Ein jedes Werk hat ein gewisses geistiges Niveau, unter welches der Autor nur mit Widerstreben herab- steigt. In mathematischen Schriften wird nicht jede Formel aufgelöst, in juristischen Werken die Kenntniss des positiven Rechtes, in wissenschaftlichen Schriften überhaupt leicht mancherlei Fertigkeit und Wissen vorausgesetzt. Hierin liegen indess von jedem ein- sichtigen Autor peinlich genug empfundene Schranken für das Verständniss und die Verbreitung seiner Ideen. Flache, von unkundigen Kritikern gegen uns gerichtete Angriffe bieten uns nun aber die erwünschte Gelegen- heit, jene Schranken zu erweitern, und zwar in um so wirksamer Weise, je näher unser Beurtheiler in den behandelten Fragen dem hierin minder orientirten Lese- publikum steht und je rücksichtsloser derselbe gegen uns aufzutreten vermeint.
In Recensionen dieser Art werden gegen die Er- gebnisse unserer Forschung Einwände erhoben, die dem Autor wohl selbst vorgeschwebt, welche er indess, um ihrer für den Sachkundigen augenfälligen Unrichtigkeit willen, zu beantworten unterlassen hat. Werden die- selben indess von einem Kritiker, und zwar, wie dies zumeist der Fall zu sein pflegt, mit nicht geringem Nachdrucke vorgetragen, so sind wir in der Lage, uns mit ihrer Widerlegung befassen zu können, ohne doch der Achtung, welche wir den Lesern gelehrter Schriften schuldig sind, allzu nahe zu treten. Einwendungen und Angriffe der obigen Kategorie bieten uns solcher Art die Gelegenheit, unsere Ideen bis zu einem Grade der Gemeinverständlichkeit zu erheben, welcher in wissen- schaftlichen Schriften sonst nicht gebräuchlich und für das eigentlich gelehrte Publikum auch überflüssig ist, in Rücksicht auf einen Theil des Leserkreises wissen- schaftlicher Werke indess nicht jedes Nutzens entbehrt.
1*
Ein jedes Werk hat ein gewisses geistiges Niveau, unter welches der Autor nur mit Widerstreben herab- steigt. In mathematischen Schriften wird nicht jede Formel aufgelöst, in juristischen Werken die Kenntniss des positiven Rechtes, in wissenschaftlichen Schriften überhaupt leicht mancherlei Fertigkeit und Wissen vorausgesetzt. Hierin liegen indess von jedem ein- sichtigen Autor peinlich genug empfundene Schranken für das Verständniss und die Verbreitung seiner Ideen. Flache, von unkundigen Kritikern gegen uns gerichtete Angriffe bieten uns nun aber die erwünschte Gelegen- heit, jene Schranken zu erweitern, und zwar in um so wirksamer Weise, je näher unser Beurtheiler in den behandelten Fragen dem hierin minder orientirten Lese- publikum steht und je rücksichtsloser derselbe gegen uns aufzutreten vermeint.
In Recensionen dieser Art werden gegen die Er- gebnisse unserer Forschung Einwände erhoben, die dem Autor wohl selbst vorgeschwebt, welche er indess, um ihrer für den Sachkundigen augenfälligen Unrichtigkeit willen, zu beantworten unterlassen hat. Werden die- selben indess von einem Kritiker, und zwar, wie dies zumeist der Fall zu sein pflegt, mit nicht geringem Nachdrucke vorgetragen, so sind wir in der Lage, uns mit ihrer Widerlegung befassen zu können, ohne doch der Achtung, welche wir den Lesern gelehrter Schriften schuldig sind, allzu nahe zu treten. Einwendungen und Angriffe der obigen Kategorie bieten uns solcher Art die Gelegenheit, unsere Ideen bis zu einem Grade der Gemeinverständlichkeit zu erheben, welcher in wissen- schaftlichen Schriften sonst nicht gebräuchlich und für das eigentlich gelehrte Publikum auch überflüssig ist, in Rücksicht auf einen Theil des Leserkreises wissen- schaftlicher Werke indess nicht jedes Nutzens entbehrt.
