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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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aus, indem wir die Ansichten unserer Vorgänger zu
unserem geistigen Besitze machen, aber nirgends
davor zurückschrecken, dieselben zu prüfen, von Lehr-
meinungen an die Erfahrung, von Menschengedanken
an die Natur der Dinge zu appelliren.

Auf diesem Boden stehen wir. Wir waren in dem
Nachfolgenden bemüht, die complicirten Erscheinungen
der menschlichen Wirthschaft auf ihre einfachsten, der
sicheren Beobachtung noch zugänglichen Elemente zurück-
zuführen, an diese letztern das ihrer Natur entsprechende
Mass zu legen und mit Festhaltung desselben wieder zu
untersuchen, wie sich die complicirteren wirthschaft-
lichen Erscheinungen aus ihren Elementen gesetzmässig
entwickeln.

Es ist dies jene Methode der Forschung, welche, in
den Naturwissenschaften zur Geltung gelangt, zu so
grossen Resultaten führte und desshalb in missverständ-
licher Weise auch die naturwissenschaftliche genannt
wird, während sie doch allen Erfahrungswissenschaften
gemeinsam ist und richtiger die empirische genannt
werden sollte. Es ist diese Unterscheidung aber desshalb
von Wichtigkeit, weil jede Methode durch die Natur des
Wissensgebietes, auf welchem sie zur Anwendung kommt,
ihren besonderen Charakter erhält und demnach von
einer naturwissenschaftlichen Richtung in unserer Wissen-
schaft füglich nicht die Rede sein kann.

Die bisherigen Versuche, die Eigenthümlichkeiten
der naturwissenschaftlichen Methode der Forschung
kritiklos auf die Volkswirthschaftslehre zu übertragen,
haben denn auch zu den schwersten methodischen Miss-
griffen und zu einem leeren Spiele mit äusserlichen
Analogien zwischen den Erscheinungen der Volkswirth-
schaft und jenen der Natur geführt. Magna cum vanitate

*

aus, indem wir die Ansichten unserer Vorgänger zu
unserem geistigen Besitze machen, aber nirgends
davor zurückschrecken, dieselben zu prüfen, von Lehr-
meinungen an die Erfahrung, von Menschengedanken
an die Natur der Dinge zu appelliren.

Auf diesem Boden stehen wir. Wir waren in dem
Nachfolgenden bemüht, die complicirten Erscheinungen
der menschlichen Wirthschaft auf ihre einfachsten, der
sicheren Beobachtung noch zugänglichen Elemente zurück-
zuführen, an diese letztern das ihrer Natur entsprechende
Mass zu legen und mit Festhaltung desselben wieder zu
untersuchen, wie sich die complicirteren wirthschaft-
lichen Erscheinungen aus ihren Elementen gesetzmässig
entwickeln.

Es ist dies jene Methode der Forschung, welche, in
den Naturwissenschaften zur Geltung gelangt, zu so
grossen Resultaten führte und desshalb in missverständ-
licher Weise auch die naturwissenschaftliche genannt
wird, während sie doch allen Erfahrungswissenschaften
gemeinsam ist und richtiger die empirische genannt
werden sollte. Es ist diese Unterscheidung aber desshalb
von Wichtigkeit, weil jede Methode durch die Natur des
Wissensgebietes, auf welchem sie zur Anwendung kommt,
ihren besonderen Charakter erhält und demnach von
einer naturwissenschaftlichen Richtung in unserer Wissen-
schaft füglich nicht die Rede sein kann.

Die bisherigen Versuche, die Eigenthümlichkeiten
der naturwissenschaftlichen Methode der Forschung
kritiklos auf die Volkswirthschaftslehre zu übertragen,
haben denn auch zu den schwersten methodischen Miss-
griffen und zu einem leeren Spiele mit äusserlichen
Analogien zwischen den Erscheinungen der Volkswirth-
schaft und jenen der Natur geführt. Magna cum vanitate

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[VII/0013] aus, indem wir die Ansichten unserer Vorgänger zu unserem geistigen Besitze machen, aber nirgends davor zurückschrecken, dieselben zu prüfen, von Lehr- meinungen an die Erfahrung, von Menschengedanken an die Natur der Dinge zu appelliren. Auf diesem Boden stehen wir. Wir waren in dem Nachfolgenden bemüht, die complicirten Erscheinungen der menschlichen Wirthschaft auf ihre einfachsten, der sicheren Beobachtung noch zugänglichen Elemente zurück- zuführen, an diese letztern das ihrer Natur entsprechende Mass zu legen und mit Festhaltung desselben wieder zu untersuchen, wie sich die complicirteren wirthschaft- lichen Erscheinungen aus ihren Elementen gesetzmässig entwickeln. Es ist dies jene Methode der Forschung, welche, in den Naturwissenschaften zur Geltung gelangt, zu so grossen Resultaten führte und desshalb in missverständ- licher Weise auch die naturwissenschaftliche genannt wird, während sie doch allen Erfahrungswissenschaften gemeinsam ist und richtiger die empirische genannt werden sollte. Es ist diese Unterscheidung aber desshalb von Wichtigkeit, weil jede Methode durch die Natur des Wissensgebietes, auf welchem sie zur Anwendung kommt, ihren besonderen Charakter erhält und demnach von einer naturwissenschaftlichen Richtung in unserer Wissen- schaft füglich nicht die Rede sein kann. Die bisherigen Versuche, die Eigenthümlichkeiten der naturwissenschaftlichen Methode der Forschung kritiklos auf die Volkswirthschaftslehre zu übertragen, haben denn auch zu den schwersten methodischen Miss- griffen und zu einem leeren Spiele mit äusserlichen Analogien zwischen den Erscheinungen der Volkswirth- schaft und jenen der Natur geführt. Magna cum vanitate *

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. VII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/13>, abgerufen am 28.03.2024.