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Menger, Carl: Die Irrthümer des Historismus in der deutschen Nationalökonomie. Wien, 1884.

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gemeine Theorie; diese Vorarbeiten seien um so voll-
endeter, als die Erscheinungen nach allen wesentlichen
Merkmalen, Veränderungen, Ursachen und Folgen be-
schrieben seien. Die vollendete Beschreibung setze aber
wieder eine vollendete Classification der Erscheinungen,
eine vollendete Begriffsbildung, eine richtige Einreihung
des Einzelnen unter die beobachteten Typen, eine
völlige Uebersicht über die möglichen Ursachen voraus.
Jede vollendete Beschreibung also sei ein Beitrag zur
Feststellung des generellen Wesens der be-
treffenden Wissenschaft
."

"Des generellen Wesens der betreffenden Wissen-
schaft!" Was soll das heissen? Was ist "das generelle
Wesen einer Wissenschaft"? Meint Schmoller viel-
leicht die Erkenntniss des Generellen, (der Erscheinungs-
formen!) auf irgend einem Gebiete der Forschung?
Doch ich will ihm mit dergleichen Fragen nicht allzu
lästig werden. Indess, was will überhaupt die obige Dar-
legung mit ihrer seltsamen Terminologie?

Wenn Schmoller in den obigen Ausführungen
sagen wollte, dass historische Studien für den Theore-
tiker, und umgekehrt die Kenntniss der Theorie der
Volkswirthschaft für den Historiker von Wichtigkeit
seien und deshalb jeder Fortschritt auf dem Gebiete
der Geschichtsschreibung der Theorie, und umgekehrt

viduellen und doch descriptive Wissenschaften. Ich
habe nicht ohne triftigen Grund die alte Terminologie, welche
die obigen Disciplinen zur "historia naturalis", zu den
"historischen Wissenschaften" in ganz anderem, als dem
modernen Verstande des Wortes zählt, verlassen und die
historischen Wissenschaften im heutigen Sinne als die "Wissen-
schaften vom Individuellen" bezeichnet. Schmoller miss-
versteht mich hier, wie an zahlreichen anderen Stellen, indem
er mich zu berichtigen vermeint.

gemeine Theorie; diese Vorarbeiten seien um so voll-
endeter, als die Erscheinungen nach allen wesentlichen
Merkmalen, Veränderungen, Ursachen und Folgen be-
schrieben seien. Die vollendete Beschreibung setze aber
wieder eine vollendete Classification der Erscheinungen,
eine vollendete Begriffsbildung, eine richtige Einreihung
des Einzelnen unter die beobachteten Typen, eine
völlige Uebersicht über die möglichen Ursachen voraus.
Jede vollendete Beschreibung also sei ein Beitrag zur
Feststellung des generellen Wesens der be-
treffenden Wissenschaft
.“

„Des generellen Wesens der betreffenden Wissen-
schaft!“ Was soll das heissen? Was ist „das generelle
Wesen einer Wissenschaft“? Meint Schmoller viel-
leicht die Erkenntniss des Generellen, (der Erscheinungs-
formen!) auf irgend einem Gebiete der Forschung?
Doch ich will ihm mit dergleichen Fragen nicht allzu
lästig werden. Indess, was will überhaupt die obige Dar-
legung mit ihrer seltsamen Terminologie?

Wenn Schmoller in den obigen Ausführungen
sagen wollte, dass historische Studien für den Theore-
tiker, und umgekehrt die Kenntniss der Theorie der
Volkswirthschaft für den Historiker von Wichtigkeit
seien und deshalb jeder Fortschritt auf dem Gebiete
der Geschichtsschreibung der Theorie, und umgekehrt

viduellen und doch descriptive Wissenschaften. Ich
habe nicht ohne triftigen Grund die alte Terminologie, welche
die obigen Disciplinen zur „historia naturalis“, zu den
„historischen Wissenschaften“ in ganz anderem, als dem
modernen Verstande des Wortes zählt, verlassen und die
historischen Wissenschaften im heutigen Sinne als die „Wissen-
schaften vom Individuellen“ bezeichnet. Schmoller miss-
versteht mich hier, wie an zahlreichen anderen Stellen, indem
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[21/0037] gemeine Theorie; diese Vorarbeiten seien um so voll- endeter, als die Erscheinungen nach allen wesentlichen Merkmalen, Veränderungen, Ursachen und Folgen be- schrieben seien. Die vollendete Beschreibung setze aber wieder eine vollendete Classification der Erscheinungen, eine vollendete Begriffsbildung, eine richtige Einreihung des Einzelnen unter die beobachteten Typen, eine völlige Uebersicht über die möglichen Ursachen voraus. Jede vollendete Beschreibung also sei ein Beitrag zur Feststellung des generellen Wesens der be- treffenden Wissenschaft.“ „Des generellen Wesens der betreffenden Wissen- schaft!“ Was soll das heissen? Was ist „das generelle Wesen einer Wissenschaft“? Meint Schmoller viel- leicht die Erkenntniss des Generellen, (der Erscheinungs- formen!) auf irgend einem Gebiete der Forschung? Doch ich will ihm mit dergleichen Fragen nicht allzu lästig werden. Indess, was will überhaupt die obige Dar- legung mit ihrer seltsamen Terminologie? Wenn Schmoller in den obigen Ausführungen sagen wollte, dass historische Studien für den Theore- tiker, und umgekehrt die Kenntniss der Theorie der Volkswirthschaft für den Historiker von Wichtigkeit seien und deshalb jeder Fortschritt auf dem Gebiete der Geschichtsschreibung der Theorie, und umgekehrt ***) ***) viduellen und doch descriptive Wissenschaften. Ich habe nicht ohne triftigen Grund die alte Terminologie, welche die obigen Disciplinen zur „historia naturalis“, zu den „historischen Wissenschaften“ in ganz anderem, als dem modernen Verstande des Wortes zählt, verlassen und die historischen Wissenschaften im heutigen Sinne als die „Wissen- schaften vom Individuellen“ bezeichnet. Schmoller miss- versteht mich hier, wie an zahlreichen anderen Stellen, indem er mich zu berichtigen vermeint.

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Die Irrthümer des Historismus in der deutschen Nationalökonomie. Wien, 1884, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_historismus_1884/37>, abgerufen am 20.04.2024.