Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.bunden hatten. Nicht selten dachten wir einer- Und ihr, Mitmenschen! ihr nehmet einen Mann, wie
bunden hatten. Nicht ſelten dachten wir einer- Und ihr, Mitmenſchen! ihr nehmet einen Mann, wie
<TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0084" n="87[78]"/> bunden hatten. Nicht ſelten dachten wir einer-<lb/> ley, und druͤckten uns nur verſchiedentlich aus;<lb/> aber eben ſo oft glaubten wir uͤberein zu ſtim-<lb/> men, und waren in Gedanken noch weit von<lb/> einander entfernt. Gleichwohl waren wir bey-<lb/> derſeits im Denken nicht ungeuͤbt, gewohnt,<lb/> mit abgeſonderten Begriffen umzugehen, und<lb/> beiden ſchien es um die Wahrheit in Ernſt,<lb/> mehr um ſie, als ums Rechthaben zu thun<lb/> zu ſeyn. Demohngeachtet mußten ſich unſere<lb/> Begriffe lange Zeit an einander reiben, bevor<lb/> ſie in einander ſich wollten fuͤgen laſſen; bevor<lb/> wir mit einiger Zuverlaͤſſigkeit ſagen konnten!<lb/> hierin kommen wir uͤberein! O! wer dieſe Er-<lb/> fahrung in ſeinem Leben gehabt hat, und noch<lb/> intolerant ſeyn, noch ſeinen Naͤchſten haſſen kann,<lb/> weil dieſer in Religionsſachen nicht denkt, oder<lb/> ſich nicht ſo ausdruͤckt wie er, den moͤchte ich nie<lb/> zum Freunde haben; denn er hat alle Menſch-<lb/> heit ausgezogen.</p><lb/> <p>Und ihr, Mitmenſchen! ihr nehmet einen Mann,<lb/> mit dem ihr euch vielleicht niemals uͤber der-<lb/> gleichen Dinge beſprochen habet, ihr leget ihm die<lb/> ſubtilſten Saͤtze der Metaphyſik und Religion,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">wie</fw><lb/></p> </body> </text> </TEI> [87[78]/0084]
bunden hatten. Nicht ſelten dachten wir einer-
ley, und druͤckten uns nur verſchiedentlich aus;
aber eben ſo oft glaubten wir uͤberein zu ſtim-
men, und waren in Gedanken noch weit von
einander entfernt. Gleichwohl waren wir bey-
derſeits im Denken nicht ungeuͤbt, gewohnt,
mit abgeſonderten Begriffen umzugehen, und
beiden ſchien es um die Wahrheit in Ernſt,
mehr um ſie, als ums Rechthaben zu thun
zu ſeyn. Demohngeachtet mußten ſich unſere
Begriffe lange Zeit an einander reiben, bevor
ſie in einander ſich wollten fuͤgen laſſen; bevor
wir mit einiger Zuverlaͤſſigkeit ſagen konnten!
hierin kommen wir uͤberein! O! wer dieſe Er-
fahrung in ſeinem Leben gehabt hat, und noch
intolerant ſeyn, noch ſeinen Naͤchſten haſſen kann,
weil dieſer in Religionsſachen nicht denkt, oder
ſich nicht ſo ausdruͤckt wie er, den moͤchte ich nie
zum Freunde haben; denn er hat alle Menſch-
heit ausgezogen.
Und ihr, Mitmenſchen! ihr nehmet einen Mann,
mit dem ihr euch vielleicht niemals uͤber der-
gleichen Dinge beſprochen habet, ihr leget ihm die
ſubtilſten Saͤtze der Metaphyſik und Religion,
wie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |