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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.

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denkt; man bringe Symbolen zu Stande, wi-
der welche keine von den itzt in Europa herr-
schenden Religionsparteyen etwas einzuwenden
findet. Was ist dadurch ausgerichtet? Etwa,
daß ihr alle über Religionswahrheiten eben
dasselbe denket? -- Wer von der Natur des
menschlichen Geistes nur einigen Begriff hat,
kann sich dieses nicht beykommen lassen. Also
bloß in den Worten, in der Formel läge die
Uebereinstimmung. Dazu wollen die Glaubens-
vereiniger sich zusammenthun; sie wollen hier
und da von den Begriffen etwas abzwacken,
hier und da die Maschen der Worte so lange
erweitern, sie so unbestimmt und weitschichtig
machen, daß sich die Begriffe, ihrer innern Ver-
schiedenheit ungeachtet, noch zur Noth hinein-
zwängen lassen. Ein jeder verbände alsdann im
Grunde mit denselben Worten eine andere ihm
eigene Meynung, und ihr rühmet euch, den
Glauben der Menschen vereiniget, die Heerde
unter ihren einigen Hirten gebracht zu haben?
O wenn diese allgemeine Gleißnerey überall
einen Endzweck haben soll; so fürchte ich, man
will den freygewordnen Geist der Menschen nur

vorerst

denkt; man bringe Symbolen zu Stande, wi-
der welche keine von den itzt in Europa herr-
ſchenden Religionsparteyen etwas einzuwenden
findet. Was iſt dadurch ausgerichtet? Etwa,
daß ihr alle uͤber Religionswahrheiten eben
daſſelbe denket? — Wer von der Natur des
menſchlichen Geiſtes nur einigen Begriff hat,
kann ſich dieſes nicht beykommen laſſen. Alſo
bloß in den Worten, in der Formel laͤge die
Uebereinſtimmung. Dazu wollen die Glaubens-
vereiniger ſich zuſammenthun; ſie wollen hier
und da von den Begriffen etwas abzwacken,
hier und da die Maſchen der Worte ſo lange
erweitern, ſie ſo unbeſtimmt und weitſchichtig
machen, daß ſich die Begriffe, ihrer innern Ver-
ſchiedenheit ungeachtet, noch zur Noth hinein-
zwaͤngen laſſen. Ein jeder verbaͤnde alsdann im
Grunde mit denſelben Worten eine andere ihm
eigene Meynung, und ihr ruͤhmet euch, den
Glauben der Menſchen vereiniget, die Heerde
unter ihren einigen Hirten gebracht zu haben?
O wenn dieſe allgemeine Gleißnerey uͤberall
einen Endzweck haben ſoll; ſo fuͤrchte ich, man
will den freygewordnen Geiſt der Menſchen nur

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[137/0239] denkt; man bringe Symbolen zu Stande, wi- der welche keine von den itzt in Europa herr- ſchenden Religionsparteyen etwas einzuwenden findet. Was iſt dadurch ausgerichtet? Etwa, daß ihr alle uͤber Religionswahrheiten eben daſſelbe denket? — Wer von der Natur des menſchlichen Geiſtes nur einigen Begriff hat, kann ſich dieſes nicht beykommen laſſen. Alſo bloß in den Worten, in der Formel laͤge die Uebereinſtimmung. Dazu wollen die Glaubens- vereiniger ſich zuſammenthun; ſie wollen hier und da von den Begriffen etwas abzwacken, hier und da die Maſchen der Worte ſo lange erweitern, ſie ſo unbeſtimmt und weitſchichtig machen, daß ſich die Begriffe, ihrer innern Ver- ſchiedenheit ungeachtet, noch zur Noth hinein- zwaͤngen laſſen. Ein jeder verbaͤnde alsdann im Grunde mit denſelben Worten eine andere ihm eigene Meynung, und ihr ruͤhmet euch, den Glauben der Menſchen vereiniget, die Heerde unter ihren einigen Hirten gebracht zu haben? O wenn dieſe allgemeine Gleißnerey uͤberall einen Endzweck haben ſoll; ſo fuͤrchte ich, man will den freygewordnen Geiſt der Menſchen nur vorerſt

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Zitationshilfe: Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/239>, abgerufen am 25.11.2024.