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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.

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ten der Handlungen und Lebensregeln, die
öffentliche und Privatglückseligkeit zum End-
zwecke. Sie sind aber auch gröstentheils als
eine Schriftart zu betrachten, und haben als
Zeremonialgesetze, Sinn und Bedeutung.
Sie leiten den forschenden Verstand auf göttli-
che Wahrheiten; theils auf ewige, theils auf
Geschichtswahrheiten, auf die sich die Religion
dieses Volks gründete. Das Zeremonialgesetz
war das Band, welches Handlung mit Betrach-
tung, Leben mit Lehre verbinden sollte. Das
Zeremonialgesetz sollte zwischen Schule und Leh-
rer, Forscher und Unterweiser, persönlichen Um-
gang, gesellige Verbindung veranlassen, zu
Wetteifer und Nachfolge reizen und ermuntern;
und diese Bestimmung hat es in den ersten Zei-
ten wirklich erfüllt, bevor die Verfassung aus-
artete, und die Thorheit der Menschen sich aber-
mals ins Spiel mischte, durch Mißverstand und
Mißleitung, das Gute in Böses, das Nützliche
in Schädliches zu verwandeln.

Staat und Religion war in dieser ursprüng-
lichen Verfassung nicht vereiniget, sondern eins;
nicht verbunden, sondern eben dasselbe. Ver-

hältniß

ten der Handlungen und Lebensregeln, die
oͤffentliche und Privatgluͤckſeligkeit zum End-
zwecke. Sie ſind aber auch groͤſtentheils als
eine Schriftart zu betrachten, und haben als
Zeremonialgeſetze, Sinn und Bedeutung.
Sie leiten den forſchenden Verſtand auf goͤttli-
che Wahrheiten; theils auf ewige, theils auf
Geſchichtswahrheiten, auf die ſich die Religion
dieſes Volks gruͤndete. Das Zeremonialgeſetz
war das Band, welches Handlung mit Betrach-
tung, Leben mit Lehre verbinden ſollte. Das
Zeremonialgeſetz ſollte zwiſchen Schule und Leh-
rer, Forſcher und Unterweiſer, perſoͤnlichen Um-
gang, geſellige Verbindung veranlaſſen, zu
Wetteifer und Nachfolge reizen und ermuntern;
und dieſe Beſtimmung hat es in den erſten Zei-
ten wirklich erfuͤllt, bevor die Verfaſſung aus-
artete, und die Thorheit der Menſchen ſich aber-
mals ins Spiel miſchte, durch Mißverſtand und
Mißleitung, das Gute in Boͤſes, das Nuͤtzliche
in Schaͤdliches zu verwandeln.

Staat und Religion war in dieſer urſpruͤng-
lichen Verfaſſung nicht vereiniget, ſondern eins;
nicht verbunden, ſondern eben daſſelbe. Ver-

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[116/0218] ten der Handlungen und Lebensregeln, die oͤffentliche und Privatgluͤckſeligkeit zum End- zwecke. Sie ſind aber auch groͤſtentheils als eine Schriftart zu betrachten, und haben als Zeremonialgeſetze, Sinn und Bedeutung. Sie leiten den forſchenden Verſtand auf goͤttli- che Wahrheiten; theils auf ewige, theils auf Geſchichtswahrheiten, auf die ſich die Religion dieſes Volks gruͤndete. Das Zeremonialgeſetz war das Band, welches Handlung mit Betrach- tung, Leben mit Lehre verbinden ſollte. Das Zeremonialgeſetz ſollte zwiſchen Schule und Leh- rer, Forſcher und Unterweiſer, perſoͤnlichen Um- gang, geſellige Verbindung veranlaſſen, zu Wetteifer und Nachfolge reizen und ermuntern; und dieſe Beſtimmung hat es in den erſten Zei- ten wirklich erfuͤllt, bevor die Verfaſſung aus- artete, und die Thorheit der Menſchen ſich aber- mals ins Spiel miſchte, durch Mißverſtand und Mißleitung, das Gute in Boͤſes, das Nuͤtzliche in Schaͤdliches zu verwandeln. Staat und Religion war in dieſer urſpruͤng- lichen Verfaſſung nicht vereiniget, ſondern eins; nicht verbunden, ſondern eben daſſelbe. Ver- haͤltniß

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Zitationshilfe: Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/218>, abgerufen am 24.11.2024.