nicht den Juden zum Kampfe auffordern, sott- dern mit ihm gemeinschaftlich den Ungrund des Widerspruchs zu entdecken suchen. Es gehet ih- rer beiden Sache an. Was sie unter sich aus- zumachen haben, mag auf eine andere Zeit aus- gesetzt bleiben. Voritzt müssen sie mit vereinig- ten Kräften die Gefahr abwenden, und entwe- der den Fehlschluß der Vernunft entdecken, oder zeigen, daß es blos ein Scheinwiderspruch sey, der sie erschreckt hat.
So könnte ich nun der Schlinge ausweichen, ohne mich mit dem Forscher in weitere Untersu- chung einzulassen. Allein was würde mir der Winkelzug helfen? Sein Gefährte, Herr Mör- schel, hat, ohne mich persönlich zu kennen, mir allzutief ins Spiel gesehen. "Er hat" wie er versichert, "in der gerügten Vorrede blos Merk- "male entdeckt, um welcher willen er mich eben "so weit entfernt von der Religion, in welcher "ich geboren worden, als von der, die er von sei- "nen Vätern empfing, halten zu können glaubt." Zum Beweise seiner Vermuthung führt er aus derselben, ausser der Hinweisung auf S. IV. Z. 21. (wo ich Heiden, Juden, Mahometaner und An-
hänger
nicht den Juden zum Kampfe auffordern, ſott- dern mit ihm gemeinſchaftlich den Ungrund des Widerſpruchs zu entdecken ſuchen. Es gehet ih- rer beiden Sache an. Was ſie unter ſich aus- zumachen haben, mag auf eine andere Zeit aus- geſetzt bleiben. Voritzt muͤſſen ſie mit vereinig- ten Kraͤften die Gefahr abwenden, und entwe- der den Fehlſchluß der Vernunft entdecken, oder zeigen, daß es blos ein Scheinwiderſpruch ſey, der ſie erſchreckt hat.
So koͤnnte ich nun der Schlinge ausweichen, ohne mich mit dem Forſcher in weitere Unterſu- chung einzulaſſen. Allein was wuͤrde mir der Winkelzug helfen? Sein Gefaͤhrte, Herr Moͤr- ſchel, hat, ohne mich perſoͤnlich zu kennen, mir allzutief ins Spiel geſehen. „Er hat“ wie er verſichert, „in der geruͤgten Vorrede blos Merk- „male entdeckt, um welcher willen er mich eben „ſo weit entfernt von der Religion, in welcher „ich geboren worden, als von der, die er von ſei- „nen Vaͤtern empfing, halten zu koͤnnen glaubt.“ Zum Beweiſe ſeiner Vermuthung fuͤhrt er aus derſelben, auſſer der Hinweiſung auf S. IV. Z. 21. (wo ich Heiden, Juden, Mahometaner und An-
haͤnger
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nicht den Juden zum Kampfe auffordern, ſott-
dern mit ihm gemeinſchaftlich den Ungrund des
Widerſpruchs zu entdecken ſuchen. Es gehet ih-
rer beiden Sache an. Was ſie unter ſich aus-
zumachen haben, mag auf eine andere Zeit aus-
geſetzt bleiben. Voritzt muͤſſen ſie mit vereinig-
ten Kraͤften die Gefahr abwenden, und entwe-
der den Fehlſchluß der Vernunft entdecken, oder
zeigen, daß es blos ein Scheinwiderſpruch ſey,
der ſie erſchreckt hat.
So koͤnnte ich nun der Schlinge ausweichen,
ohne mich mit dem Forſcher in weitere Unterſu-
chung einzulaſſen. Allein was wuͤrde mir der
Winkelzug helfen? Sein Gefaͤhrte, Herr Moͤr-
ſchel, hat, ohne mich perſoͤnlich zu kennen, mir
allzutief ins Spiel geſehen. „Er hat“ wie er
verſichert, „in der geruͤgten Vorrede blos Merk-
„male entdeckt, um welcher willen er mich eben
„ſo weit entfernt von der Religion, in welcher
„ich geboren worden, als von der, die er von ſei-
„nen Vaͤtern empfing, halten zu koͤnnen glaubt.“
Zum Beweiſe ſeiner Vermuthung fuͤhrt er aus
derſelben, auſſer der Hinweiſung auf S. IV. Z. 21.
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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/128>, abgerufen am 26.07.2024.
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