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Mendel, Gregor: Versuche über Pflanzen-Hybriden. In: Verhandlungen des Naturforschenden Vereines in Brünn 4 (1866), S. 3-47.

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Befruchtungs-Organe herbeigeführt wird. So wurde eine mangelhafte
Entwicklung des Schiffchens beobachtet, wobei Griffel und Antheren zum
Theile unbedeckt blieben. Auch geschieht es bisweilen, dass der Pollen
nicht zur vollen Ausbildung gelangt. In diesem Falle findet während
des Blühens eine allmälige Verlängerung des Griffels statt, bis die
Narbe an der Spitze des Schiffchens hervortritt. Diese merkwürdige
Erscheinung wurde auch an Hybriden von Phaseolus und Lathyrus
beobachtet.

Die Gefahr einer Fälschung durch fremden Pollen ist jedoch bei
Pisum eine sehr geringe und vermag keineswegs das Resultat im gros-
sen Ganzen zu stören. Unter mehr als 10,000 Pflanzen, welche genauer
untersucht wurden, kam der Fall nur einige wenige Male vor, dass eine
Einmengung nicht zu bezweifeln war. Da im Gewächshause niemals
eine solche Störung beobachtet wurde, liegt wohl die Vermuthung nahe,
dass Bruchus pisi und vielleicht auch die angeführten Abnormitäten im
Blüthenbau die Schuld daran tragen.



Die Gestalt der Hybriden.

Schon die Versuche, welche in früheren Jahren an Zierpflanzen
vorgenommen wurden, lieferten den Beweis, dass die Hybriden in der
Regel nicht die genaue Mittelform zwischen den Stammarten darstellen.
Bei einzelnen mehr in die Augen springenden Merkmalen, wie bei sol-
chen, die sich auf die Gestalt und Grösse der Blätter, auf die Behaa-
rung der einzelnen Theile u. s. w. beziehen, wird in der That die Mit-
telbildung fast immer ersichtlich; in anderen Fällen hingegen besitzt
das eine der beiden Stamm-Merkmale ein so grosses Uebergewicht, dass
es schwierig oder ganz unmöglich ist, das andere an der Hybride auf-
zufinden.

Eben so verhält es sich mit den Hybriden bei Pisum. Jedes von
den 7 Hybriden-Merkmalen gleicht dem einen der beiden Stamm-Merk-
male entweder so vollkommen, dass das andere der Beobachtung ent-
schwindet, oder ist demselben so ähnlich, dass eine sichere Unterschei-
dung nicht stattfinden kann. Dieser Umstand ist von grosser Wichtig-
keit für die Bestimmung und Einreihung der Formen, unter welchen die
Nachkommen der Hybriden erscheinen. In der weiteren Besprechung

Befruchtungs-Organe herbeigeführt wird. So wurde eine mangelhafte
Entwicklung des Schiffchens beobachtet, wobei Griffel und Antheren zum
Theile unbedeckt blieben. Auch geschieht es bisweilen, dass der Pollen
nicht zur vollen Ausbildung gelangt. In diesem Falle findet während
des Blühens eine allmälige Verlängerung des Griffels statt, bis die
Narbe an der Spitze des Schiffchens hervortritt. Diese merkwürdige
Erscheinung wurde auch an Hybriden von Phaseolus und Lathyrus
beobachtet.

Die Gefahr einer Fälschung durch fremden Pollen ist jedoch bei
Pisum eine sehr geringe und vermag keineswegs das Resultat im gros-
sen Ganzen zu stören. Unter mehr als 10,000 Pflanzen, welche genauer
untersucht wurden, kam der Fall nur einige wenige Male vor, dass eine
Einmengung nicht zu bezweifeln war. Da im Gewächshause niemals
eine solche Störung beobachtet wurde, liegt wohl die Vermuthung nahe,
dass Bruchus pisi und vielleicht auch die angeführten Abnormitäten im
Blüthenbau die Schuld daran tragen.



Die Gestalt der Hybriden.

