sich ausdrückt, nicht mich aufzufordern, mich zu "der Religion zu bekennen, die er bekennt, oder "sie zu widerlegen, wofern ich ihr nicht beyzutre- "ten im Stande bin; sondern mich im Namen "aller, denen Wahrheit am Herzen liegt, zu bit- "ten, mich in Ansehung dessen, was immer dem "Menschen das Wichtigste seyn muß, deutlich und "bestimmt zu erklären." Er hat zwar, wie er versichert, die Absicht nicht, mich zu bekehren, möchte auch nicht gern Veranlassung zu Einwür- fen gegen die Religion seyn, von der er Zufrie- denheit in diesem Leben, und unbegränztes Glück nach derselben erwartet; aber er möchte doch gern. -- Was weis ich, was der liebe Mann al- les nicht möchte, und indessen doch möchte -- Vorerst also zur Beruhigung dieses gutherzigen Briefschreibers: ich habe die christliche Religion niemals öffentlich bestritten, und werde mich auch mit wahren Anhängern derselben niemalen in Streit einlassen. Und damit man mir nicht aber- mals Schuld gebe, ich wolle durch dergleichen Erklärung gleichsam zu verstehen geben, ich hät- te gar wohl siegreiche Waffen in Händen, diesen Glauben, wenn ich wollte, zu bestreiten; die Ju-
den
ſich ausdruͤckt, nicht mich aufzufordern, mich zu „der Religion zu bekennen, die er bekennt, oder „ſie zu widerlegen, wofern ich ihr nicht beyzutre- „ten im Stande bin; ſondern mich im Namen „aller, denen Wahrheit am Herzen liegt, zu bit- „ten, mich in Anſehung deſſen, was immer dem „Menſchen das Wichtigſte ſeyn muß, deutlich und „beſtimmt zu erklaͤren.“ Er hat zwar, wie er verſichert, die Abſicht nicht, mich zu bekehren, moͤchte auch nicht gern Veranlaſſung zu Einwuͤr- fen gegen die Religion ſeyn, von der er Zufrie- denheit in dieſem Leben, und unbegraͤnztes Gluͤck nach derſelben erwartet; aber er moͤchte doch gern. — Was weis ich, was der liebe Mann al- les nicht moͤchte, und indeſſen doch moͤchte — Vorerſt alſo zur Beruhigung dieſes gutherzigen Briefſchreibers: ich habe die chriſtliche Religion niemals oͤffentlich beſtritten, und werde mich auch mit wahren Anhaͤngern derſelben niemalen in Streit einlaſſen. Und damit man mir nicht aber- mals Schuld gebe, ich wolle durch dergleichen Erklaͤrung gleichſam zu verſtehen geben, ich haͤt- te gar wohl ſiegreiche Waffen in Haͤnden, dieſen Glauben, wenn ich wollte, zu beſtreiten; die Ju-
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ſich ausdruͤckt, nicht mich aufzufordern, mich zu
„der Religion zu bekennen, die er bekennt, oder
„ſie zu widerlegen, wofern ich ihr nicht beyzutre-
„ten im Stande bin; ſondern mich im Namen
„aller, denen Wahrheit am Herzen liegt, zu bit-
„ten, mich in Anſehung deſſen, was immer dem
„Menſchen das Wichtigſte ſeyn muß, deutlich und
„beſtimmt zu erklaͤren.“ Er hat zwar, wie er
verſichert, die Abſicht nicht, mich zu bekehren,
moͤchte auch nicht gern Veranlaſſung zu Einwuͤr-
fen gegen die Religion ſeyn, von der er Zufrie-
denheit in dieſem Leben, und unbegraͤnztes Gluͤck
nach derſelben erwartet; aber er moͤchte doch
gern. — Was weis ich, was der liebe Mann al-
les nicht moͤchte, und indeſſen doch moͤchte —
Vorerſt alſo zur Beruhigung dieſes gutherzigen
Briefſchreibers: ich habe die chriſtliche Religion
niemals oͤffentlich beſtritten, und werde mich auch
mit wahren Anhaͤngern derſelben niemalen in
Streit einlaſſen. Und damit man mir nicht aber-
mals Schuld gebe, ich wolle durch dergleichen
Erklaͤrung gleichſam zu verſtehen geben, ich haͤt-
te gar wohl ſiegreiche Waffen in Haͤnden, dieſen
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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/130>, abgerufen am 26.07.2024.
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