1*
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0019"n="3"/><p>Ein jedes Werk hat ein gewisses geistiges Niveau,<lb/>
unter welches der Autor nur mit Widerstreben herab-<lb/>
steigt. In mathematischen Schriften wird nicht jede<lb/>
Formel aufgelöst, in juristischen Werken die Kenntniss<lb/>
des positiven Rechtes, in wissenschaftlichen Schriften<lb/>
überhaupt leicht mancherlei Fertigkeit und Wissen<lb/>
vorausgesetzt. Hierin liegen indess von jedem ein-<lb/>
sichtigen Autor peinlich genug empfundene Schranken<lb/>
für das Verständniss und die Verbreitung seiner Ideen.<lb/>
Flache, von unkundigen Kritikern gegen uns gerichtete<lb/>
Angriffe bieten uns nun aber die erwünschte Gelegen-<lb/>
heit, jene Schranken zu erweitern, und zwar in um<lb/>
so wirksamer Weise, je näher unser Beurtheiler in den<lb/>
behandelten Fragen dem hierin minder orientirten Lese-<lb/>
publikum steht und je rücksichtsloser derselbe gegen<lb/>
uns aufzutreten vermeint.</p><lb/><p>In Recensionen dieser Art werden gegen die Er-<lb/>
gebnisse unserer Forschung Einwände erhoben, die dem<lb/>
Autor wohl selbst vorgeschwebt, welche er indess, um<lb/>
ihrer für den Sachkundigen augenfälligen Unrichtigkeit<lb/>
willen, zu beantworten unterlassen hat. Werden die-<lb/>
selben indess von einem Kritiker, und zwar, wie dies<lb/>
zumeist der Fall zu sein pflegt, mit nicht geringem<lb/>
Nachdrucke vorgetragen, so sind wir in der Lage, uns<lb/>
mit ihrer Widerlegung befassen zu können, ohne doch<lb/>
der Achtung, welche wir den Lesern gelehrter Schriften<lb/>
schuldig sind, allzu nahe zu treten. Einwendungen und<lb/>
Angriffe der obigen Kategorie bieten uns solcher Art<lb/>
die Gelegenheit, unsere Ideen bis zu einem Grade der<lb/>
Gemeinverständlichkeit zu erheben, welcher in wissen-<lb/>
schaftlichen Schriften sonst nicht gebräuchlich und<lb/>
für das eigentlich gelehrte Publikum auch überflüssig ist,<lb/>
in Rücksicht auf einen Theil des Leserkreises wissen-<lb/>
schaftlicher Werke indess nicht jedes Nutzens entbehrt.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">1*</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[3/0019]
Ein jedes Werk hat ein gewisses geistiges Niveau,
unter welches der Autor nur mit Widerstreben herab-
steigt. In mathematischen Schriften wird nicht jede
Formel aufgelöst, in juristischen Werken die Kenntniss
des positiven Rechtes, in wissenschaftlichen Schriften
überhaupt leicht mancherlei Fertigkeit und Wissen
vorausgesetzt. Hierin liegen indess von jedem ein-
sichtigen Autor peinlich genug empfundene Schranken
für das Verständniss und die Verbreitung seiner Ideen.
Flache, von unkundigen Kritikern gegen uns gerichtete
Angriffe bieten uns nun aber die erwünschte Gelegen-
heit, jene Schranken zu erweitern, und zwar in um
so wirksamer Weise, je näher unser Beurtheiler in den
behandelten Fragen dem hierin minder orientirten Lese-
publikum steht und je rücksichtsloser derselbe gegen
uns aufzutreten vermeint.
In Recensionen dieser Art werden gegen die Er-
gebnisse unserer Forschung Einwände erhoben, die dem
Autor wohl selbst vorgeschwebt, welche er indess, um
ihrer für den Sachkundigen augenfälligen Unrichtigkeit
willen, zu beantworten unterlassen hat. Werden die-
selben indess von einem Kritiker, und zwar, wie dies
zumeist der Fall zu sein pflegt, mit nicht geringem
Nachdrucke vorgetragen, so sind wir in der Lage, uns
mit ihrer Widerlegung befassen zu können, ohne doch
der Achtung, welche wir den Lesern gelehrter Schriften
schuldig sind, allzu nahe zu treten. Einwendungen und
Angriffe der obigen Kategorie bieten uns solcher Art
die Gelegenheit, unsere Ideen bis zu einem Grade der
Gemeinverständlichkeit zu erheben, welcher in wissen-
schaftlichen Schriften sonst nicht gebräuchlich und
für das eigentlich gelehrte Publikum auch überflüssig ist,
in Rücksicht auf einen Theil des Leserkreises wissen-
schaftlicher Werke indess nicht jedes Nutzens entbehrt.
1*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Menger, Carl: Die Irrthümer des Historismus in der deutschen Nationalökonomie. Wien, 1884, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_historismus_1884/19>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.