach von ihnen entbehrt werden müssten, wo-
fern sie über die betreffenden Güter nicht verfügen würden.
Es ist demnach in allen Fällen, wo ein Gut für dessen Besitzer
sowohl Gebrauchswerth, als auch Tauschwerth hat, derjenige
der ökonomische, welcher der grössere ist. Es ist aber nach
dem, was wir im vierten Capitel sagten, klar, dass in allen
Fällen, wo die Grundlagen eines ökonomischen Tausches vor-
handen sind, der Tauschwerth, dort, wo dies nicht der Fall ist,
der Gebrauchswerth der Güter der ökonomische ist.

c) Ueber den Wechsel im ökonomischen Schwerpunkte des Güterwerthes.

Den ökonomischen Werth der Güter zu erkennen, das ist,
jeweilig darüber im Klaren zu sein, ob ihr Gebrauchswerth oder
ihr Tauschwerth der ökonomische ist, gehört zu den wichtigsten
Aufgaben der wirthschaftenden Menschen. Von dieser Erkennt-
niss hängt nämlich die Entscheidung der Frage ab, welche Güter,
beziehungsweise welche Theilquantitäten derselben, in ihrem
Besitze zu behalten, und welche zur Veräusserung zu bringen
in ihrem ökonomischen Interesse liegt. Die richtige Beurtheilung

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[219/0237] Gebrauchswerth und Tauschwerth. Der leitende Gedanke der gesammten wirthschaftlichen Thätig- keit der Menschen ist die möglichst vollständige Befriedigung ihrer Bedürfnisse. Sind nun mit Rücksicht auf die directe Verwendung eines Gutes wichtigere Bedürfnissbefriedigungen der wirthschaftenden Subjecte durch dasselbe sichergestellt, als bei indirecter Verwendung, ist es demnach sicher, dass, wofern das wirthschaftende Subject ein Gut in indirecter Weise zur Be- friedigung seiner Bedürfnisse heranziehen würde, wichtigere Bedürfnisse desselben unbefriedigt bleiben müssten, als bei der directen Verwendung, so kann kein Zweifel darüber bestehen, dass der Gebrauchswerth desselben der für das wirthschaftliche Bewusstsein und für das ökonomische Handeln des betreffenden wirthschaftenden Subjectes Bestimmende sein wird, im umge- kehrten Falle aber der Tauschwerth. Die im erstern Falle bei directer, im zweiten Falle aber bei indirecter Verwendung der Güter gesicherten Bedürfnissbefriedigungen sind nämlich die- jenigen, die bei wirthschaftenden Individuen jedenfalls erfolgen würden und demnach von ihnen entbehrt werden müssten, wo- fern sie über die betreffenden Güter nicht verfügen würden. Es ist demnach in allen Fällen, wo ein Gut für dessen Besitzer sowohl Gebrauchswerth, als auch Tauschwerth hat, derjenige der ökonomische, welcher der grössere ist. Es ist aber nach dem, was wir im vierten Capitel sagten, klar, dass in allen Fällen, wo die Grundlagen eines ökonomischen Tausches vor- handen sind, der Tauschwerth, dort, wo dies nicht der Fall ist, der Gebrauchswerth der Güter der ökonomische ist. c) Ueber den Wechsel im ökonomischen Schwerpunkte des Güterwerthes. Den ökonomischen Werth der Güter zu erkennen, das ist, jeweilig darüber im Klaren zu sein, ob ihr Gebrauchswerth oder ihr Tauschwerth der ökonomische ist, gehört zu den wichtigsten Aufgaben der wirthschaftenden Menschen. Von dieser Erkennt- niss hängt nämlich die Entscheidung der Frage ab, welche Güter, beziehungsweise welche Theilquantitäten derselben, in ihrem Besitze zu behalten, und welche zur Veräusserung zu bringen in ihrem ökonomischen Interesse liegt. Die richtige Beurtheilung

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/237>, abgerufen am 27.11.2024.