Schon die Versuche, welche in früheren Jahren an Zierpflanzen
vorgenommen wurden, lieferten den Beweis, dass die Hybriden in der
Regel nicht die genaue Mittelform zwischen den Stammarten darstellen.
Bei einzelnen mehr in die Augen springenden Merkmalen, wie bei sol-
chen, die sich auf die Gestalt und Grösse der Blätter, auf die Behaa-
rung der einzelnen Theile u. s. w. beziehen, wird in der That die Mit-
telbildung fast immer ersichtlich; in anderen Fällen hingegen besitzt
das eine der beiden Stamm-Merkmale ein so grosses Uebergewicht, dass
es schwierig oder ganz unmöglich ist, das andere an der Hybride auf-
zufinden.

Eben so verhält es sich mit den Hybriden bei Pisum. Jedes von
den 7 Hybriden-Merkmalen gleicht dem einen der beiden Stamm-Merk-
male entweder so vollkommen, dass das andere der Beobachtung ent-
schwindet, oder ist demselben so ähnlich, dass eine sichere Unterschei-
dung nicht stattfinden kann. Dieser Umstand ist von grosser Wichtig-
keit für die Bestimmung und Einreihung der Formen, unter welchen die
Nachkommen der Hybriden erscheinen. In der weiteren Besprechung

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[10/0021] Befruchtungs-Organe herbeigeführt wird. So wurde eine mangelhafte Entwicklung des Schiffchens beobachtet, wobei Griffel und Antheren zum Theile unbedeckt blieben. Auch geschieht es bisweilen, dass der Pollen nicht zur vollen Ausbildung gelangt. In diesem Falle findet während des Blühens eine allmälige Verlängerung des Griffels statt, bis die Narbe an der Spitze des Schiffchens hervortritt. Diese merkwürdige Erscheinung wurde auch an Hybriden von Phaseolus und Lathyrus beobachtet. Die Gefahr einer Fälschung durch fremden Pollen ist jedoch bei Pisum eine sehr geringe und vermag keineswegs das Resultat im gros- sen Ganzen zu stören. Unter mehr als 10,000 Pflanzen, welche genauer untersucht wurden, kam der Fall nur einige wenige Male vor, dass eine Einmengung nicht zu bezweifeln war. Da im Gewächshause niemals eine solche Störung beobachtet wurde, liegt wohl die Vermuthung nahe, dass Bruchus pisi und vielleicht auch die angeführten Abnormitäten im Blüthenbau die Schuld daran tragen. Die Gestalt der Hybriden. Schon die Versuche, welche in früheren Jahren an Zierpflanzen vorgenommen wurden, lieferten den Beweis, dass die Hybriden in der Regel nicht die genaue Mittelform zwischen den Stammarten darstellen. Bei einzelnen mehr in die Augen springenden Merkmalen, wie bei sol- chen, die sich auf die Gestalt und Grösse der Blätter, auf die Behaa- rung der einzelnen Theile u. s. w. beziehen, wird in der That die Mit- telbildung fast immer ersichtlich; in anderen Fällen hingegen besitzt das eine der beiden Stamm-Merkmale ein so grosses Uebergewicht, dass es schwierig oder ganz unmöglich ist, das andere an der Hybride auf- zufinden. Eben so verhält es sich mit den Hybriden bei Pisum. Jedes von den 7 Hybriden-Merkmalen gleicht dem einen der beiden Stamm-Merk- male entweder so vollkommen, dass das andere der Beobachtung ent- schwindet, oder ist demselben so ähnlich, dass eine sichere Unterschei- dung nicht stattfinden kann. Dieser Umstand ist von grosser Wichtig- keit für die Bestimmung und Einreihung der Formen, unter welchen die Nachkommen der Hybriden erscheinen. In der weiteren Besprechung

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Zitationshilfe: Mendel, Gregor: Versuche über Pflanzen-Hybriden. In: Verhandlungen des Naturforschenden Vereines in Brünn 4 (1866), S. 3-47, hier S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendel_pflanzenhybriden_1866/21>, abgerufen am 28.11.2024.